Rendite statt Recherche?

Wut über Entlassungen bei der Süddeutschen Zeitung

Mit einer ziemlichen Wut versammelten sich am 9. März rund 400 Angestellte der Süddeutschen Zeitung im neuen Verlagshochhaus in München-Steinhausen. Der Umzug in diesen Ortsteil war bei den Mitarbeitern nie beliebt, die Redaktion beklagte ganz offen die verlorene Nähe zur (Stadt)Politik, die früher in der quirligen Sendlinger Straße gegeben war. Nun ging es um neun Kündigungen von Redaktionsekretärinnen in den Regionalredaktionen, sowie die angekündigte Entlassung von 14 Redakteuren, auch meist aus den Regionalredaktionen in Erding, Fürstenfeldbruck oder anderen Orten rund um München.
2009 sei ein schlechtes Jahr gewesen, beklagte die Geschäftsleitung, erstmals sei der Erlös aus dem Vertrieb höher gewesen als aus dem Anzeigengeschäft. Trotzdem ist die Süddeutsche Zeitung mit einem Auflagenwachstum von 3,9 Prozent nach wie vor die größte deutsche Tageszeitung. Allerdings hat sie mit der Südwestdeutschen Medienholding SWMH inzwischen einen Besitzer, der sich mehr für eine Rendite von möglichst über 20 Prozent interessiert, als für eine international anerkannte Qualitätszeitung. Auch Ermahnungen aus der Chefredaktion und von Seiten der Leitenden Redakteure, die 2011 ein Mitspracherecht haben werden, wenn der gegenwärtige Chefredakteur Hans Werner Kilz aufhört, scheinen nicht zu fruchten.
Die Redakteure beraten über solidarische Modelle wie Arbeitszeitverteilung, damit Entlassungen nicht Wirklichkeit werden. Sie fragen allerdings auch nach den Rücklagen, die eine so profitable Zeitung wie die Süddeutsche eigentlich haben müsste. Karl-Heinz Kaschel-Arnold, Mediensekretär in Bayern, schätzt, dass mit den geplanten Entlassungen seit einem Jahr rund 100 Stellen bei der Süddeutschen Zeitung weggefallen sind oder zur Disposition stehen. „Die Geschäftsführung begeht Selbstmord aus Angst vor dem Tod“, so Kaschel-Arnold. Er sieht eine schlechte Entwicklung aber nicht nur bei der SZ, wo Rendite vor Recherche geht, sondern insgesamt. „Qualität erhalten, Arbeitsplätze behalten“ heißt deshalb die Postkartenaktion, die gestartet wurde.

Weitere aktuelle Beiträge

Berichten über LSBTIQ-Themen

Wenn queere Menschen (Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie trans und inter Menschen) Beiträge über sich in Zeitungen lesen oder im Fernsehen gucken, kommen sie manchmal aus dem Staunen nicht heraus. Egal ob Boulevard, Qualitätspresse oder Nachrichtenagenturen: Regelmäßig gibt es Schlagzeilen über das „Homosexuellen-Milieu“ und ungelenke Formulierungen wie „Homosexuelle und Lesben“ oder „bekennende Bisexuelle“ und „Menschen im falschen Körper“. Ein kollegialer Leitfaden zeigt, wie es besser geht.
mehr »

Wie ähnlich ist presseähnlich?

Der Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), Ralf Ludwig, erwartet, dass es für die öffentlich-rechtlichen Sender künftig schwerer werde, insbesondere jüngere Zielgruppen online zu erreichen. Grund dafür sei die „Schärfung des sogenannten Verbots der Presseähnlichkeit“, sagte Ludwig Ende Mai im Medienausschuss des sächsischen Landtags.
mehr »

ARD-Nachrichtentag: Mehr Transparenz

Nachrichten sind das Herz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sie sollen gut recherchiert und aufbereitet sein, sollen verständlich Ereignisse vermitteln und einordnen. Beim ARD-Nachrichtentag am 5. Juni gab es einen offenen Einblick, wie das eigentlich geschieht. Teilnehmende bekommen Einblicke in den journalistischen Alltag und erfahren den Wert unabhängiger Nachrichten in Hörfunk, Fernsehen und Social Media.
mehr »

Altersversorgung für Filmschaffende

Zusammen mit der Schauspielgewerkschaft BFFS und dem Tarifpartner Produktionsallianz hat ver.di einen Tarifvertrag für eine branchenweite betriebliche Altersversorgung für Filmschaffende in Film- und Serienproduktionen abgeschlossen. Für die etwa 25.000 auf Projektdauer beschäftigten Film- und Fernsehschaffenden vor und hinter der Kamera wird die neue tarifliche Altersvorsorge ab Juli 2025 starten.
mehr »