Leipzig hat viele Originale. Eins davon lässt Tausenden Menschen mitten im Sommer „große Ohren“ wachsen: Der Leipziger Hörspielsommer ist bundesweit eines der größten Festivals für Hörspiele, das seit seiner Premiere vor drei Jahren ein Riesenerfolg ist. Das Rezept dafür scheint einfach. Eine große Wiese im zentral gelegenen Stadtpark, Lautsprecher, die entsprechende Abspieltechnik und natürlich ein gewitztes Programm. Und schon sitzen oder liegen Tausende Leute im Grünen herum und lauschen amüsiert, gespannt, ernst oder erschauernd den verschiedenartigsten Hörspielen oder Hörbüchern.
Eigenartig, dass lange niemand auf die Idee eines solchen Hörspielevents gekommen ist. Das dachte auch Sophia Littkopf, als sie 2002 über die Leipziger Buchmesse schlenderte und überrascht war von der Fülle des Hörspielangebots und dem großen Interesse des Publikums dafür. Und weil die 25jährige eine Frau der Tat ist, beließ sie es nicht beim Wundern, sondern machte sich zielstrebig daran, ihre Idee zu realisieren.
Wundern und handeln
Sophia ist Hörspielfan. „Das wäre riesig – im Sommer auf der Wiese liegen und einen Krimi oder Robinson Crusoe oder Adrian und Lavendel hören…“, malte sie sich aus und war sich sicher, dass viele andere Leute das auch toll fänden. Und so dauerte es nach ihrem Buchmesse-Besuch nicht lange und sie hatte ein Konzept für ein Festival namens „Leipziger Hörspielsommer“ geschrieben. „Das habe ich dann überall rumerzählt und viele waren sofort von der Idee angetan“, schmunzelt die gebürtige Leipzigerin, die durch ihre vielfältigen Aktivitäten in der Stadt bekannt ist wie ein „bunter Hund“. Und genau das kam ihr wohl zugute, als sie mit ihrem Konzept zum Kulturamt, dem Studentenrat der Leipziger Uni oder zu den Stadtwerken spazierte, um die Finanzierung ihres Projekts auf die Beine zu stellen. Relativ schnell hatte sie einen großen Kreis von Menschen mit ihrer Idee infiziert, Leute vom Sojus e.V. für die Mitorganisation gewonnen, Ort und Finanzrahmen geklärt. Dann begann das Tüfteln am Programm: „Das war erstmal mühsam. Das Aufstellen des Wunschprogramms ging schnell, aber dann kam das Recherchieren nach den Stücken und deren Beschaffung.“ Unzählige Genehmigungen mussten eingeholt werden, um die Hörspiele öffentlich aufführen zu können. Doch viele Sender und Verlage waren von der Festivalidee so begeistert, dass sie unkompliziert die Abspielgenehmigungen erteilten. Manche stellten sogar die Tonträger zur Verfügung.
„Ich bin in dieser Zeit unheimlich rotiert. Aber es war auch eine tolle Erfahrung, etwas bewegen zu können“, sagt die quirlige junge Frau. Das zeigte sich im vergangenen Jahr, als die Leute auch bei Regen zu den Veranstaltungen des Hörspielsommers kamen. Zwischenzeitlich hat Sophia mit 20 Freunden den Hörspielsommer e.V. gegründet und das Festivalkonzept weiter ausgefeilt. „Wir haben wieder viele Highlights rangeschafft“, verrät Sophia mit glänzenden Augen. „Im Programm stehen unter anderem eine Kriminacht, eine Liebesnacht, ein Beatnick-Special oder das Ostpaket.“
Engagieren für Kultur
Die Tochter des Judo-Bundestrainers hat schon vieles ausprobiert und geschafft: Zwölf Jahre lang sang sie im Kinderchor der Leipziger Oper; sie arbeitete drei Jahre als Regieassistentin, gründete den Verein Sojus e.V. mit und war Chefredakteurin des gleichnamigen Magazins. Sie ist Mitglied im „Fernsehen macht schön“ e.V., der alljährlich das Kurzfilmprogramm „Shockin‘ Lokal Shortnight Shuffle“ im Rahmen der Leipziger Dokumentar- und Kurzfilmwoche veranstaltet.
Klar eigentlich, dass Sophia mit gleicher Energie nach vorn schaut. Seit zwei Semestern studiert sie an der FH Potsdam Kulturarbeit. „Da kommt jetzt zum autodidaktischen Wissen das wissenschaftliche Element“, grinst sie und meint es dabei sehr ernst: „Ich möchte Kultur in ihrem breiten Spektrum kennen lernen. Und dann Systeme entwickeln, dass Projekte überall machbar sind.“ Später würde sie am liebsten Kulturdezernentin: „Ich denke, auf so einem Posten kann man viel Gutes für eine Stadt tun“, sagt sie.
Vor ein paar Jahren, da wäre sie noch lieber Diplomatin geworden. Fest steht, dass sie nie aufhören möchte, praktisch zu arbeiten, sich für Kultur zu engagieren. Geld ist Sophia nicht so wichtig: „Erfolg ist für mich, etwas auf die Beine zu stellen, was vielen Menschen gut tut. Frieden stiften im Kleinen sozusagen.“ Nicht nur an sich, sondern auch an andere zu denken, ist auch ihre Triebfeder für die Mitarbeit im Landesvorstand der Fachgruppe Rundfunk, Film, AV-Medien. Da ist sie die Jüngste. „Wäre schön, wenn sich das bald ändern würde“, sagt die Erfinderin.
Hörspiele im Grünen
Der 3. Leipziger Hörspielsommer lädt vom 15. bis 24. Juli täglich von 17 bis 23 Uhr zum Lauschen in den Richard-Wagner-Hain in Leipzig (zwischen Deutscher Hochschule für Körperkultur und Elsterflutbecken) ein.
An den Wochenenden beginnt das Programm bereits am frühen Nachmittag mit Hörspielen für Kinder und Familien.
Alle weiteren Informationen finden sich unter www.hoerspielsommer.de