Die Zukunft der regionalen Tageszeitungen – IG-Medien-Thema beim NRW-Medienforum
Die regionalen Tageszeitungen wird es trotz Internet und kostenlosen lokalen Blättern weiterhin geben. Dies meint einer, der es wissen muss: Professor Hans Bohrmann, Leiter des Dortmunder Instituts für Zeitungsforschung. Denn die Zeitung sei nicht nur ein technisches Verbreitungsmittel, sondern eine soziale Institution, so Bohrmanns Auffassung. Um allerdings mit derselben hohen Auflage weiter zu bestehen, müsse die Zeitung sich wandeln, „ihre Stärken stärken“. Und die lägen vor allem in der dichten lokalen und regionalen Berichterstattung.
Dies mögen, wenigstens den ersten Teil, WAZ-Geschäftsführer Bernd Nacke und Ruhr-Nachrichten-Herausgeber Lambert Lensing-Wolff gerne gehört haben. Sie saßen ebenfalls in der Diskussionsrunde, zu der die IG Medien während des Medienforums nach Köln eingeladen hatte. Doch Bohrmanns Appell, die „Stärken zu stärken“ konterten sie gleich mit Zahlen zu den schwindenden LeserInnenzahlen und Anzeigen. „Es gelingt uns seit vielen Jahren trotz größter Anstrengungen nicht, die Auflage zu halten. Und von der Auflage hängt der Anzeigenpreis ab“, so Nacke. Und mit den Anzeigen machen die Verlage ihr Geschäft. Lensing-Wolff sah den Anzigen-Markt stärker gefährdet als den Lesemarkt: „Das Wirtschaftsmodell Tageszeitung wird es so nicht mehr geben“.
Das „Gejammere“ der Verlagsvertreter wollte der dju-Landesvorsitzende Peter Schröder-Metz so nicht mehr hören: „Wenn es seit Jahren diese Verlust gibt, warum läuten bei Ihnen keine Alarmglocken. Warum so eine stoische Gelassenheit?“ Die Verleger hätten in ihrem „Dauerschlaf“ den rechtzeitigen Internet-Einstieg „verpennt“ sowie auch die Möglichkeiten, mit reinen Kleinanzeigen-Blättern Geld zu machen. Statt dessen würde jetzt gerade an der „Stärke“ gespart. In den Redaktionen müsse nun alles billiger werden: „Keine Fotoredakteure mehr, keine Recherche.“
Die WAZ habe niemals gute Chancen ausgelassen, erwiderte Nacke. Aber jetzt „müssen wir zunehmend lernen, mit spitzem Bleistift zu arbeiten, um Geld zu haben, andere Engagements zu finanzieren.“ Und hier nannte er sowohl den Kauf von Zeitungen in Südost-Europa wie den gemeinsamen Internet-Auftritt von 21 Verlagshäusern in Sachen Auto-, Stellen- und Immobilienanzeigen. Auch Lensing-Wolff verteidigte die Verlagspolitik. Verlage seien konservative Unternehmen. Und außerdem hemmten „Tarifverträge und der ganze Schrott, den man mit rumschleppen muss“, die Initiativen. Diese Schwierigkeiten hätten Internet-Firmen nicht.
Und die kostenlosen Tageszeitungen auch nicht. „Die Erlöse gehen zurück, wir haben zweistellige Anzeigenrückgänge, können die Abo-Preise nicht heraufsetzen und jetzt kommt noch dieses Problem dazu“, antwortete Bernd Nacke auf die Frage von Moderatorin Helga Märthesheimer, ob die Verleger mit ihrer Klage gegen die kostenlosen Blätter nicht nur ihr Monopol verteidigen wollten statt die Pressefreiheit hochzuhalten. Denn die sehen weder die dju-Bundesvorsitzende Franziska Hundseder noch dju-Landesvorsitzender Schröder-Metz in Gefahr. „Es ist ja nicht so, das alles, was kostet, auch Qualität bringt“, so Hundseder, die bedauerte, dass die kostenlose Sonntagszeitung in Karlsruhe von Gruner+Jahr eingestellt wurde: „Wir hatten zum ersten Mal eine Qualitätszeitung“. Und wenn diese Zeitungen gerne gelesen würden, so Schröder-Metz, müssten sich die Regionalzeitungen eben diesem Kosumenten-Verhalten anpassen. Statt dass Redakteurinnen und Redakteure sich mit dem Layout beschäftigen, sollten dafür Experten eingestellt werden, „und die Journalisten dürfen endlich wieder das machen, was sie können: recherchieren, zusammenfassen und Geschichten mit Hintergrund schreiben“.