Nichts geht mehr – ohne Videos

Foto: Uwe Sievers

Media Convention ging im großen Themenspektrum der re:publica auf

Zum zweiten Mal fand die Media Convention in diesem Jahr unter dem Dach der re:publica in Berlin statt. Bewegtbild-Themen dominierten das Veranstaltungsspektrum. Ein eigenes Profil der Media Convention, die vom Medienboard Berlin-Brandenburg ausgerichtet wird, ist jedoch nur noch schwer erkennbar.


„Quer durch die Gesellschaft zieht sich ein Medienriss“, sagte Elmar Giglinger zur Eröffnung der Media Convention. „Wir leben in zwei komplett unterschiedlichen Medienwelten“, so der Medienboard-Geschäftsführer weiter. Während Menschen über 35 eher auf klassische Medien zurückgriffen, habe die Medienwelt der unter 35-Jährigen damit nicht mehr viel gemein. Noch stärker als im letzten Jahr dominierte daher im Programm der Media Convention ein Thema: Video. Dadurch hoffte man, junges Publikum anzusprechen. „Durch das Smartphone hat heute jeder eine Filmkamera in der Tasche und wird damit zum Produzenten“, sagte Martin Ott, Europa-Direktor bei Facebook. Doch so richtig profitabel ist das für die meisten Videoproduzenten nicht, daher wurden in vielen Veranstaltungen Fragen sogenannter Monetarisierung diskutiert: Wie lässt sich auf YouTube Geld verdienen und für welche neuen Formate sind Zuschauer bereit, zu bezahlen. Doch jenseits der Finanzierung durch Werbung fehlen Ideen. Auf der Suche nach neuen Zielgruppen und neuen Einnahmequellen wird daher viel experimentiert. Auch der Print-Bereich macht sich Bewegtbilder zunutze. Zeitungen von Neues Deutschland bis Bild starteten Videoprojekte. Beispielsweise verfilmen die Süddeutsche Zeitung und der Bayrische Rundfunk zusammen mit der Produktionsfirma UFA-Fiction die Protokolle vom NSU-Prozess.
Doch die großen Player im Videosektor kommen aus den USA. Branchenprimus YouTube glänzt anlässlich seines Jubiläums mit immer größeren Zahlen: „Nach 10 Jahren haben wir jeden Monat über eine Milliarde Nutzer und in jeder Stunde kommen 300 Stunden neues Videomaterial hinzu“, berichtete Ben McOwen-Wilson, Direktor für Content-Partnerschaften bei YouTube. In Berlin habe Youtube kürzlich Deutschlands erstes eigenes Studio eröffnet, um Interessierten professionelle Ausrüstung und Unterstützung zur Verfügung zu stellen, so McOwen-Wilson. Doch was er nicht sagte: Das Studio ist nicht für Jedermann gedacht, sondern nur für jene, die einen eigenen Kanal und mehr als tausend Abonnenten haben. Ansonsten arbeite die Firma vor allem daran, die Suche zu verbessern, damit „das Material auch wiedergefunden wird“, so McOwen-Wilson. YouTubes Erfolg sei der Erfolg der Videoproduzenten, „deshalb versuchen wir, ihnen zu helfen, ihr Publikum zu finden.“ Denn dadurch sprudeln auch die Werbeeinnahmen für YouTube.

Piktogramme: itunes
Piktogramme: itunes

Facebook geht bei seinen Videoplänen eigene Wege und setzt auf Virtual Reality (VR). Facebook-Manager Martin Ott prophezeite: „In fünf Jahren wird sich Virtual Reality durchgesetzt haben“. In der virtuellen Realität werden Computer-generierte Bilder mit Kameraaufnahmen kombiniert. „Sie sind mittendrin und können darin interagieren“, erklärte Ott. Dazu habe Facebook den VR-Spezialisten Oculus Rift gekauft. Die Firma bietet eine populäre VR-Kamera an. Aktuell habe Facebook 1,4 Milliarden Nutzer, berichtete Ott. „Aber alles in einer App ist nicht mehr zeitgemäß“, meinte der Facebook-Manager. Deswegen habe der Konzern verschiedene Plattformen hinzugekauft, wie WhatsApp oder Instagram. Damit versuche Facebook, dem veränderten Konsumentenverhalten auf mobilen Geräten gerecht zu werden.
Amazon hat ebenfalls Videoambitionen und setzt auf Unterhaltung. „Vor einem Jahr haben wir in Deutschland Prime Instant Video gestartet“, inzwischen seien mehr als 12.000 Titel verfügbar, sagte Christoph Schneider, Geschäftsführer bei Amazon Instant Video Deutschland. Über den Streaming-Dienst seien Blockbuster, Filmklassiker und Serien zu sehen. Davon profitieren jedoch vorerst nur Prime-Kunden.
Während sich primär alles um Video-Kommerz drehte, wurden Fragen nach den Grenzen dieses Mediums nicht gestellt. Die Videoplattformen haben auch in dieser Hinsicht noch großen Entwicklungsbedarf. So erfassen Suchfunktionen nur die Textbeschreibungen, aber nicht die Inhalte. Wer in den unzähligen Erklärvideos auf YouTube nach der passenden Sequenz sucht, braucht viel Zeit.
Um sich ein jüngeres Publikum zu erschließen, beschloss das Medienboard Berlin-Brandenburg im letzten Jahr, von der Funkausstellung zur re:publica abzuwandern und taufte seinen Kongress von Medienwoche in Media Convention um. Hingegen wollten die Veranstalter der re:publica mit der Media Convention die traditionellen Medien in ihr Programm integrieren. Was dabei herauskam, wurde dieses Jahr deutlich: Eine Verschmelzung, bei der die kleine Media Convention in der großen re:publica aufgeht. Von den insgesamt 17 Bühnen der re:publica wurden drei von der Media Convention bespielt. Das jedoch nur an zwei Tagen der insgesamt dreitägigen re:publica. Entsprechend geht die Media Convention im medialen Presserummel der re:publica unter. Den Teilnehmern ist es egal, ob sie bei einer re:publica- oder bei einer Media Convention-Veranstaltung sind. Oft bemerken sie den Unterschied nicht, für sie ist alles re:publica.

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