Sendeschluss

Empfang über Satellit bald nur noch digital

An einem baldigen Frühlingsmittwoch wird manch einer unbeabsichtigt zum Schwarzseher, denn: Am 30. April 2012, um drei Uhr morgens, beenden die deutschen TV-Sender europaweit die analoge Satellitenausstrahlung ihrer Programme. Etwa zwei Millionen Menschen hierzulande haben das aber noch nicht mitbekommen. Ihnen droht nun ein schwarzes Bild, sollten sie nicht zügig ihr Fernseh- Equipment anpassen. Aber, Entwarnung: Auch für den Laien ist das eine zu bewältigende technische Zumutung.

Damit der Zuschauer weiß, was genau zu tun ist, kümmert sich seit April 2010 „klardigital“ um Aufklärung – eine Initiative von Landesmedienanstalten, öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsendern sowie dem VPRT. Mit einer Website, TV-Spots, Flyern und Kampagnen in Presse und Hörfunk wird kontinuierlich an die Abschaltung erinnert und in leicht verständlicher Sprache Umstellungshilfe gegeben. „Das ist wie eine kleine technische Revolution. Man fängt an, sich mit seinem Fernseher privat auseinanderzusetzen“, schwärmt Brigitte Busch von ARD Digital angesichts der Tatsache, dass für viele Zuschauer Fernsehen bislang so selbstverständlich und unhinterfragt ist wie fließend Wasser aus dem Hahn: Man schaltet das Gerät an und die Kiste läuft.
Wer das auch in Zukunft so haben möchte, muss im Videotext eines Programms (etwa Das Erste, ZDF oder RTL, Sat.1) einfach die Zahl 198 eingeben. Hier ist nachlesbar, ob man überhaupt betroffen ist, also über eine analoge Satellitenanlage fernsieht, oder schon digital. Wem das zu umständlich ist, sollte beim fernsehen selbst genauer hinschauen. Seit einiger Zeit werden in Aktionswochen bis zu sechs Minuten pro Stunde Laufbänder im aktuellen Programm eingeblendet – mit entsprechenden Abschalthinweisen, die aber nur analoge Sat-Kunden sehen.
Spätestens hier wird deutlich: Jetzt ist eine private Investition unvermeidbar. Der analoge Satellitenreceiver muss durch einen digitalen ersetzt werden – eine kleine Box, die zwischen Fernseher und Sat-Anschlussdose geschaltet wird. Wenn die Empfangseinheit LNB an der Sat-Schüssel nicht älter als 10 Jahre ist, empfängt sie auch digital – ansonsten muss das kleine Kästchen am Sat-Schüsselarm gegen einen digitalen Universal-LNB ausgetauscht werden. Die gute Nachricht: Das Fernsehgerät muss nicht ausgetauscht werden.
Dass es überhaupt zur Abschaltung der analogen Satellitenübertragung kommt, hat nicht nur politische Gründe. Längst ist das grundsätzliche Ende des Analogzeitalters im Rundfunk beschlossen. Verständlich, können doch digital die wertvollen Ressourcen an Frequenzen und anderen Rundfunkübertragungskapazitäten effektiver genutzt werden als analog. Für die Programmveranstalter ist die Umstellung aber auch ganz praktisch eine Frage des Geldes. Ein analoger Satellitentransponder kostet die Fernsehsender zwölf Millionen Euro im Jahr. Da sie zusätzlich ihre Programme auch in zwei digitalen Formaten ausstrahlen – Standard (SDTV) und hochauflösend (HDTV) – summieren sich die Verbreitungskosten pro Programm auf das Dreifache. Klar, dass die Einstellung der analogen Übertragung im Interesse der öffentlich-rechtlichen und privaten Anbieter ist. Davon abgesehen bringt die Digitalisierung aber auch dem Zuschauer echte Vorteile. Sie können mehr Programme in einer weit besseren Qualität sehen; letzteres insbesondere dann, wenn sie Geräte besitzen, mit denen sie das hoch auflösende HDTV empfangen.
Das digitale Zeitalter ist denn auch bei den meisten Satellitenkunden in Deutschland schon angekommen. Rund siebzehn Millionen Haushalte haben eine „Schüssel“ auf dem Dach oder am Balkon und über 85 Prozent von ihnen schauen bereits digital. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass die deutsche Medienpolitik in Abstimmung mit den Landesmedienanstalten, den Sendern und dem Satellitenbetreiber ASTRA einen bundeseinheitlichen Abschalttermin vereinbart hat.
Doch nicht nur Privathaushalte sind von der Umstellung betroffen. Rund 40.000 Gemeinschaftsanlagen in Krankenhäusern, Hotels oder Wohnhäusern müssen ebenfalls umgerüstet werden. Und für die könnte es zeitlich eng werden, vor allem, weil viele Verantwortliche bisher nur unzureichende Kenntnisse über die Analogabschaltung haben. Fast die Hälfte von ihnen kennt nicht einmal den Abschalttermin, ergab eine Umfrage der Deutschen TV-Plattform. Und mehr als jeder Dritte der Befragten wusste nicht, wie er seine Anlage aufrüsten soll. Dabei ist der Umrüstungsaufwand dort ohnehin höher und mit größeren Kosten verbunden als bei Privathaushalten. Außerdem bedarf es einer längeren Vorlaufzeit.
Brigitte Busch von der ARD zeigt sich allerdings optimistisch, dass im kommenden Jahr viele Nachzügler noch rechtzeitig umrüsten. „Das hat mit Investitionsplänen zu tun. Das heißt, selbst wenn sie wissen, dass sie umschalten müssen, kann es sein, dass sie 2011 noch nicht gehandelt haben, weil die neuen Etats erst ab 2012 laufen.“
Am 21. Januar 2012 jedenfalls wird „klardigital“ in Deutschland die heiße Kommunikationsphase einläuten, damit auch der Letzte mitbekommt, dass bald Sendeschluss ist beim analogen Satelliten. Alle Zuschauer, so ist man sich aber jetzt schon sicher, wird man dennoch nicht erreichen. Bis zu einer Million Haushalte könnten trotz aller Bemühungen am 30. April 2012 schwarz sehen, so die Schätzungen. Andreas Bereczky, Produktionsdirektor des ZDF, sieht dem jedoch entspannt entgegen. „Es gibt ähnliche Umstellungen in der Geschichte“, erinnert sich der Technikmann: „In den 60er Jahren hat man in Schweden an einem Wochenende von Links- auf Rechtsverkehr umgestellt und da gab es auch Leute, die am Morgen aufgestanden sind und festgestellt haben: Wieso fahren alle auf der falschen Seite?“ Allerdings, so Bereczky, hoffe er, „dass wir ab dem 1. Mai nur über eine kleine Restmenge an Haushalten reden müssen, die nicht umgestellt haben“. Immerhin gibt’s die Alternativen: Schließlich kann man auch noch über Antenne, Kabel und Internet fernsehen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Junger Journalismus: Lernen, vernetzen und schützen

Angriffe auf Journalist*innen nehmen zu, online wie auf der Straße. Umso wichtiger, Pressefreiheit nicht nur als Prinzip zu verstehen, sondern sie im Alltag zu verteidigen. Mit diesem Anspruch lud die Jugendpresse Deutschland Anfang November rund 80 junge Medieninteressierte nach Dresden ein. Bei der „YouMeCon kompakt“ ging es um journalistisches Handwerk, Verantwortung und darum, wie man Menschen schützt, die berichten.
mehr »

Lokaljournalismus verliert Quellen

Viele Städte und Gemeinden betreiben inzwischen ihre eigenen Social Media Kanäle und ihre eigene Informationsstrategie. Auch Akteure wie Polizei und Feuerwehr setzen immer mehr auf direkte Kommunikation – was Vorteile hat. Gleichzeitig, so der Verband der Deutschen Zeitungsverleger (VDL), erschwert diese Entwicklung die Arbeit von Lokalkjournalist*innen. Eine Sendung des Deutschlandfunks hat nachgefragt.
mehr »

Deutsche-Welle: Beschäftigte wehren sich

Mitarbeiter*innen der Deutschen Welle (DW) protestieren an der Marschallbrücke in Berlin gegen die geplanten massiven Kürzungen im Etat des deutschen Auslandssenders. Sie wollen bis Freitag jeweils frühmorgens Bundestagsmitglieder auf ihrem Weg ins Parlament um Unterstützung für eine ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung der Deutschen Welle bitten.
mehr »