Das rechte Magazin „Compact“ darf vorerst weiter erscheinen. Nachdem das Bundesinnenministerium im Juni ein Verbot verfügt hatte, gab das Bundesverwaltungsgericht zwei Monate später einem Eilantrag des Unternehmens statt, das das Magazin herausgibt (BVerwG, Beschluss vom 14. August 2024 – BVerwG 6 VR 1.24). Dennoch ist der Beschluss kein Freifahrschein, denn das Gericht hat einem Verbot rechter Medien nicht grundsätzlich eine Absage erteilt.
Meinung
Eine Vereinigung kann erst dann verboten werden, wenn ihre Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderläuft oder sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet. Die verfassungswidrigen Aktivitäten müssen dabei für das Medium derart prägend sein, dass mildere Maßnahmen nicht mehr effektiv sind. Es genügt also nicht, wenn einzelne Beiträge strafrechtlich relevant sind oder die Menschenwürde angreifen. Die Behörden haben eine Reihe an Möglichkeiten, um gegen Rechtsverstöße vorzugehen. Das Bundesverwaltungsgericht nennt in seinem Beschluss ausdrücklich „presse- und medienrechtliche Maßnahmen, Veranstaltungsverbote, orts- und veranstaltungsbezogene Äußerungsverbote sowie Einschränkungen und Verbote von Versammlungen“.
Dass zunächst versucht werden muss, ein Medium durch Maßnahmen unterhalb des Verbots zur Einhaltung der Gesetze anzuhalten, ist der Meinungs- und Pressefreiheit geschuldet. Denn die weitreichenden Folgen eines Verbots, darunter die Einziehung des Vermögens, wirken sich auch auf die Äußerungen aus, die rechtlich zulässig sind. Das Bundesinnenministerium muss daher im Vorfeld sorgfältig dokumentieren, in welchem Umfang das Medium verfassungswidrige Inhalte verbreitet und wie es auf behördliche Maßnahmen reagiert hat.
Kämpferisch-aggressive Haltung attestiert
Im Falle von „Compact“ erkannte das Bundesverwaltungsgericht bei einzelnen Beiträgen durchaus Anhaltspunkte für eine Verletzung der Menschenwürde. Bei diesen gehe es „sowohl um eine demütigende Ungleichbehandlung deutscher Staatsangehöriger mit Migrationshintergrund gegenüber denjenigen ohne Migrationshintergrund als auch darum, den Erstgenannten lediglich einen rechtlich abgewerteten Status zuzubilligen.“ In diesem Zusammenhang verwies das Gericht auf das von „Compact“ vielfach thematisierte „Regmigrationskonzept“, das auf eine Rechtsverweigerung für einen Teil der deutschen Staatsangehörigen aus sei.
Nach Auffassung des Gerichts spreche auch „viel dafür“, dass das Magazin mit seiner Rhetorik in zahlreichen Beiträgen eine „kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber elementaren Verfassungsgrundsätzen“ einnehme. Einerseits verwende das Magazin wiederholt emotionale Formulierungen, wonach die „Volksgemeinschaft“ in ihrer Existenz bedroht sei („Asyl-Bombe“, „Tsunami“, „Flut“, „Invasion“), andererseits werde die Notwendigkeit für einen Widerstand gegen eine angeblich gezielte „Umvolkung“ gegen das „Regime“, das „System“ bzw. die „Volksfeinde“ betont.
Zweifel hat das Gericht jedoch daran, ob diese Aussagen derart prägend sind, dass ein Verbot gegenüber milderen Maßnahmen verhältnismäßig ist. Dies lasse sich „derzeit nicht abschließend beurteilen“. In Bezug auf das Magazin ergebe sich kein eindeutiges Bild, da neben verfassungswidrigen Inhalten auch andere Schwerpunkte gesetzt würden. Über das Magazin hinausgehende Publikationen lägen dem Gericht nur vereinzelt bzw. in Auszügen vor.
Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Entscheidung im Eilverfahren ergangen ist. Sie gilt also nur vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache. Und bis dahin kann das Bundesinnenministerium noch nachlegen.
Folgen der Entscheidung
In einer Demokratie sind Medienverbote selten – und das aus gutem Grund. Die Behörden müssen das Tatsachenmaterial für ein Verbotsverfahren sorgfältig zusammenstellen und ihr Vorgehen sorgfältig abwägen. Ein Verbot können sie nur dann aussprechen, wenn andere Maßnahmen keinen Erfolg versprechen. Das mag nicht bequem sein, aber Grundrechte sind nun einmal auch nicht dafür da, es dem Staat leicht zu machen. Das Grundgesetz garantiert die Meinungs- und Pressefreiheit nicht nur auf dem Papier. Zu Recht legt die Justiz bei Verbotsverfahren einen strengen Maßstab an. Abzuwarten bleibt, ob „Compact“ auch im Klageverfahren erfolgreich sein wird. Unabhängig davon gilt ohnehin, dass sich Demokrat*innen nicht auf Verbotsverfahren verlassen, sondern aktiv gegen Rechts engagieren sollten. Anlässe dafür gibt es (leider) mehr als genug.