Sport, Politik und Medienmacht

 Gedanken über eine brisante Gemengelage

„Goldgrube Olympia“ titelt der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft. Die Rede ist von den TV-Rechten für die Winterspiele in Nagano. 72 Millionen Dollar hat die Europäische Rundfunk-Union dafür an das Internationale Olympische Komitee überwiesen. Für das Jahr 2002 in Salt Lake City sollen es bereits 120 Millionen Dollar sein.

Um Millionen, ja Milliarden geht es auch bei der Vermarktung von TV-Rechten für Fußballübertragungen. Leo Kirch hat sich bekanntlich für 3,4 Milliarden Mark die Fernsehrechte an den Fuball-Weltmeisterschaften ab 2002 gesichert. Die alleinige Vermarktung im Pay-TV durch die Allianz Bertelsmann-Kirch scheint offen zu sein, nachdem die Medienpolitiker spät, aber noch nicht zu spät aufgewacht sind. Sie wollen – gemäß der EU-Fernsehrichtlinie – eine nationale Liste von Gro-ßereignissen aufstellen, die für die Zuschauer auch im Free-TV zugänglich sein sollen. Eine freiwillige Vereinbarung nach dem Diktum der Rechteinhaber ist nicht ausreichend. Das haben nach ersten Fehleinschätzungen die Ministerpräsidenten der Länder erkannt. Hierzu war allerdings öffentlicher Druck notwendig.

Als für Spitzenpolitiker deutlich wurde, daß ihre Untätigkeit für die meisten Fußballfans der tiefe Griff ins Portemonaie für Pay-TV bedeutet, haben sie die Notbremse gezogen. Gerade im Wahl jahr kann es gefährlich sein, sich die Sympathie von Millionen Fußballfans, die ja auch Wähler sind, zu verscherzen.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVG) zur Kurzberichterstattung vom 17. Februar diesen Jahres dürften vielen in Politik und Sport die Ohren geklingelt haben. Das BVG macht in seinem Urteil deutlich, daß es „um die Verhinderung von Informationsmonopolen“ und die Sicherung von Pluralität geht. Dies bezieht sich sowohl auf die flächendeckende Berichterstattung als auch auf die Qualität der Information.

In dem Urteil heben die Karlsruher Richter hervor, daß es grundsätzlich „ein Recht auf nachrichtenmäßige Kurzberichterstattung im Fernsehen“ gebe. Allerdings verstoße es gegen die verfassungsmäßig geschützte Berufsfreiheit nach Artikel 12, Absatz 1 des Grundge-setzes (GG), dieses Recht „bei berufsmäßig durchgeführten Veranstaltungen unentgeltlich auszugestalten“. Die BVG-Richter fordern, deshalb den Gesetzgeber auf, innherhalb von fünf Jahren bei der Regelung des Entgeltes „sicherstellen, daß die Kurzberichterstattung grundsätzlich allen Veranstaltern zugänglich bleibt“.

Im Klartext heißt das, daß die Ministerpräsidenten bei der Beratung des jetzt anstehenden 4. Rundfunkänderungsstaatsvertrages dafür Sorge tragen müssen, „daß die Höhe des ‚angemessenen Engelts‘ zur Kurzberichterstattung zukünftig das Recht selbst nicht aushöhlt.“ Mit dem Bezug auf die Berufsfreiheit machen die Richter allerdings auch deutlich, daß es um einen wirtschaftlichen Tatbestand geht.

Ihre zumindest partielle Niederlage vor Gericht haben die Kläger, die Bundesregierung und der Deutsche Fußballbund (DFB), öffentlichkeitswirksam zum Sieg deklariert. Am liebsten hätten sie nämlich die Kurzberichterstattung insgesamt gekippt, um eine monopolartige Vermarktung sicherzustellen.

In dieser Angelegenheit hatte der Bundesgerichtshof (BGH) Politikern und DFB-Funktionären mit seinem Urteil vom Dezember 1997 einen schweren Brocken serviert. Höchstrichterlich war darin dem DFB die zentrale Vermarktung von von Heimspielen deutscher Clubs im UEFA-Cup und im Pokalsieger-Pokal untersagt worden. Seitdem denken der DFB und Spitzenpolitiker bis ins Bundeskanzleramt über eine „Sonderregelung Sport“ nach. Hierfür soll das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) bei dessen anstehender Novellierung gerade alle Ausnahmen abgeschafft werden, neu mit einer Ausnahmeregelung für den Sport bedacht werden. Faktisch würde dies be-deuten, das das höchstrichterliche Urteil auf politischem Weg ausgehebelt wird und die monopolartige Stellung des DFB beim Verkauf von TV-Rechten erhalten bleibt.

Der oberste Wettbewerbshüter in Brüssel, Karel van Miert, hat hiergegen bereits Einspruch erhoben. Damit und noch mehr mit seiner konsequenten Haltung gegenüber dem drohenden Digitalkartell von Kirch und Bertelsmann hat er sich den Unmut höchster bundesdeutscher Politiker zugezogen. In diesem Fall wollen sie von den sonst so geheiligten Gesetzen der Marktwirtschaft nichts wissen.

Ein Ausnahmetatbestand im GWB ist aber nicht hinnehmbar. Es muß einen fairen Wettkampf auf dem Rasen mit gleichen Verwertungschancen auf dem Markt geben. Dies haben die beiden angeführten Urteile deutlich gemacht. Wenn sie konsequent politisch umgesetzt werden, kommen die Zuschauer und wahren Sportfans wirklich zu ihrem Recht: Möglichst viele Spiele aller Vereine kostenfrei bzw. zu vertretbaren Preisen sehen zu können.

 

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