Über Gebühr wichtig

Die geräteabhängige Rundfunkgebühr ist bald passé. An ihre Stelle tritt ab der nächsten Gebührenperiode im Jahr 2013 eine einheitliche Haushaltsabgabe sowie eine gestaffelte Betriebsabgabe. Die Medienpolitik verspricht sich vom neuen Modell mehr Transparenz und weniger Ärger mit unpopulären GEZ-Kontrollen. Kritiker fürchten Datenschutzprobleme und zweifeln an der anvisierten Aufkommensneutralität.

Ins Rutschen gekommen ist das bisherige Gebührenmodell vor allem durch Veränderungen der Medientechnologie. Digitalisierung und Internet sorgen für eine Aufweichung des bisherigen Rundfunkbegriffs. Längst lassen sich die meisten TV- und Hörfunkprogramme auch via Internet empfangen. Daher hatte der Gesetzgeber bereits 2007 eine Gebührenpflicht für internetfähige Geräte beschlossen. Auch wer auf klassische Empfangsgeräte verzichtet, muss derzeit monatlich den (Hörfunk-)Basissatz von 5,67 Euro an die GEZ entrichten, falls er über einen Online-PC, ein Smartphone oder ähnliche Geräte verfügt. Diese vielfach kritisierte PC-Gebühr wurde allgemein als temporärer Notbehelf angesehen. Wie unbefriedigend sie ist, dürfte auf der kommenden Internationalen Funkausstellung wieder offenbar werden. Dann, wenn rundfunkfähige Toaster und Gefrierschränke das Zusammenwachsen von „weißer“ und „brauner“ Ware sinnfällig belegen.
Spätestens seit der Vorlage des Kirchhof-Gutachtens Anfang Mai galt den meisten Medienpolitikern die Haushaltsabgabe als Zauberformel zur Lösung des medientechnologischen Dilemmas. Künftig, so der Vorschlag des Verfassungsrechtlers Paul Kirchhof, solle jeder Haushalt einen einheitlichen Betrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio bezahlen, ganz egal, wie viele TV-Geräte, Radioempfänger oder Computer in den jeweiligen vier Wänden herumstehen. Eine scheinbar verblüffend simple Lösung, die das bisherige System revolutioniert. Bis heute ist die Abgabe von derzeit monatlich maximal 17,98 Euro (für Radio und TV) an die Art der Empfangsgeräte gekoppelt.
Selten schienen sich die medienpolitischen Hauptakteure bei einer grundlegenden Reform so einig wie in diesem Fall. Auf politischer Ebene wurde dem Kirchhof-Modell von einer Allparteienkoalition Zustimmung signalisiert. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund und ver.di begrüßten den Vorschlag. „Ein Abschied vom durch die Medienkonvergenz veralteten Modell der gerätebezogenen Gebühr ist überfällig“, sagte DGB-Chef Michael Sommer. Und auch für den stellvertretenden Vorsitzenden der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Werneke, macht der Gerätebezug der Rundfunkgebühr in der digitalen Welt „einfach keinen Sinn mehr“. Mit dem neuen System, so hofft er, könne dem gebührenfinanzierten Rundfunk wieder „mehr Akzeptanz in der Gesellschaft“ verschafft werden.

Zeitgemäß und transparent

Der Beschluss der Ministerpräsidenten vom 10. Juni kam somit nicht überraschend, sondern eher in Form einer Vollzugsmeldung. Die alte GEZ-Gebühr verschwindet, stattdessen wird ab 2013 ein Rundfunkbeitrag pro Haushalt und Betrieb erhoben. „Ziel der Länder ist es, die Finanzierung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf eine zeitgemäße Grundlage zu stellen, die Kontrollbedürftigkeit innerhalb des Systems deutlich zu reduzieren und vor allem auch die Privatsphäre der Rundfunkteilnehmer zu schonen“, verkündete der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, zugleich Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder.
Die wichtigsten Neuregelungen des „medienpolitischen Meilensteins“ (Beck): Anders als bisher wird die Rundfunkgebühr nicht mehr von jeder Person und für jedes Empfangsgerät erhoben. An ihre Stelle tritt eine Abgabe, die von jeder Wohnung und jedem Betrieb entrichtet wird und die vorerst die Höhe der bisherigen Gebühr von 17,98 Euro nicht überschreiten soll. Die Differenzierung zwischen Grund- und Fernsehgebühr und damit zwischen TV, Radio, Handy und PC wird aufgehoben. Die Haushaltsabgabe ist unabhängig davon, wie viele Personen wie viele Empfangsgeräte nutzen. Eingefordert wird die Abgabe vom Hauptmieter, bei selbstgenutztem Wohneigentum vom grundbuchamtlichen Besitzer. Anders als bisher müssen Kinder mit eigenem Einkommen, die noch bei ihren Eltern leben, keine zusätzliche Gebühr zahlen. Andererseits werden auch Haushaltsvorstände, die bislang – wie glaubhaft auch immer – völlige TV-Abstinenz geltend machten, künftig mit dem vollen Beitrag zur Kasse gebeten. Für Zweit- oder Ferienwohnungen soll ein Drittel der Pauschale erhoben werden.
Im nichtprivaten Bereich wird eine „Betriebsstättenabgabe“ erhoben, deren Höhe nach der Zahl der Mitarbeiter gestaffelt ist. So sollen Kleinbetriebe mit vier bis 14 Beschäftigten ein Drittel bis zu einem ganzen Rundfunkbeitrag entrichten, Großbetriebe mit 20.000 oder mehr Beschäftigten die Höchstzahl von 150 Beiträgen. Auch für jedes nicht privat genutzte Auto wird ein Drittel der Abgabe fällig. Für die Nutzung von Empfangsgeräten in privaten Arbeitszimmern wird kein Beitrag erhoben.
„Handlungsbedarf, um der Erosion bei den Gebühreneinnahmen entgegenzuwirken“, hatten auch ARD und ZDF in einer gemeinsamen Erklärung am Vorabend der Entscheidung der Ministerpräsidenten angemahnt. Entsprechend positiv fiel ihre Reaktion auf den Beschluss aus. Für den ARD-Vorsitzenden Peter Boudgoust bildet die Lösung ein „modernes System, das den technischen Entwicklungen gerecht wird und vieles einfacher und nachvollziehbarer macht“ (vgl. Interview). Auch ZDF-Intendant Markus Schächter hält die Ausgestaltung des Rundfunkbeitrags für „zukunftssicher, einfacher und verständlicher“. Erleichtert wird den öffentlich-rechtlichen Anstalten ihr positives Votum durch die Zusicherung der Politik, die Haushaltsabgabe „aufkommensneutral“ zu gestalten. Will sagen: Es sollen keinesfalls weniger als die 7,3 Milliarden Euro Gebührengelder des vergangenen Jahres in ihre Kassen fließen. Umgekehrt, dies bekräftigte Kurt Beck, werde ihnen auch verwehrt, einen zusätzlichen „kräftigen Schluck aus der Pulle“ zu nehmen.

Befreiung für Härtefälle

Die bisherigen Befreiungstatbestände aus sozialen Gründen im privaten Bereich bleiben unverändert. Für bestimmte Härtefälle gibt es zusätzliche Befreiungsmöglichkeiten. „Finanziell leistungsfähige Menschen mit Behinderungen“ müssen dagegen den ermäßigten Beitrag in Höhe eines Drittels der Rundfunkabgabe leisten, um die „Finanzierung barrierefreier Angebote“ zu erleichtern. Der Kirchhof-Vorschlag, künftig auch Hartz-IV-Empfänger zahlen zu lassen, die fällige Haushaltsabgabe aber über ein erhöhtes Wohngeld vom Staat vorzustrecken, fand kein Gehör. Die Idee von Ausgleichszahlungen in Form staatlicher Zuschüsse kollidierte vermutlich mit dem Wunsch, keinerlei Zweifel an der Staatsferne des Verfahrens aufkommen zu lassen.
Herrscht somit – abgesehen von einigen Detailfragen – völliger Konsens darüber, dass das bisherige Gebührenverfahren als Auslaufmodell auf den Müllhaufen der Mediengeschichte gehört? Nicht ganz. Ausgerechnet aus dem kleinen Saarland meldete sich vor der Ministerpräsidenten-Entscheidung eine warnende Stimme. Norbert Holzer, Verwaltungsdirektor des Saarländischen Rundfunks, hält die Abkehr von der gerätebezogenen Gebühr nicht für zwingend. Eher für gefährlich. In einem ausdrücklich als persönlicher Meinungsbeitrag ausgewiesenen Aufsatz in „epd Medien“ äußerte Holzer – er ist zugleich stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Instituts für Europäisches Medienrecht in Saarbrücken – grundsätzliche Bedenken gegen die Aufgabe eines nach seiner Auffassung bewährten Modells. Das bisherige gerätebezogene Gebührensystem, so findet er, sei „besser als sein Ruf“. Es bedürfe lediglich einiger Modifikationen. Mutmaßlich mehr als 99,9 Prozent aller in Deutschland lebenden Menschen hätten ein altes oder neues Rundfunkgerät. Folglich seien alle diese Menschen gebührenpflichtig. Dass die geräteabhängige Gebühr seit den neunziger Jahren in immer rauheres Gewässer geraten ist, liegt laut Holzer vor allem an folgenden Faktoren: die vom Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) zwischen der EU-Kommission und den Bundesländern losgetretene Debatte darüber, ob es sich bei der deutschen Rundfunkgebühr um eine europarechtliche Beihilfe handle oder nicht; die von Verlagen und großen Printmedien betriebene Dauerkampagne gegen die „Zwangsgebühr“, das gezielt aufgebaute Feindbild GEZ und die damit verbundene sinkende Akzeptanz der Gebühr; der Stellvertreterkrieg um die so genannte „PC-Gebühr“; schließlich auch die mangelnde Reaktion des öffentlich-rechtlichen Systems, das „bis auf den heutigen Tag die eigenen Mittel nur höchst unvollkommen nutzt, um sich zu wehren und zu stabilisieren“. Darüber hinaus wirft Holzer den Öffentlich-Rechtlichen eine Mitschuld für die „Störung und teilweise Zerstörung der eigenen Markenidentität“ vor: Sponsorenplatzierungen wie beispielsweise beim sonntäglichen „Tatort“ verschleierten die „Urheberschaft von Qualitätsprodukten“.
Zumindest Letzteres wird es nach dem Beschluss der Ministerpräsidenten ab 2013 nicht mehr geben. Mit der Einführung der neuen Haushaltsabgabe müssen ARD und ZDF werktags nach 20 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen auf Sponsoring verzichten (Ausnahme: große Sportereignisse). Die weitergehende Forderung des Kirchhof-Gutachtens nach einem gänzlichen Verzicht auf Werbung und Sponsoring blieb einstweilen unerfüllt. Ein Einstieg in die völlige Werbeabstinenz von ARD und ZDF soll erst auf Basis des nächsten Berichts der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten) diskutiert werden. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten stehen dem Vorschlag eher reserviert gegenüber. Bislang fließt jährlich rund eine halbe Milliarde Euro an Werbegeldern in ihre Kassen. Bei einem Werbeverzicht müsste zwecks Kompensation die neue Haushaltsabgabe gleich um 1,42 Euro angehoben werden. Eine in Zeiten knapper Etats und Kaufkraftschwund der Bürger nur schwer vermittelbare Konsequenz.
Bringt das Modell der Haushaltsabgabe nun die Befreiung von allen bisherigen Problemen? Abschaffung der Gerätebezogenheit, Abschaffung der GEZ, uneingeschränkte Zahlungsbereitschaft verantwortungsbewusster Bürger? Holzer hat da so seine – begründeten – Zweifel. Das gehe schon los mit der Schwierigkeit, eine „abgabenrechtlich belastbare Identifikation“ des einzelnen Haushalts vorzunehmen. Mehrere Personen könnten zwar unter einer Adresse gemeldet sein, gleichzeitig aber zwei oder mehr Haushalte bilden. Personen unterschiedlichen Namens könnten dagegen sehr wohl in einem einzigen Haushalt leben und folglich nur eine Abgabe leisten wollen. Damit sei die Erwartung, die in der Bevölkerung unbeliebte GEZ werde überflüssig, zumindest sehr kühn. Offen bliebe auch, ob die neue Abgabe „von der Öffentlichkeit streit- und stressfrei angenommen“ werde. Eher sei das Gegenteil zu erwarten: der dann „erst noch aufzubauende gigantische Datenbestand“ bei der nun erst recht nötigen Gebühreneinzugszentrale wird „kaum datenschützerisch klaglos bleiben“. Diese Befürchtung hegt auch Tabea Rößner, die Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion. „Bei allem Beifall für einen Systemwechsel“ seien die Änderungen in Bezug auf den Datenschutz „katastrophal“. Sie fordert Nachbesserungen: „Auf keinen Fall dürfen mehr Daten als bisher erhoben werden.“

Als Zwangsgebühr tituliert

Die Medienreaktionen auf den Ministerpräsidentenbeschluss belegen denn auch, dass die Gegner einer allgemeinen Rundfunkgebühr nicht ruhig gestellt wurden. „Medienpolitische Kleinmütigkeit“ bescheinigte VPRT-Präsident Jürgen Doetz den Länderfürsten und geißelte ihren vermeintlichen „Kniefall zum 60. Geburtstag der ARD“ als „Armutszeugnis für die Medienpolitik“. Während den VPRT-Mann vor allem das nicht erfolgte totale Werbeverbot für die öffentlich-rechtliche Konkurrenz ärgerte, bliesen einige Medien gleich zum Sturm aufs Ganze. „GEZ-Zwangsgebühr für ARD/ZDF kommt“ titelte der Branchendienst Meedia und sprach dabei seiner Klientel in der Verlagsbranche wohl aus dem Herzen. Besonders drastisch erklang „Volkes Stimme“ in Forumsbeiträgen diverser Online-Medien. Von „DDR 2.0-Abzocke“ war da beispielsweise in faz.net die Rede, von Beschlüssen eines „Systems aus Mitläufern und inkompetenten Parteisoldaten“, von „staatlicher Willkür zum Wohle und zur Versorgung dieses riesigen geschmierten Lakaienapparates“. Gefolgt von einem Aufruf zum „Boykott der miesen Kost aus dem ÖR!“ Dass die medienpolitische Sprecherin der Linke-Bundestagsfraktion, Kathrin Senger-Schäfer, gegen die inakzeptable „Einführung einer sozial ungerechten Zwangsabgabe“ protestierte, belegt allenfalls mangelndes medienpolitisches Problembewusstsein. „Rundfunkgebühr soll nur der zahlen, der auch Rundfunk nutzt.“ Auch wenn im Grundsatz die Entscheidung pro Haushaltsabgabe gefallen ist: Die Einwände des Fundamentalkritikers Holzer sind nicht ohne Gewicht. Es bleibt zu hoffen, dass bei der konkreten Ausgestaltung des Abgabemodells der Teufel sich in nicht allzu vielen Details zeigt. Angesichts der Medienkonvergenz hält auch er es für sinnvoll, von der „Nur-Hörfunk-Gebühr“ Abstand zu nehmen und eine einheitliche Gebühr zu erheben. Das „Hauptproblem der Gebührenbeauftragten“ hätte sich durch eine Umkehr der Beweislast elegant entschärfen lassen. Ein minimaler Prozentsatz der Bevölkerung hätte somit „das Fehlen jedweden (!) Empfangsgerätes zu erklären“ gehabt. Demgegenüber berge das Modell der Haushaltsabgabe für die Rundfunkanstalten erhebliche Risiken. Die neue Zahl der Abgabepflichtigen sei – je nach Gestaltung der Tatbestände und der Befreiungsgründe im Staatsvertrag – variabel. Die vom Gesetzgeber angestrebte „Ertragsneutralität“ könne so nicht garantiert werden. „Erweisen zentrale Annahmen oder Hypothesen sich als Irrtum, so bricht das Ertragsvolumen dramatisch und vor allem schlagartig ein.“
Selbst wenn dieser Fall nicht eintritt: Die fetten Jahre für die öffentlich-rechtlichen Anstalten sind offenbar definitiv vorbei. In der ARD rechnet man damit, dass die Einnahmen in den kommenden zehn Jahren um bis zu 15 Prozent sinken (vgl. Boudgoust-Interview). Ein wichtiger Faktor sind dabei die steigenden Gebührenbefreiungen aus sozialen Gründen, die krisenbedingte Zunahme von Sozialhilfe- und Hartz-IV-Empfängern. In den letzten Monaten häuften sich die Hiobsbotschaften aus einzelnen Landesrundfunkanstalten, die allesamt düstere Zukunftsszenarien verheißen. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) muss nach eigenen Angaben bis 2016 rund 115 Millionen Euro sparen. Verantwortlich für die rückläufigen Erträge seien die anhaltende Abwanderung aus dem Sendegebiet sowie die steigende Befreiungsquote. Letztere habe sich von 6,6 Prozent 2003 auf inzwischen 13,1 Prozent nahezu verdoppelt.
Auch der Norddeutsche Rundfunk (NDR) beschloss unlängst ein Sparpaket in Höhe von rund 50 Millionen Euro bis 2012. Entstanden sei die Etatlücke unter anderem durch rückläufige Werbeerlöse und stagnierende Gebühreneinnahmen. Gleiches gilt für den Hessischen Rundfunk (HR), der sich bis Ende der aktuellen Gebührenperiode bis 2012 zu Streichungen in Höhe von 64 Millionen Euro genötigt sieht. Am dramatischsten erscheint die Situation beim Metropolensender Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), mit einer Ausfallquote von gut 15,5 Prozent einsamer Rekordhalter bei den Gebührenbefreiungen. Im kürzlich präsentierten Zwischenbericht der Strategiegruppe „Zukunft RBB“ finden sich ausdrücklich als „Denkmodelle“ charakterisierte Sparvorschläge, die in ihrer radikalsten Variante die Substanz des RBB-Programms bedrohen. Die „Minimalvariante“ klingt wie purer Horror: Kürzung der Zulieferungen zum ARD-Gemeinschaftsprogramm von 6,6 auf fünf Prozent, Reduktion des eigenproduzierten informationsorientierten Programms auf ein kleines Zeitfenster zwischen 18 und 20 Uhr, zugleich Verminderung der derzeit noch sechs Hörfunkprogramme auf drei „milieuorientierte“ Angebote.
Wie ein möglicher Interessenausgleich zwischen den einzelnen Landessender aussehen könnte, liegt einstweilen im Dunkeln. Nach der Entscheidung für einen Rundfunkbeitrag werde nun die ARD gebeten, bis zur Jahreskonferenz der Ministerpräsidenten 2011 „einen gemeinsamen Vorschlag zum Finanz- und Strukturausgleich zu unterbreiten“, so die dürre Ansage von Kurt Beck, Chef der Medienkommission der Länder. Die sattsam bekannten ARD-internen Egoismen liefern wenig Hoffnung auf solidarische Beschlüsse. Möglicherweise erlebt die Debatte über die Daseinsberechtigung kleiner Sender wie Radio Bremen oder Saarländischer Rundfunk eine Neuauflage. Dass gespart werden muss und kann, steht außer Frage. In der ARD dürften – im Verbund auch mit Deutschlandradio Kultur – Kooperationen verstärkt werden. Beim ZDF wird man sich fragen lassen müssen, ob etwa die Entsendung von 70 Medienmenschen zu einer Royalisten-Schmonzette wie der Hochzeit Victorias von Schweden vor dem Gebührenzahler wirklich zu rechtfertigen ist. Vielleicht standen die ZDF-Verantwortlichen bei dieser Operation noch unter dem Eindruck des „wegweisenden“ Beitrags von Kultur- und Medienstaatsminister Bernd Neumann zur Gebührendebatte. Neumann hatte im Bremer Weserkurier allen Ernstes vorgeschlagen, „die finanzielle Verteilung zwischen ARD und ZDF auch ein wenig nach den Zuschauerzahlen“ auszurichten, „also die Gebühren ein Stück weit kompetitiv“ zu machen.

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