Trotz Wirtschaftsflaute im Aufwind

Bertelsmann weiter auf Expansionskurs mit zwei Milliarden Euro in der Kasse

Deutschlands größter Medienkonzern Bertelsmann sieht sich trotz anhaltender Wirtschaftsflaute im Aufwind. „Wir geben wieder richtig Gas“, so Vorstandchef Gunter Thielen Ende März in Berlin.

Der Konzernumsatz sank – vor allem währungsbedingt – um 8.3 Prozent auf 16,8 Milliarden Euro, das operative Ergebnis dagegen zog um 20 Prozent auf 1,12 Milliarden Euro an. Die Zahl der Beschäftigten verringerte sich bis Ende 2003 um neun Prozent auf gut 73.000 – hauptsächlich in Folge des Verkaufs der Fachverlagsgruppe Bertelsmann Springer.

„Bertelsmann ist wieder auf Spur“, beschreibt Bertelsmann-Finanzchef Siegfried Luther kurz und bündig die aktuelle Situation des Gütersloher Konzerns. Rückbesinnung aufs Kerngeschäft – so heißt die Devise seit dem wenig ruhmreichen Abgang des früheren Vorstandschefs Thomas Middelhoff vor zwei Jahren. Sein Nachfolger Gunter Thielen hält nichts von Internet-Abenteuern, sondern steht für solides Wirtschaften. „Alle unsere sechs Divisions sind wieder profitabel“, verkündete er stolz. Allerdings mit graduell unterschiedlichem Erfolg. Größter und rentabelster Umsatzträger bleibt weiterhin die RTL Group. Die Buchverlagsgruppe Random House behauptet sich – trotz harter Zeiten in der Verlagsbranche. Gruner + Jahr hat es selbst im Flautenjahr 2003 geschafft, weltweit an die 20 neue Zeitschriftentitel auf den Markt zu werfen. An der Strategie, sich in Deutschland aus dem Regionalzeitungsgeschäft zurück zu ziehen, hält die Gruppe fest. Auch das Erscheinen einer Sonntagsausgabe der „Sächsischen Zeitung“ stehe dazu nicht im Widerspruch, findet G+J-Vorstandschef Bernd Kundrun. „Solange ein Titel bei uns im Portfolio ist“, so Kundrun, „kriegt er alle Chancen der Weiterentwicklung, wenn sie denn Sinn machen“.

Besonders zufrieden sind die Bertelsmänner mit dem vergleichsweise guten Abschneiden der Direkt Group, in der die Musik- und Buchklubgeschäfte zusammengefasst sind. Nach hohen Verlusten im Vorjahr konnte hier 2003 erstmals wieder ein kleines Plus erreicht werden.

Nach dem Rückkauf von Anteilen der „Zeit“-Stiftung verfügen die Bertelsmann-Stiftung und die Familie Mohn wieder über 75 Prozent der Stimmanteile. Das restliche Viertel hält die GBL. Deren Anteile sollen an die Börse gebracht werden – allerdings nicht vor 2006. Für die nächsten drei Jahre haben die Gütersloher sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Mehr Umsatz, mehr Gewinn, Expansion in neuen Märkten. RTL zieht es vor allem nach Osteuropa. Und in Indien und China lockt das massenattraktive Geschäft mit den Buch- und Musikklubs. Satte zwei Milliarden Euro stecken in der Kriegskasse des Konzerns und wollen in Aufkäufe oder Neugründungen investiert werden.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

„Das Problem mit der Leidenschaft“

Lena Hipp ist Professorin für Soziologie an der Universität Potsdam und leitet die Forschungsgruppe „Arbeit und Fürsorge“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Mit M sprach sie über „Gute Arbeit“, Stressoren im Journalismus und weshalb die Trennung von Arbeit und Privatleben für Medienschaffende so wichtig ist.
mehr »

Fünfter Streik beim Bundesanzeiger

Mit rund 130 Millionen Euro Jahresumsatz und einer stattlichen Gewinnmarge von 18 bis 20 Millionen Euro ist der Bundesanzeiger Verlag die Cash Cow der DuMont Verlagsgruppe. Doch der Verlag verweigert Tarifverhandlungen. Dabei, so formuliert es Bundesanzeiger-Betriebsrat Gerhard Treinen, befindet sich ein großer Teil der rund 560 Beschäftigten und der bis zu 280 Leiharbeitenden in prekären Arbeitsverhältnissen. Daher hat ver.di jetzt zum fünften Mal in diesem Jahr zu einem Warnstreik aufgerufen. Rund 100 Streikende hatten sich dann auch vor dem DuMont Gebäude in Köln versammelt und verliehen ihrem Unmut hörbar Ausdruck als sie „Tarifvertrag jetzt“ skandierten. „Ich habe…
mehr »

Die Verantwortung der Redaktionen

Auf die mentale Gesundheit zu achten, ist keine individuelle Aufgabe. Auch Arbeitgeber*innen können und sollten etwas für psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter*innen tun. Wie funktioniert das in einer Branche, die so geprägt ist von Zeit und Leistungsdruck und belastenden Inhalten wie der Journalismus? Wir haben uns in zwei Redaktionen umgehört, die sich dazu Gedanken gemacht haben: das Magazin Neue Narrative und der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (SHZ).
mehr »

Gewalterfahrung im Lokaljournalismus

In Deutschland hat sich die Zahl der gewalttätigen Übergriffe auf Journalist*innen deutlich erhöht. Viele der Übergriffe finden am Rande von Demonstrationen statt. Der Thüringer Journalist Fabian Klaus recherchiert zu Rechtsextremismus und wird deshalb bedroht. Mit M sprach er über zunehmende Bedrohungslagen im Lokaljournalismus und die Unterstützung aus den Redaktionen.
mehr »