Smarte Lautsprecher wie Amazon Echo, Google Home oder Apples Homepod verändern nicht nur Internet und Mediennutzung, sie nehmen auch Einfluss darauf, wie wir miteinander sprechen. Auf den Medientagen Mitteldeutschland in Leipzig wurden Beispiele gezeigt, wie Alexa nicht nur von uns lernt, sondern auch unsere Umfangsformen beeinflusst. Und, was uns bevorsteht, wenn bisher gesammelte Daten künftig miteinander verknüpft werden.
„Kinder, die in Alexa-Haushalten groß werden, werden immer unfreundlicher“. So hätten es die Eltern in Alexa-Haushalten beobachtet, sagt Marco Maas, Gründer und Geschäftsführer der Thinktank-Firma Datenfreunde GmbH. Früh schon hätten Kinder gelernt, mit einer Alexa ruppig umzugehen. Nicht, weil es in diesen Haushalten an guter Kinderstube und Erziehung fehle, sondern weil das System so funktioniere. Deutliche Sprachbefehle statt Bitte und Danke. Wünsche sind bei Amazon Echo oder Google Home am effektivsten und werden schnell verstanden, wenn sie kurz und knapp sind.
Amazon hat diesen Graben inzwischen erkannt und reagiert. Ein „Kinderfreundlichkeitsmodus“ wurde entwickelt, der darauf achtet, dass man mit dem Gerät so spricht, wie man auch mit Mama und Papa sprechen würde, bittet und dankt und Höflichkeitsformen einbaut. Alexa reagiert nun auf „könntest“, „möchtest“ und „würdest“ – oder besser gesagt, auf die englischen Pendants der Konjunktive. Denn derzeit sind diese Tools nur in den USA im Einsatz und werden dort getestet. Erste Learnings für die Nutzer dort: Nur bei nett formulierten Fragen gibt das Gerät auch tatsächlich eine Antwort. „Ansonsten mahnt Alexa, dass man doch freundlicher sein muss oder tatsächlich, dass der Befehl auch einmal nicht befolgt wird, so dass das Kind dann erkennen kann: Freundlichkeit setzt sich durch“, so Maas.
In Deutschland und für Erwachsene überhaupt sieht die Lage ein wenig anders aus. Wenn man will, dass Alexa das tut, was man von ihr möchte, dann muss man sich vorher genau überlegen, was man sagt, muss es deutlich artikuliert auf den Punkt bringen. „Das sind ja wirklich Kommandos, die man ruft: ‚Alexa, dimme das Licht auf 60 Prozent!‘ Das ist jetzt nicht irgendwie, wie ich meinen Freund bitten würde, das Licht ein bisschen runter zu dimmen“, sagt Laura Terberl, Leiterin des Audio-Ressorts der Süddeutschen Zeitung. „Da würde ich sagen, ‚Schatz, könntest Du vielleicht noch mal ein bisschen an dem Dimmer drehen?'“
„Schatz“ und „Alexa“. Der eine ein Mensch, der/die/das andere ein Gerät. Noch erhalten beide, abgesehen vom US-Kindermarkt, eine unterschiedliche Ansprache, daran haben sich die meisten User mittlerweile gewöhnt. Doch die Kommunikation könnte sich auch hier verändern: „Wir übertragen zunehmend unseren Sprachduktus gegenüber Alexa zurück in die menschliche Welt“, erklärt Marco Maas von Datenfreunde.
Perspektivisch werde das nicht ohne Folgen bleiben, ist Maas sicher. „Ich bin überzeugt, dass die Alexas dieser Welt mehr Sensoren bekommen werden, die auch verstehen, in welchem Umfeld man sich bewegt.“ Soll heißen, dass auch Räume erkannt werden, in denen man sich gerade befindet oder sich bewegt, ob Schlafzimmer oder Küche, ob man zu Fuß, auf dem Rad oder in der Bahn unterwegs sei. Wer z.B. weitere Produkte wie entsprechende Kopfhörer oder Fitnessarmbänder trage, lasse sich auf diese Erhebungen ein. Die Sensorik zeichne das heute schon auf, so Maas, allein die Daten würden noch nicht verknüpft und ausgewertet.
Selbst persönliche Befindlichkeiten können erkannt werden – ob der Nutzer zornig oder fröhlich, müde oder ausgeschlafen sei. Das sei alles biochemisch messbar und die neuen Geräte könnten sich in ihrer Ansprache dem Nutzer gegenüber anpassen. In nicht allzu ferner Zukunft bedeute das neue Einsatzgebiete und neue Verhaltensweisen der Geräte den Menschen gegenüber, die wir heute noch „smart speaker“ nennen. Denn künftig werden diese auch in der Lage sein, pro-aktiv zu reagieren, Dinge ungefragt anzubieten und, sollten Alexa & Co dieser Meinung sein, auch gegenzusteuern.
Der aktuelle Zustand, „Alexa mache dies, Alexa sag mir das“, werde verschwinden, so Maas. Künftig würden diese Geräte aufmerksam „wie ein guter Partner“ sein, der vorhersehen könne, was man gerade benötige.
Auch auf dem deutschsprachigen Markt werden neue Möglichkeiten offenbar bereits getestet. „Einmal hat Alexa einfach angefangen, irgendeinen Artikel vorzulesen. Ich glaube, sie hat mir was zu Quallen erzählt. Es war wirklich ohne Kontext, sehr mysteriös“, berichtet Laura Terberl. „Ich hab‘ dann mal gegoogelt, ‚Alexa sagt komische Sachen‘, hab‘ da nicht so viel gefunden dazu. Also, es sind ganz neue Dinge, die sich da auftun mit einem Smartspeaker im Haus.“
Nur, verändern Sprachbefehle wirklich die Art und Weise, wie auch Menschen untereinander im realen Leben miteinander umgehen? Nein, glaubt – und hofft – Laura Terberl von der SZ. „Ich denke nicht, dass die Smartspeaker dauerhaft verändern, wie wir sprechen. Weil die Art, wie ich spreche, habe ich einfach schon sehr viel länger gelernt. Die meiste Zeit des Tages, 95 Prozent meiner Zeit, unterhalte ich mich ja mit echten Menschen, fünf Prozent vielleicht mit Smartspeakern. Das ist einfach viel zu wenig, um einen dauerhaften Effekt zu haben“, so Terberl.