Leipzig muss Reporter besser schützen

Foto: fotolia

Wie der Welt-Blog investigativ.welt.de berichtet, hat das Verwaltungsgericht (VG) Leipzig Anfang November in einem Beschluss die Stadt Leipzig dazu verpflichtet, im Melderegister eine Auskunftssperre für die Adressdaten eines Investigativreporters der Welt einzutragen. Dessen Antrag war zuvor abgelehnt worden, da sich der Journalist laut der Stadt in keiner konkreten Bedrohungssituation befunden habe. Nach Ansicht des VG sei jedoch eine „abstrakte Gefahr“ bereits ausreichend. Über den Fall wird nun in einem Hauptsacheverfahren entschieden.

Bis dahin, längstens aber für zwei Jahre, gilt die einstweilig angeordnete Auskunftssperre des Verwaltungsgerichtes. Hintergrund ist der Paragraf 51 (1) des Bundesmeldegesetzes (BMG). Danach müssen Meldebehörden auf Antrag oder von Amts wegen eine Auskunftssperre im Melderegister eintragen, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass der betreffenden Person „durch eine Melderegisterauskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnlich schutzwürdige Interessen erwachsen kann“.

Das Verwaltungsgericht bescheinigt dem Journalisten daher überdies gute Aussichten für den positiven Ausgang des Hauptsacheverfahrens: „Nach summarischer Prüfung ist davon auszugehen, dass der Antragssteller einen Anspruch auf Eintragung einer Auskunftssperre hat“, zitiert der Welt-Blog die Richter. Die Stadt Leipzig habe sich dagegen überzeugt gezeigt, dass für Journalisten, selbst wenn sie im investigativen Recherchebereich tätig sind, kein Sonderrecht gelte. Eine konkrete Gefährdung, die eine Auskunftssperre im Melderegister rechtfertige, liege nur dann vor, wenn sich Journalist_innen nachweislich in einer konkreten und aktuellen Bedrohungssituation befänden. Einer solchen „konkreten Gefahr, die sich in bereits eingetretenen Rechtsgutverletzungen, Drohungen oder zumindest während der bestehenden Auskunftssperre verdächtigen Auskunftsersuchen manifestiert haben könnte“, bedürfe es nach Ansicht der Richter „für die Annahme einer abstrakten Gefahr“ jedoch nicht.

Journalistinnen und Journalisten treffen immer wieder auf hartnäckige Widerstände in den Meldebehörden, wenn es um die Eintragung einer Auskunftssperre geht. Erst Mitte dieses Jahres hatte der Zeit-Journalist Christian Fuchs nach viermonatiger Auseinandersetzung – ebenfalls mit der Stadt Leipzig – den Schutz seiner Privatadresse zugestanden bekommen.

Weitere aktuelle Beiträge

Quellenschutz in Gefahr 

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) verurteilt die Wochenzeitung  Kontext, weil sie den Namen des Mitarbeiters von AfD-Abgeordneten genannt hat, der sich in Chats rassistisch geäußert hatte, und ihre Quellen nicht preisgeben wollte. Das Frankfurter Urteil widerspreche guter journalistischer Praxis, kritisierte der verdi-Vorsitzende Frank Werneke.
mehr »

dju fordert Presseauskunftsrecht

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert, in den laufenden Koalitionsverhandlungen endlich das längst überfällige Bundespresseauskunftsgesetz zu beschließen. Danach sieht es gegenwärtig allerdings nicht aus. Bestehende konstruktive parlamentarische Vorlagen zu einem entsprechenden Gesetzentwurf habe die CDU/CSU in der Vergangenheit blockiert, moniert dju-Co-Vorsitzender Peter Freitag. Wie schon die letzte Große Koalition unter Angela Merkel setzte aber auch die soeben abgetretene Ampel-Regierung ein entsprechendes Vorhaben nicht um.
mehr »

Keine Auskunft zu Pegasus

Auch Onlinemedien fallen unter die vom Grundgesetz gedeckte Pressefreiheit. Das erkannte das Bundesverwaltungsgericht  erstmals an. Arne Semsrott, Chefredakteur der Transparenz- und Rechercheplattform FragDenStaat, hatte nach Presserecht vor dem Bundesverwaltungsgericht geklagt. Nun erkannte das Gericht grundsätzlich an, dass Presseauskunft Onlinemedien genau so wie Printmedien erteilt werden muss. Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist aber nicht verpflichtet, einem Journalisten Auskünfte über den Erwerb und Einsatz der Software "Pegasus" zu erteilen.
mehr »

SWR lehnt Vergleich mit Regisseur ab

Vor dem Arbeitsgericht Stuttgart fand gestern der Gütetermin im Kündigungsschutzverfahren des Regisseurs Joachim Lang gegen den SWR statt. Der Sender hatte ihm am 11. Juli betriebsbedingt gekündigt. Begründet wurde die Änderungskündigung mit dem Sparkurs des Senders, der „angeblich“ keine weiteren Spielfilme vorsieht. Dies, obwohl der SWR laut Staatsvertrag verpflichtet ist, Spielfilme herzustellen. Zum gestrigen Termin vor dem Gericht hat der Sender keine Kompromisse angeboten. Damit kommt es nun zum Kammertermin mit einem Urteil.
mehr »