DuMont – Die Folgen

Läßt man das persönliche Schicksal von Hartmut Schergel außer acht, dann kann man eigentlich nur zu dem Schluß kommen: Einen größeren Gefallen hätte Alfred Neven DuMont dem deutschen Journalismus nicht tun können. Der mehr oder weniger erlahmten Diskussion um Redaktionsstatuten, Zensur, Selbstbeschneidung, vorauseilenden Gehorsam, Pressefreiheit und Verlegerinteressen hat er neuen Wind gegeben.Aus dem Haus DuMont, das offenbar kein Einzelfall ist, ist weit mehr bekannt geworden, als dem Verleger recht sein dürfte. So gibt es zwar keine offizielle schwarze Themen-Listen, doch wisse man eben um die Vorlieben und Abneigungen der Familie DuMont: „Diese Liste gibt es zwar nicht auf Papier, sie ist aber doch in unseren Köpfen“, ist von Redakteuren des Hauses DuMont zu hören.

Was in Köln durch Grobschlächtigkeit des Verlegers Neven DuMont ans Tageslicht gekommen ist, findet sicher auch Parallelen in anderen Redaktionen.Daß unter solchen Umständen die Verlegerlaune zum Rahmen für die Pressefreiheit wird und Journalismus in Zukunft bedeutet, erst einmal Rücksicht auf wirtschaftliche und persönliche Interessen des Verlegers zu nehmen, läßt sich weder gesellschaftlich noch vom Berufsverständnis her tragen. Auch daß Menschen Angst um ihren Arbeitsplatz haben, ist verständlich. Doch wenn alle kneifen, fliegt der nächste noch schneller, wahrscheinlich aus einem viel banaleren Grund als Hartmut Schergel.Wenn sich da in den Redaktionen nichts tut, verkommt Journalismus zur Hofberichterstattung: Jedem Fürsten seine Zeitung und seine leibeigenen Schreiberlinge.

 

 

Weitere aktuelle Beiträge

Smart-Genossenschaft für Selbstständige

Smart klingt nicht nur schlau, sondern ist es auch. Die solidarökonomische Genossenschaft mit Sitz in Berlin hat seit ihrer Gründung im Jahr 2015 vielen selbstständig Tätigen eine bessere und stärkere soziale Absicherung verschafft – genau der Bereich, der bei aller Flexibilität und Selbstbestimmtheit, die das selbstständige Arbeiten mit sich bringt, viel zu oft hinten runterfällt.
mehr »

Medienkompetenz: Von Finnland lernen

Finnland ist besonders gut darin, seine Bevölkerung gegen Desinformation und Fake News zu wappnen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Schulen, aber die Strategie des Landes geht weit über den Unterricht hinaus. Denn Medienbildung ist in Finnland eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auf vielen Ebenen in den Alltag integriert ist und alle Altersgruppen anspricht. Politiker*innen in Deutschland fordern, sich daran ein Beispiel zu nehmen. Kann das gelingen?
mehr »

Beim Tatort selbst ermitteln

Ein Zocker sei er nicht. So sagte es Kai Gniffke, Intendant des Südwestrundfunks (SWR), als er im August vorigen Jahres auf der Gamescom in Köln zu Gast war. Am ARD-Stand hat sich der damalige Vorsitzende des Senderverbunds dennoch zum Zocken eingefunden, zu sehen auch im Stream auf der Gaming-Plattform Twitch. Erstmals hatte die ARD einen eigenen Auftritt auf der weltweit größten Messe für Computer- und Videospiele – ein deutliches Signal, dass die ARD auch auf Games setzt. Und das hat maßgeblich mit dem SWR zu tun.
mehr »

Im Fokus: Justiz und Rechtspopulisten

Ein mildes Urteil ist es tatsächlich geworden: David Bendels, Chefredakteur des AfD-nahen „Deutschland-Kuriers“, ist am Montag vom Amtsgericht Bamberg zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Er soll die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit einem Post auf dem Kanal des „Deutschland-Kuriers“ der Plattform X verunglimpft haben. Faeser war mit einem Schild vor dem Körper zu sehen, auf dem steht: „Ich hasse die Meinungsfreiheit.“
mehr »