Spekulationen beim Süddeutschen Verlag beendet
Ein dickes Minus von 73 Millionen Euro hat der Süddeutsche Verlag (SV) nach Branchenberichten im vergangenen Jahr eingefahren. Weil Wunder in Zeiten allgemein einbrechender Anzeigenerlöse nicht zu erwarten sind, begaben sich die Münchner deshalb auf Brautschau. Eine neue Gesellschafterin und vor allem die geforderte Mitgift sollen das Loch in der Kasse stopfen.
Am 7. Februar genehmigte das Kartellamt den Einstieg der Südwestdeutschen Medien Holding (SWMH) beim Süddeutschen Verlag. Die SWMH übernimmt damit einen Anteil von 18,75 Prozent an der SV-Mediengruppe, deren Flaggschiff die „Süddeutsche Zeitung“ ist. Genaue Zahlen wurden nicht bekannt gegeben, aber rund 150 Millionen Euro soll der SWMH der Einstieg wert sein, wie Insider berichten. SV-Geschäftsführer Hanwilli Jenke reagierte erleichtert: „Mit dieser schnellen Entscheidung des Kartellamts zu unserer sechsten Gesellschafterin sind alle Spekulationen der letzten Wochen vom Tisch. Wir können uns nun voll auf das laufende Restrukturierungsprogramm konzentrieren.“
Um den positiven Entscheid zu erhalten, hatte sich der Süddeutsche Verlag zuvor von der „Frankenpost“ in Hof und dem „Vogtlandanzeiger“ in Plauen trennen müssen. Denn dem aufmerksamen Blick der Kartellwächter war nicht entgangen, dass es zu einer Überschneidung im Bereich Vogtlandkreis, Plauen und Hof gekommen wäre. Indirekt ist auch die SWMH in der Region engagiert, deshalb musste der SV seine Beteiligungen aufgeben.
Als Käuferin für den „Vogtlandanzeiger“ und die „Frankenpost“ konnte die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG), das Medienunternehmen der SPD, gewonnen werden. Die DDVG war bereits an beiden Blättern mit 30 Prozent beteiligt und übernahm den 70-Prozent-Anteil des Süddeutschen Verlags. Im „Kress-Report“ konnten die Beschäftigten dann lesen, dass sie zwar verkauft, aber noch nicht im sicheren Hafen sind. DDVG- Geschäftsführer Jens Berendsen verkündete auf der Internet-Seite des Branchendienstes, dass sein Unternehmen die Mehrheit an den Blättern auf Dauer nicht halten wolle und „aus grundsätzlichen Erwägungen“ nach einem neuen Partner suche. Hintergrund dafür ist der Beschuss durch den politischen Gegner. Die beabsichtigte vollständige Übernahme der „Frankenpost“ zeige, dass die SPD ihre Medienbeteiligung noch weiter ausbauen will, behauptete Erwin Huber (CSU), Leiter der bayerischen Staatskanzlei, in einer Pressemitteilung: „Die zunehmende Konzentration publizistischer Macht in der Hand der SPD ist eine Gefahr für die politische Chancengleichheit und für die freie öffentliche Meinungsbildung. Davor warne ich ausdrücklich.“
Kein Einfluss auf die Redaktion
Diese Angst teilt Edith Frisch, Betriebsratsvorsitzende der „Frankenpost“ nicht: „Die SPD hat früher keinen Einfluss auf die Redaktion genommen, dies erwarten wir auch jetzt nicht.“ Allerdings sei unklar, wer die „Frankenpost“ und ihre hundertprozentige Tochter, den „Vogtlandanzeiger“, künftig übernehmen werde. Für Marco Penzel, Betriebsratsvorsitzender des „Vogtlandanzeigers“, ist diese Frage existenziell: „Wir sollten bereits eingestellt werden. In letzter Minute konnten wir dies verhindern.“ Der Betriebsrat war zur Rettung der Zeitung mit dem Hinweis, dass die Medienvielfalt der Region erhalten bleiben muss, an die SPD, aber auch an das Kartellamt herangetreten – mit Erfolg. Ob das Blatt nur eine Gnadenfrist erhalten oder die Chance auf eine Zukunft bekommen hat, bleibt abzuwarten. „Das SPD-Medienunternehmen will die Mehrheit nicht behalten und ist damit nur ein Verschiebebahnhof“, betont Marco Penzel. Der „Vogtlandanzeiger“ wurde erst direkt nach der Wende gegründet. „Auch heute arbeiten noch Redakteure bei uns, die damals an den Runden Tischen saßen. Die SPD wird diese Zeitung der Wende nicht einstellen“, ist er sich sicher. Allerdings seien die wirtschaftlichen Probleme nicht von der Hand zu weisen. Beim „Vogtlandanzeiger“ arbeiten 25 Redakteurinnen und Redakteure, die gebraucht würden, um die Region journalistisch abzudecken. Insgesamt habe das Blatt bei einer Auflage von rund 12.000 Exemplaren 35 Beschäftigte.
Situation an fünf Standorten völlig offen
Vor dem Kauf durch die DDVG hatte es Gespräche über einen neuen Haustarifvertrag gegeben. Zu diesem Zeitpunkt gehörten neben dem „Vogtlandanzeiger“ und der „Frankenpost“ auch noch das „Freie Wort“ / Suhl, die „Neue Presse“ / Coburg und die „Südthüringer Zeitung“ / Bad Salzungen zur Gruppe. Ursprünglich hatte die Geschäftsleitung aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage für alle fünf Zeitungen einen Haustarifvertrag abschließen wollen, der den Mitarbeitern einen Gehaltsverzicht von 20 Prozent abverlangte. „Dazu waren die Kollegen nicht bereit“, betont Cornelia Bauer, Betriebsratsvorsitzende vom „Freien Wort“. „Aber wie und mit wem wir jetzt weiter verhandeln, wissen wir noch nicht.“ Da nur die Mehrheit am „Vogtlandanzeiger“ und der „Frankenpost“ verkauft wurde, besitzt die DDVG am „Freien Wort“, aber auch an der „Neuen Presse“ und der „Südthüringer Zeitung“ weiterhin nur ein knappes Drittel. Auch für ver.di-Landesfachbereichsleiterin Christa Hasenmaile ist die Situation jetzt völlig offen: „Ob wir für die fünf Standorte nun noch einen gemeinsamen Haustarifvertrag abschließen können ist unklar.“