Einen „innovativen Zeitungsverleger“ habe man geehrt, teilt die „Internationale Martin Luther Stiftung“ aus Erfurt mit. Am 10. November 2011, an Luthers 528. Geburtstag, erhielt Dr. Dirk Ippen, Verleger unter anderem des Münchener Merkurs und – direkt oder indirekt – mehrerer hessischer Tageszeitungen, in Berlin die „Luther-Rose 2011 für gesellschaftliche Verantwortung und Unternehmercourage“.
In Ippen ehre man eine Persönlichkeit, die – wie es im Text zur Preisverleihung heißt – „in beispielgebender Weise mit ihrem Leben und beruflichen Wirken die reformatorische Tradition von Freiheit und Verantwortung für das Gemeinwohl eingesetzt“ hat. Die 4. Luther-Konferenz zur Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft stand – mit Bezug auf das aktuelle Themenjahr der Lutherdekade unter der Überschrift: In der Freiheit eines Christenmenschen Unternehmercourage leben.
Falls die Stiftung mit der „Unternehmercourage“ insbesondere Ippens Beiträge zur Zerstörung des Flächentarifvertrags ehren wollte, dann hat er auf jeden Fall den Preis verdient. In Hessen ist die Ippen-Gruppe mit sämtlichen Zeitungstiteln aus den Tarifen ausgestiegen. Bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen, der Hersfelder Zeitung und bei der Offenbach Post hat sich der Christenmensch Ippen die Freiheit genommen, den Beschäftigten statt Tarifen Einzelverträge vorzulegen, die zum Beispiel in Offenbach den Angestellten und Arbeitern seit dem 1. Oktober fünf Stunden unbezahlte Mehrarbeit abverlangen. In Bad Hersfeld und in Kassel werden Redakteurinnen und Redakteure und Volontärinnen und Volontäre bereits seit längerem nur noch mit untertariflichen Bedingungen eingestellt. Handeln so ehrbare Kaufleute? Als solchen hat in seiner Laudatio John C. Kornblum, Vorstandsmitglied der Luther-Stiftung, den Ausgezeichneten geehrt: Die „norddeutsche Festigkeit, die Prinzipientreue des Protestanten und die daraus erwachsenden Werte eines ehrbaren Kaufmanns“ bildeten „die Fundamente seines Schaffens“. Preisträger Ippen selbst verwies auf „Verantwortung aus christlicher Gebundenheit“ und darauf, dass es zum Unternehmerdasein gehöre, sich selber zu kennen, und auch die eigenen Fehler nicht zu verschweigen. Auch dies sei ein Kennzeichen der „Freiheit eines Christenmenschen.“
Die Berufung der Preisverleiher auf Luther ist letztlich wohl kein Missverständnis. Luther übernahm in seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ auch Auffassungen des Paulus aus dessen 1. Brief an die Korinther. Darin rät Paulus den Sklaven dazu, sich nicht gegen ihre christlichen Herren zur Wehr zu setzen (I Korinther 7, 21–24).