Beruf Medienfachwirtin: Joana Schilling

Medienfachwirtin Joana Schilling
Foto: Christian von Polentz

Glückliche Synthese

Eigentlich wollte sie ja Lehrerin werden – Sportlehrerin. Um die Wartezeit auf den Studienplatz sinnvoll zu nutzen, mach­te Joana Schilling nach dem Abi aber erst mal ein Praktikum bei einer Werbeagentur. Eine Entscheidung, die den weiteren Lebensweg der Berlinerin prägte: Sie fand Gefallen an der Mediengestaltung und bewarb sich um einen Ausbildungsplatz in diesem Metier. Als sie die Zusage vom Tagesspiegel erhielt, waren die Würfel gefallen – bis heute ist Joana Schilling dort beschäftigt.

„Ich habe Glück gehabt und wurde 2006 nach der Ausbildung übernommen. Das war und ist nicht selbstverständlich“, sagt sie. Fünf Jahre lang arbeitete sie in der Bildbear­beitung, schmiedete währenddessen weitere Karrierepläne. „Mir schwebte schon immer vor, in der Personalführung tätig zu sein“, sagt Joana. „Und meine Teilzeitstelle ermöglichte mir ein berufsbegleitendes Abendstudium zur Medienfachwirtin.“ Einen Abend pro Woche und ­jeden zweiten Samstag saß sie beim BBW (Berufsbildungswerk der Wirtschaft) im Klassenzimmer, eignete sich kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Kenntnisse an, büffelte Personal- und Rechnungs­wesen. An den anderen Wochenenden ­arbeitete sie beim Tagesspiegel in der Produktion. „Das war ganz schön anstrengend, ein richtiges Wochenende kannte ich gar nicht. Zum Glück hat der Arbeitgeber mich sehr unterstützt, etwa wenn ich in der Woche früher gehen musste.“

Und noch einmal bemüht Joana das Glück: „Als ich mit dem Studium fertig war, ist ein Kollege in Rente gegangen, der zuvor auch bei mir Ausbilder war. Ich konnte seine Nachfolge antreten.“ So wurde sie 2011 Abteilungsleiterin vom Anzeigensatz. Und da sie im Zuge des Studiums nebenbei die Eignungsprüfung ­zur Ausbilderin gemacht hatte, konnte sie das gleich bei den neuen Azubis in der Mediengestaltung praktizieren. „Der Umgang mit den jungen Leuten macht mir einfach Spaß.“ Da lag es nahe, auch ehrenamtliche Prüferin bei der IHK zu werden. Last, but not least arbeitet sie beim Zentral-Fachausschuss Berufsbildung Druck und Medien (ZFA) an der Entwicklung der Prüfungen mit. „Ich decke jetzt das Gesamtpaket der Ausbildungen ab und kann meinen ursprünglichen Berufswunsch einer Lehrerin doch leben“, erzählt Joana lachend.

Die 34-Jährige ist jetzt für 17 Mitarbeiter_innen zuständig: Sieben Beschäftigte hat die Abteilung „Anzeigensatz“, im Juli dieses Jahres übernahm sie mit der „Bildbearbeitung“ und dem „Layout“ zwei weitere Abteilungen mit zusammen zehn Leuten. Ein bisschen irritierend sei es gewesen, als relativ junge Kollegin auf einmal Chefin von Beschäftigten zu sein, bei denen sie selbst gelernt hatte. „Aber ein wirkliches Problem ist es nicht.“

Das Berufsbild „Mediengestaltung“ hat sich sehr verändert. Im Print-Bereich geht das Anzeigengeschäft immer mehr zurück, der Onlinebereich wird noch präsenter. „Die entsprechende Umstrukturierung hier im Hause ist noch nicht komplett abgeschlossen, erst seit diesem Jahr gibt es einen Geschäftsführer speziell für den Onlinebereich.“ Momentan sei alles im Umbruch, die Abläufe verändern sich.

Joana glaubt, dass der Beruf Bestand haben wird: „Print wird bleiben, es wird weiter Bücher, Zeitungen und Zeitschriften geben. Viele Menschen bevorzugen die Papierform oder benutzen sie gleichberechtigt neben digitalen Produkten.“ An der Berufsschule sehe sie, dass auch Schüler durchaus noch gern zu Printprodukten greifen. Wichtig sei es, Print und Online gut miteinander zu vernetzen, dann habe die Branche eine Zukunft. Die große Herausforderung bestehe darin, die im Internet vorherrschende Umsonst-Kultur aufzubrechen. „Den Leuten muss klarwerden, dass Qualität ihren Preis hat. Und ansprechende Gestaltung gehört dazu.“

An ihrem Beruf und ihrer Position liebt Joana die Abwechslung: „Zum einen schätze ich das Künstlerische am Beruf der Mediengestalterin. Ich designe gern Anzeigen und andere Sachen.“ Und auch wenn dieser Teilbereich ein wenig in den Hintergrund getreten sei, habe sie als Abteilungsleiterin für den Anzeigensatz für die Magazine und Zeitungen noch damit zu tun. „Teilweise bin ich noch kreativ tätig.“ Ebenso viel Spaß mache es ihr aber, Personalgespräche zu führen oder Prüfungen abzunehmen. Es sei das Gesamtpaket, was es nicht langweilig mache. Und weil ihr das Glück der Tüchtigen hold ist, wird das auch so bleiben.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »

In den eigenen Räumen etwas bewegen

Stine Eckert forscht zu Geschlechterkonstruktionen in den Medien am Institut für Kommunikationswissenschaft an der Wayne State University in Detroit. Ihr Buch „We can do better“ versammelt  „feministische Manifeste für Medien und Kommunikation“. Mit Ulrike Wagener sprach sie für M über die Verbindung zwischen Universitäten und Aktivismus und die Frage, wo Medien und Medienschaffende etwas verändern können.
mehr »

Smart-Genossenschaft für Selbstständige

Smart klingt nicht nur schlau, sondern ist es auch. Die solidarökonomische Genossenschaft mit Sitz in Berlin hat seit ihrer Gründung im Jahr 2015 vielen selbstständig Tätigen eine bessere und stärkere soziale Absicherung verschafft – genau der Bereich, der bei aller Flexibilität und Selbstbestimmtheit, die das selbstständige Arbeiten mit sich bringt, viel zu oft hinten runterfällt.
mehr »

Medienkompetenz: Von Finnland lernen

Finnland ist besonders gut darin, seine Bevölkerung gegen Desinformation und Fake News zu wappnen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Schulen, aber die Strategie des Landes geht weit über den Unterricht hinaus. Denn Medienbildung ist in Finnland eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auf vielen Ebenen in den Alltag integriert ist und alle Altersgruppen anspricht. Politiker*innen in Deutschland fordern, sich daran ein Beispiel zu nehmen. Kann das gelingen?
mehr »