Künast mit Teilerfolg gegen Hate Speech

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Renate Künast hat nun einen weiteren Sieg im Streit gegen Hate Speech errungen. Noch im September hatte das Berliner Landgericht entschieden, dass gegen sie gerichtete Online-Kommentare wie „Drecks Schwein“, „Schlampe“ und noch Drastischeres keine Beleidigungen seien. Jetzt revidierte das die höhere Instanz und bewertete sie teilweise als Schmähungen.

Das Berliner Landgericht fand in erster Instanz, dass die Kommentare Meinungsäußerungen seien und das Künast die Beschimpfungen hinnehmen müsse. Der Beschluss sorgte deutschlandweit für Kritik. In einem sogenannten Abhilfebeschluss hatte das Landgericht im Januar dann zumindest sechs der beanstandeten Kommentare als beleidigend eingestuft. Nun hat das Berliner Kammergericht die ursprüngliche Entscheidung des Landgerichts weitgehend revidiert:

„Sechs von sechzehn der jetzt noch mit der Beschwerde zu prüfenden Kommentare erfüllten nach Ansicht der Richter des 10. Zivilsenates ungeachtet der strengen Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an Eingriffe in das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung stelle, den strafrechtlichen Beleidigungstatbestand“, heißt es aus dem Kammergericht. Diese sechs Äußerungen wiesen „einen so massiven diffamierenden Gehalt auf, dass sie sich als Schmähkritik bzw. die dem gleichgestellte Formalbeleidigung“ einordnen ließen. Darunter sind besonders sexistische Beschimpfungen, ein Facebook-Nutzer hatte etwa geschrieben: „Knatter sie doch mal einer so richtig durch, bis sie wieder normal wird.“

Künast hatte gegen insgesamt 22 Kommentare geklagt. „Solange aber Beleidigungen und Androhungen im Netz gezielt stattfinden, werden ich und andere weiter klagen. Ziel muss es doch sein, dass auch das Recht im digitalen Zeitalter ankommt“, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“ nach der aktuellen Gerichtsentscheidung.

Ob die Nutzer hinter den beleidigenden Facebook-Posts bestraft werden, ist allerdings weiter unklar. Künast will mit der Klage erreichen, dass es Facebook nach dem Telemediengesetz erlaubt wird, unter anderem die IP-Adresse der Nutzer herauszugeben. Mit dieser IP-Adresse kann durch eine Abfrage bei Internet-Anbietern wie der Telekom eine Wohnadresse und der bürgerliche Name eines Nutzers ermittelt werden. Nun kommt es also darauf an, ob Facebook und die Internet-Anbieter die entsprechenden Nutzerdaten weitergeben. Nach der Einführung des Maßnahmenpakets gegen Hasskriminalität, das in den nächsten Monaten beschlossen werden soll, wäre dieser komplizierte Weg in vielen Fällen nicht mehr notwendig. Denn die Bundesregierung will Social-Media-Unternehmen wie Facebook verpflichten, Daten von Nutzern an das BKA weiterzuleiten, wenn sie möglicherweise Strafbares gepostet haben.

 

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