Jemen: Kein faires Verfahren in Sicht

Die Sorge um den jemenitischen Journalisten Ahmad Maher ist groß: Erst wurde er im nach Unabhängigkeit strebenden Süden des Landes willkürlich festgenommen, dann wurde er gefoltert und misshandelt, bis er unter Zwang ein falsches Geständnis ablegte. Jetzt droht ihm ein unfaires Gerichtsverfahren. Dabei hat er keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Auch medizinische Versorgung wird ihm verwehrt.

Der 28-jährige Journalist wird von den De-facto-Behörden des jemenitischen Südübergangsrats (Southern Transitional Council) im Bir-Ahmad-Gefängnis in Aden festgehalten. Ahmad Maher muss sich seit Dezember 2022 wegen mutmaßlicher Verbreitung falscher und irreführender Nachrichten sowie Urkundenfälschung vor dem Sonderstrafgericht in Aden verantworten. Er war dort im August 2022 festgenommen und bei Verhören auf dem Polizeirevier von Dar Sa‘ad von Sicherheitskräften gefoltert und misshandelt worden. So wollte man ihn dazu bringen, zu „gestehen“, an einem Überfall auf die Polizeiwache im März 2022 beteiligt gewesen zu ein. Seit seiner Festnahme ist Maher mehrmals in den Hungerstreik getreten, zuletzt für mehrere Tage Mitte Januar 2024. So will er erreichen, dass er zumindest ein faires Gerichtsverfahren bekommt.

Brutale Verhaftung des Journalisten

Laut Angaben seiner Familie verschafften sich Sicherheitskräfte am 6. August 2022 ohne Durchsuchungsbeschluss Zutritt zum Haus von Ahmad Maher im Stadtteil Dar Sa‘ad, schlugen ihn mit Gewehrkolben und griffen anwesende Familienmitglieder an. Nach seiner Festnahme wurde der Journalist über einen Monat lang auf der Polizeiwache von Dar Sa‘ad festgehalten. Familienangehörige berichten, dass Ahmad Maher täglich gefoltert wurde, unter anderem durch Schläge, Waterboarding, Elektroschocks und Scheinhinrichtungen. Die Sicherheitskräfte drohten damit, seiner Familie, einschließlich seiner Frau und seiner Tochter, etwas anzutun. Bisher hat Ahmad Maher keinen Zugang zu medizinischer Versorgung erhalten, auch nicht für die Verletzungen, die er infolge der Folter erlitt.

Die Staatsanwaltschaft hat keine Beweise für die Beteiligung von Maher am Angriff auf die Polizeistation vorgelegt. Bei einer Anhörung vor dem Sonderstrafgericht am 6. März 2023 sagte der Journalist aus, gefoltert worden zu sein und sein „Geständnis“ unter Zwang abgegeben zu haben. Das Gericht ordnete jedoch keine Untersuchung der Foltervorwürfe an. Eine weitere Anhörung, die Ende Januar 2024 stattfinden sollte, wurde auf April verschoben.

Alle Konfliktparteien begehen im Jemen schwere Menschenrechtsverstöße wie willkürliche Inhaftierung, „Verschwindenlassen“, Folter und andere Misshandlungen. Im November 2023 berichtete die UN-Expert*innengruppe zum Jemen, dass Journalist*innen und andere, die öffentlich den Südübergangsrat kritisieren, inhaftiert oder bedroht würden. Der sogenannte Südübergangsrat strebt die Unabhängigkeit des Südjemen in den Grenzen von vor 1990 an, als es einen eigenständigen Staat dieses Namens gab.


Was können Sie tun?

Schreiben Sie an den Präsidenten des jemenitischen Südübergangsrats und fordern Sie die Freilassung des Journalisten Ahmad Maher, sofern dieser nicht einer erkennbaren Straftat beschuldigt wird. Verlangen Sie außerdem eine Untersuchung der Foltervorwürde sowie eine angemessene medizinische Versorgung sowie Zugang für Maher zu seiner Familie und einem Rechtsbeistand.

Schreiben Sie auf Arabisch, Englisch oder Deutsch an:

Major General Aidaros Alzubidi, Präsident des Südübergangsrats, X: @AidrosAlzubidi

Senden Sie eine Kopie an:

BOTSCHAFT DER REPUBLIK JEMEN

Schmidt-Ott-Straße 7, 12165 Berlin, Fax: 030 – 89 73 05 62, E-Mail: info@botschaft-jemen.de

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Gemeinsame Standards für Medienfreiheit

In Brüssel wird der European Media Freedom Act (EMFA) bereits als "Beginn einer neuen Ära" zelebriert. Ziel der Verordnung ist es, die Unabhängigkeit und Vielfalt journalistischer Medien in der EU in vielfacher Hinsicht zu stärken. Doch wie er von den Mitgliedsstaaten  - vor allem dort, wo etwa die Pressefreiheit gefährdet ist wie Ungarn und der Slowakei - umgesetzt wird, zeigt sich erst im kommenden Sommer.
mehr »

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

Eine Stimme für afghanische Mädchen

Die iranische Filmemacherin Sarvnaz Alambeigi begleitet in ihrem Dokumentarfilm „Maydegol“ über viele Jahre eine junge Muay-Thai-Boxerin aus Afghanistan, die im Iran unter schwierigen Umständen für ein selbstbestimmtes Leben kämpft. Im Interview erzählt Alambeigi, welche Rolle das Kopftuch für den Film spielt, was sie von der jungen Generation gelernt hat und warum der Film endet, bevor Maydegol endlich gelingt, was sie sich wünscht.
mehr »

Klimaprotest erreicht Abendprogramm

Am 20. August 2018, setzte sich die damals 15jährige Greta Thunberg mit dem Schild “Skolstrejk för Klimatet“ vor das Parlament in Stockholm. Das war die Geburtsstunde von Fridays for Future (FFF) – einer Bewegung, die nach ersten Medienberichten international schnell anwuchs. Drei Jahre zuvor hatte sich die Staatengemeinschaft auf der Pariser Klimakonferenz (COP 21) völkerrechtlich verbindlich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
mehr »