Siegen an der Heimatfront

Ein „zu kritischer“ Filmbeitrag liegt beim WDR auf Eis

„Siegen an der Heimatfront“ – ist der Titel eines Filmes, der noch nie gesendet wurde und gerade deshalb für viel Diskussionsstoff sorgt. Der Film handelt von der Maßregelung des Siegener Friedenspädagogen Bernhard Nolz, der im letzten Herbst vom Dienst suspendiert wurde, weil er auf einer Gedenkveranstaltung für die Opfer der Anschläge vom 11. September in den USA vor einer kriegerischen Antwort warnte und zur Kriegsdienstverweigerung aufgerufen hatte.

Der Fall beschäftigte die Medien und auch der Westdeutsche Rundfunk (WDR) gab einen Beitrag in Auftrag. Der freie Mitarbeiter Rüdiger von Minow drehte einen Film über die Thematik, der am 10. Dezember im Rahmen der WDR-story-Reihe ausgestrahlt werden sollte. Doch obwohl der Beitrag fristgemäß fertig gestellt wurde, ist er bis heute nicht gesendet worden. Die politische Grundrichtung passte dem WDR dann doch nicht ins Konzept. Rüdiger von Minows Film kontrastiert die Maßnahmen gegen den pazifistischen Pädagogen mit den zeitgleich weitgehend unbehelligt agierenden rechten Schülergruppen in Siegen.

Obwohl der Filmemacher auf Wunsch des WDR nachträglich einige Änderungen vorgenommen hatte, liegt der Beitrag weiterhin auf Eis. Mittlerweile hat von Minow den Rundfunkrat des WDR angerufen. Der Autor wirft dem Sender Verletzung des eigenen Status und Zensur vor. Unterstützung bekam er vom Verein „Aachener Friedenspreis e.V.“. In seiner Eingabe an den Rundfunkrat stellte sich der Verein ausdrücklich hinter von Minow. „Es muss nach Überzeugung des Aachener Friedenspreises gewährleistet bleiben, dass auch in Kriegszeiten kritische Berichterstattung möglich ist“, begründete der Vereinsvorsitzende Gerhard Diefenbach seine Intervention. Er befürchtet, dass der Beitrag womöglich überhaupt nicht mehr ausgestrahlt wird.

Beim WDR will man bisher von einen neuen Sendetermin nichts wissen. Aus rechtlichen Gründen sei eine Ausstrahlung nicht möglich. Die Angelegenheit werde weiterhin geprüft, heißt es dort vage. Auch der gemaßregelte Pädagoge Bernhard Nolz rechnet nicht mehr mit einer baldigen Ausstrahlung des Films. Er vermutet eine Intervention aus der Düsseldorfer Staatskanzlei hinter der Absetzung des Beitrags. Für ihn ist die ganze Angelegenheit noch nicht ausgestanden. Zwar kann Nolz mittlerweile wieder als Lehrer arbeiten. Doch er wurde in eine andere Schule versetzt. Nolz verlangt die Rücknahme dieser Maßnahme ebenso wie die Freigabe der Gelder für das Siegener Zentrum für Friedenskultur. Nach der Suspendierung des Pädagogen und der von der CDU ventilierten Pressekampagne sperrte die nordrhein-westfälische Landesregierung dem pazifistischen Verein, dessen Vorsitzender Nolz ist, einstweilen die Gelder.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Weimer, ein konservativer Kulturkämpfer

Der neue Staatsminister und Bundesbeauftragter für Kultur und Medien Wolfram Weimer gilt politisch als Vertreter des liberal-konservativen Spektrums. Als ausgewiesener Kenner der Kulturpolitik war er bis zu seiner überraschenden Berufung im Mai nicht aufgefallen. Dagegen kann er aufgrund seiner vielfältigen Erfahrungen als Chefredakteur diverser Blätter (Welt, Cicero, Focus) sowie als Verleger des Magazins The European im Medienbereich eine beachtliche Expertise vorweisen.
mehr »

Rechte Gratiszeitungen machen Meinung

In Ostdeutschland verbreiten kostenlose Anzeigenblätter zunehmend rechte Narrative – etwa der Hauke-Verlag in Brandenburg. Unter dem Deckmantel von Lokaljournalismus mischen sich Werbung, Verschwörungserzählungen und AfD-Propaganda. Möglich wird das auch wegen der Krise des Lokaljournalismus: Wo es kaum noch Medienvielfalt gibt, füllen rechte Angebote die Lücken.
mehr »

dju: Kritik an Anti-SLAPP-Entwurf

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert Nachbesserungen am Referentenentwurf für ein Anti-SLAPP-Gesetz. Mit dem Gesetz soll das Problem der strategischen Einschüchterungsklagen gegen kritische Berichte von Journalist*innen, Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen eingedämmt werden. Die dju kritisiert die im Entwurf bestehenden juristischen Schlupflöcher.
mehr »

Palantir nicht mit EU-Recht vereinbar

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di hält den Einsatz der Analysesoftware Palantir durch die Polizei für nicht mit EU-Recht vereinbar. Hintergrund ist die Ankündigung von Innenminister Dobrindt, einen flächendeckenden Einsatz von Palantir prüfen zu lassen. Baden-Württemberg hat als inzwischen viertes Bundesland den Weg zum Einsatz der Analysesoftware durch seine Landespolizei freigemacht.
mehr »