Neuer Betriebsrat mit virtueller „Wahlparty“

Betriebsratswahl in der "Neuen Westfälischen" - die Wahlkommission bei der Stimmauszählung
Foto: Joachim Uthmann

Bei der „Neuen Westfälischen“ (NW) in Bielefeld konnte erfolgreich ein neuer Betriebsrat etabliert werden. Die neun gewählten Kolleginnen und Kollegen vertreten die rund 300 Beschäftigten im NW-Verlag sowie die etwa 30 Mitarbeiter*innen bei OWL Digital und die der ähnlich großen neugegründeten „Redaktionsgemeinschaft der ostwestfälisch-lippischen Verlage“.  An dieser sind die „Neue Westfälische“ mit 68 Prozent, die „Lippische Landeszeitung“ mit 18 Prozent und das „Mindener Tageblatt“ mit 14 Prozent beteiligt.

Die Redaktionsgemeinschaft produziert überregionale und regionale Inhalte mit besonderer Relevanz für die Leser*innen in Ostwestfalen-Lippe. Die bislang bei der NW oder der OWL Digital beschäftigten Mantel-Redakteurinnen und -Redakteure wechselten im Rahmen eines Betriebsübergangs in die neue Redaktionsgemeinschaft.  „Natürlich hätten die beiden kleinen Firmen eigene Betriebsräte wählen können. Aber so haben wir erfolgreich eine Zersplitterung verhindert und sind gegenüber dem Arbeitgeber besser aufgestellt“, sagt Arno Ley, ver.di-Kollege und von Haus aus Lokalredakteur in Bielefeld, nun erneut freigestellter Betriebsratsvorsitzender.

Erfolgreich konnten bisher vom Betriebsrat schützende Bestimmungen für die Kolleg*innen der Redaktionsgemeinschaft verteidigt und diese auch für OWL Digital durchgesetzt werden – ohne juristische Auseinandersetzungen. Offen geblieben ist letztlich die Forderung des Betriebsrates nach einer Tarifbindung von OWL Digital und der Redaktionsgemeinschaft.

Erste Betriebsratssitzung in der „Neuen Westfälischen“ in Bielefeld während der Cororonakrise Foto: Arno Ley

„Es war sicherlich die ungewöhnlichste Betriebsratswahl, die wir in diesem Hause bisher hatten“, erzählt Ley, der genauso wie seine BR-Kolleg*innen „stolz und zufrieden ist“ nun alles in trockenen Tüchern zu haben. Die klare Struktur und die spürbare Zufriedenheit der Belegschaft mit dem Kompromiss hätten es auch möglich gemacht, auf die Herausforderungen der Corona-Bedrohung zu reagieren und frühzeitig eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit abzuschließen.

Trotz der erschwerten Bedingungen durch die Corona-Gefahr lag die Beteiligung von 78,7 Prozent der Wahlberechtigten höher als bei allen früheren Betriebsratswahlen im NW-Verlag in den vergangenen 30 Jahren.

Die 21 Kandidatinnen und Kandidaten konnten sich über Microsoft Teams zu einer virtuellen „Wahlparty“ zuschalten und den ordnungsgemäßen Ablauf der Auszählung durch den Wahlausschuss beobachten. Im neu gewählten ver.di/dju dominierten Gremium sind vier Redakteur*innen vertreten. Inhaltlich will der neue Betriebsrat der Linie seines Vorgängers beim NW-Verlag treu bleiben: „Wir sind nicht ängstlich im Formulieren unserer Ziele, achten aber darauf den Gesprächspartner auf der anderen Seite nicht zu verlieren“, so Ley. Die „Neue Westfälische“ ist zu 100 Prozent im Besitz der sozialdemokratischen Medienholding ddvg.

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rechte Gratiszeitungen machen Meinung

In Ostdeutschland verbreiten kostenlose Anzeigenblätter zunehmend rechte Narrative – etwa der Hauke-Verlag in Brandenburg. Unter dem Deckmantel von Lokaljournalismus mischen sich Werbung, Verschwörungserzählungen und AfD-Propaganda. Möglich wird das auch wegen der Krise des Lokaljournalismus: Wo es kaum noch Medienvielfalt gibt, füllen rechte Angebote die Lücken.
mehr »

dju: Kritik an Anti-SLAPP-Entwurf

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert Nachbesserungen am Referentenentwurf für ein Anti-SLAPP-Gesetz. Mit dem Gesetz soll das Problem der strategischen Einschüchterungsklagen gegen kritische Berichte von Journalist*innen, Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen eingedämmt werden. Die dju kritisiert die im Entwurf bestehenden juristischen Schlupflöcher.
mehr »

Filmtipp: Wilma will mehr

Das Nachwende-Drama mit Fritzi Haberlandt als Kraftwerkselektrikerin aus dem Lausitzer Braunkohlerevier, die nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes die Flucht nach vorn antritt, ist ähnlich wie der einstige DDR-Bestseller „Guten Morgen, du Schöne" eine Verbeugung vor der Freiheitsenergie ostdeutscher Frauen.
mehr »

dju: Palantir nicht mit EU-Recht vereinbar

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di hält den Einsatz der Analysesoftware Palantir durch die Polizei für nicht mit EU-Recht vereinbar. Hintergrund ist die Ankündigung von Innenminister Dobrindt, einen flächendeckenden Einsatz von Palantir prüfen zu lassen. Baden-Württemberg hat als inzwischen viertes Bundesland den Weg zum Einsatz der Analysesoftware durch seine Landespolizei freigemacht.
mehr »