Mit insgesamt 49 Lang- und 18 Kurzfilmen, davon sechs Uraufführungen und 13 Deutschlandpremieren, zeigte das 33. Internationales Filmfest Emden-Norderney Mitte Juni ein umfangreiches und anspruchsvolles Programm. Viele Filme des einwöchigen Festivalprogramms bezögen Stellung zu großen Themen der Zeit, sagte der Co-Festivalchef Edzard Wagenaar. Neben zahlreichen anderen Preisen, wurde ebenfalls der DGB-Filmpreis wieder verliehen. Mit dabei war auch Schauspieler Moritz Bleibtreu – er bekam den Emder Schauspielpreis.
Der französische Eröffnungsfilm „Divertimento – ein Orchester für alle“ wurde zeitgleich in vier Kinos in Emden und auf Norderney gezeigt und gewann auch prompt den „Score Bernhard Wicki Preis“ in Gold. Die Regisseurin Marie Castille Mention-Schaar nahm den Hauptpreis des Festivals während der Preisverleihungsgala in der Emder Johannes a Lasco Bibliothek persönlich entgegen.
Das Internationale Filmfest Emden-Norderney wurde 1990 als Initiative des Emder Filmclubs gegründet. Inzwischen hat es sich zu einem bekannten Publikumsfest entwickelt. In elf Preiskategorien werden Preisgelder in Höhe von 65.500 Euro vergeben. Zu den Sponsoren und Förderern gehört seit Jahren auch der DGB mit verschiedenen Gewerkschaften. Der eigene DGB Filmpreis ist mit € 7.000,00 dotiert und wird gestiftet vom DGB-Bezirk Niedersachsen – Bremen – Sachsen-Anhalt, von ver.di Niedersachsen – Bremen, IG Metall Küste, GEW Niedersachsen, IG BCE Nord, NGG Nord, EVG Region Nord, Arbeit und Leben Niedersachsen e.V. und von der GdP Niedersachsen.
DGB-Filmpreis verliehen
Der DGB-Preis ging in diesem Jahr an „ Elaha“ von Milena Aboyan, Absolventin der Filmakademie Baden-Württemberg, Ludwigsburg. Aboyan hat 4 Jahre lang an ihrem Film gearbeitet, der mit anderen Ludwigsburger Studierenden mit wenig Budget entstanden sei. Sie berichtete, daß sie anderthalb Jahre lang eine Hauptdarstellerin gesucht und 120 Frauen gecastet habe.
Und es hat sich gelohnt, denn die Hauptdarstellerin Bayan Layla spielt eindrucksvoll und mutig. Aboyans Film erzählt von jungen aufgeschlossenen Frauen in Deutschland und dem patriarchalen System ihres kurdischen Familienkreises. Die Protagonistin Elaha wird damit konfrontiert, daß die Familie ihres Verlobten, ihre Jungfräulichkeit ärztlich testen lassen will – die jedoch nicht mehr besteht. Elaha, sucht acht Wochen vor der Hochzeit also nach einer Lösung: eine Operation, die sie nicht bezahlen kann – oder alternativ einführbare Blutkapseln. Elaha ist ein sehr intimer und kundiger Blick auf Kultur, Gesellschaft und Patriarchat. „Ich liebe meine Kultur, aber ich bin mit ein paar Regeln nicht einverstanden“ sagt die in Armenien geborene Regisseurin.
Erinnerung an einen Kollegen
Auch der Focus Future Award ging in diesem Jahr an einen sehr besonderen Film. Editor Ulf Albert nahm den mit 500 Euro dotierten Preis stellvertretend für seine drei Regisseur*innen Fabiana Fagale, Kilian Kuhlendahl und Jens Mühlhoff entgegen. Ihr Film „Vergiss Meyn nicht“ ist der Nachlass des Filmstudenten Steffen Meyn, der zwei Jahre den Widerstand im Hambacher Forst filmisch dokumentierte und dort während der Dreharbeiten 2018 durch einen Sturz ums Leben kam. Das Filmmaterial wurde zunächst von der Polizei gelöscht und später freigegeben. Meyns Eltern stellten es den Regisseur*innen zur Verfügung, die es mit Akribie wieder herstellten. Mit dem Film wollen sie Steffen Meyns Bilder und seine Erinnerung erhalten und sichtbar machen.
Ein Abschied war das diesjährige Fest übrigens für Rolf Eckard. Nach 33 Jahren beendet er als Gründer und langjähriger Festivalchef seine aktive Zeit beim Filmfest Emden-Norderney. Der Filmfest-Aufsichtsrat hat im vergangenen Jahr Edzard Wagenaar als seinen Nachfolger bestimmt.