Satiriker ins Visier der AfD geraten

Nachdem die AfD Berlin Adressdaten der Produktionsfirma des Satirikers Schlecky Silberstein öffentlich machte und der Produzent daraufhin Morddrohungen erhielt, stellt sich der Südwestrundfunk (SWR) eindeutig hinter die Macher des Satire-Videos „Volksfest in Sachsen“. Der Sender werde die Drohungen gegenüber dem Produzenten sorgfältig prüfen und, wo erforderlich, Maßnahmen einleiten. Man werde nicht hinnehmen, dass die in ihrem Auftrag handelnde Produzenten diskreditiert und bedroht werden, heißt es von der SWR-Programmdirektion Kultur.

Das Video des Online-Netzwerks funk mit dem Titel  „Volksfest in Sachsen“ habe offensichtlich die augenblickliche Zerrissenheit unserer Gesellschaft ans Licht gebracht. Angesichts der „völlig überzogenen, von Hass gekennzeichneten Reaktionen auf das Video“ erklärt Gerold Hug, SWR Programmdirektor Kultur: „Man kann immer darüber streiten, ob man eine Satire gelungen findet oder nicht. Aber wenn Drohungen und Einschüchterungsversuche gegen Künstler, Produzenten oder andere Medienschaffende erfolgen, zeigen sich gesellschaftliche Zustände, die Anlass zu Besorgnis geben. Die Freiheit der Kunst, der Presse und der Meinungsäußerung sind für den SWR nicht verhandelbare hohe Güter.“

Der SWR wehrt sich dagegen, dass die AfD Berlin Privatvideo-Aufnahmen von Dreharbeiten für das satirische funk-Format „Bohemian Browser Ballett“, die in Berlin-Lichtenberg erfolgten, unter dem Titel „Fakevideo-Firma versteckt sich“ verbreitet hat. Das Afd-Video löste eine Kampagne gegen Silberstein aus und sei öffentlichkeitswirksam auch genutzt worden, dem SWR fälschlicherweise vorzuwerfen, er habe einen politisch motivierten Videodreh in Berlin in Auftrag gegeben. In Wahrheit handelte es sich um Dreharbeiten der zuständigen Produktionsfirma für das Format „Bohemian Browser Ballett“ des ARD-Angebots funk. Dieses Format greift auf satirische Weise aktuelle Themen auf. Dass es sich um entsprechende Dreharbeiten gehandelt habe, sei vor Ort deutlich kommuniziert worden.

Laut Berliner Zeitung erklärte der hauptstädtische AfD-Sprecher Ronald Gläser, dass ein Sympathisant dem Landesverband private Aufnahmen von dem Dreh zugeschickt habe. Man habe sie so interpretiert, dass „unser Logo missbraucht“ worden sei. Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus haben eine parlamentarische Aufarbeitung der Vorgänge angekündigt.

Das fertige Satire-Video ist inzwischen veröffentlicht:

https://www.funk.net/channel/bohemian-browser-ballett/volksfest-in-sachsen

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Quartalsbericht liegt vor

Einen detaillierten Blick auf das Mediengeschehen gibt der neue Quartalsbericht. Er speist sich aus den Auswertung von Internetseiten, Zeitungen, Fachzeitschriften, Informationsdiensten, Verbands- und Unternehmenspublikationen. Im Frühjahr nun hat das Internet erstmals das Fernsehen als wichtigste Quelle für „News“ abgelöst. Die gedruckten Auflagen der Pressemedien gehen weiter zurück, die Digitalumsätze legen zu. Fest steht außerdem, Zeitungen erhalten keine Zustellförderung. 
mehr »

Tarifverhandlungen: Unfaire Forderungen

Für die zweite Tarifverhandlungsrunde mit der dju in ver.di hatte der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) ein Angebot zu Tariferhöhungen angekündigt. Doch der Verband legte am 25. Juli in Frankfurt am Main keine konkreten Zahlen vor. Die Tarifverhandlungen hatten am 27. Mai begonnen. Die dju in ver.di fordert zwölf Prozent mehr für Gehälter und Honorare. Damit soll der eingetretene Reallohnverlust ausgeglichen werden.
mehr »

Recherchen für die Demokratie

Die Uhr tickt – politisch und ökologisch. „Der Ton wird rauer, die Angriffe intensiver“, so NDR-Intendant Joachim Knuth im Begrüßungsgespräch mit Daniel Drepper, dem Vorsitzenden der Journalist*innenvereinigung Netzwerk Recherche (NR), die ihre Jahreskonferenz unter das Motto stellte: „Now is the time. Recherchen für die Demokratie“. Etwa 900 Teilnehmende trafen sich beim NDR Fernsehen in Hamburg zu Austausch und Debatte über die Rolle der Medien in Zeiten des politischen Rechtsrucks und der Klimakrise. 
mehr »

Renaissance einer Redaktion in Guatemala

Am 15. Mai 2023 stellte Guatemalas investigative Tageszeitung „elPeriódico“ ihr Erscheinen ein. Rund ein Jahr später sind die Köpfe hinter dem linken Leitmedium mit dem Online-Portal „eP Investiga“ wieder da. Die beiden Buchstaben eP erinnern an den alten Titel des Blattes, das sich dem Kampf gegen die Korruption verschrieben hatte. Offiziell gibt es keine Verbindung zur Familie Zamora und dem nach wie vor in Haft sitzenden Zeitungsgründer José Rubén Zamora. Allerdings tritt das investigative Portal für sein journalistisches Credo ein. 
mehr »