Stern-Reporter verlor gegen EU-Behörde

LUXEMBURG. Das Gericht Ers­ter Instanz der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg hat die Schadenersatzklage des Stern-Korrespondenten Michael Tillack abgewiesen. Der Journalist hatte die Anti-Betrugsbehörde der Europäischen Union, abgekürzt „OLAF“ (Office de la Lutte Anti-Fraude) verklagt, weil diese über ihn behauptet hatte, einen Beamten korrumpiert zu haben, um vertrauliche Dokumente zu erhalten.

Ohne Beweise vorzulegen, hatte OLAF die bel­gische Justiz eingeschaltet, die im Brüsseler Stern-Büro und in der Privatwohnung eine Polizei-Razzia durchführen ließ. Die Richter sahen keinen direkten Kausalzusammenhang zwischen der Übermittlung von Informationen der EU- Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF an die belgischen Justizbehörden und einer von Tillack behaupteten Rufschädigung, die ihm wirtschaftlich schade. OLAF habe nicht rechtsverbindlich gehandelt. Die nationalen Behörden müssten eigenverantwortlich entscheiden, wie sie vorzugehen gedenken, so das Luxemburger Gericht. „Wer OLAF glaubt, ist selber Schuld“, kommentierte Tillack den Urteilsspruch. Noch mehr Gewicht erhalte jetzt das kürzlich vom Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eröffnete Verfahren, in dem sich das Königreich Belgien für die Polizei-Razzia verantworten muss.
Tillacks Anwalt, Ian Forrester, wertete das Luxemburger Urteil als Niederlage für die Pressefreiheit: „OLAF agiert in einem rechtsfreien Vakuum“.

Marcello Faraggi
nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten for Future

Menschen jeden Alters machen sich Sorgen um die Zukunft unseres Planeten. Carla Reemtsma ist Klimaschutzaktivistin und Mitorganisatorin des Schulstreiks Fridays for Future („Klimastreik“) in Deutschland. Als Sprecherin vertritt sie die Bewegung auch in der medialen Öffentlichkeit. Wir sprachen mit ihr über Kommunikationsstrategien, Aktivismus und guten Journalismus.
mehr »

Keine Auskunft zu Pegasus

Auch Onlinemedien fallen unter die vom Grundgesetz gedeckte Pressefreiheit. Das erkannte das Bundesverwaltungsgericht  erstmals an. Arne Semsrott, Chefredakteur der Transparenz- und Rechercheplattform FragDenStaat, hatte nach Presserecht vor dem Bundesverwaltungsgericht geklagt. Nun erkannte das Gericht grundsätzlich an, dass Presseauskunft Onlinemedien genau so wie Printmedien erteilt werden muss. Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist aber nicht verpflichtet, einem Journalisten Auskünfte über den Erwerb und Einsatz der Software "Pegasus" zu erteilen.
mehr »

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »