Die Lausitz steht vor einer tiefgreifenden Transformation. Der Kohleausstieg wird die Region in Brandenburg und Sachsen nachhaltig verändern, ebenso wie die begleitenden Fördermilliarden der Bundesregierung. Als Leitmedium für diesen Strukturwandel in Deutschlands größter Braunkohleregion begreift sich die digital erscheinende„Neue Lausitz“. Gründerin und Chefredakteurin Christine Keilholz sagt: „Durch die polarisierte Diskussion über den Kohleausstieg ist eine Nische entstanden, in die wir hineingegangen sind.“
Als Lokaljournalistin, unter anderem für die „Lausitzer Rundschau“, schreibt Keilholz schon lange über die Region. Dabei habe sie oft mitbekommen, dass sich viele Menschen eine andere Berichterstattung über den Strukturwandel wünschten. Denn der Kohleausstieg sei noch immer Gegenstand kontroverser Debatten. „Lange hieß es hier: Wer für die Region ist, ist auch für die Kohle“, sagt Keilholz. Viele Medien in der Lausitz verstünden sich bis heute als „Anwälte der Kohlearbeiter“. Da sei es schwierig, ausgeruht über den Wandel und die Möglichkeiten, die er bietet, zu berichten. „Das ist eine Chance, die wir ergreifen.“
Einmal wöchentlich erscheint die „Neue Lausitz“ als Newsletter, es gibt sie seit eineinhalb Jahren und etwa 80 Ausgaben. Keilholz und ihre Kolleg*innen schreiben über Ansiedlungen, Unternehmen und die Förderpolitik in der Lausitz – eine Region, in der über eine Million Menschen leben, und die zu zwei Bundesländern gehört, Brandenburg und Sachsen. Immer wichtiger für die Berichterstattung werde der Bereich Wissenschaft, da zahlreiche neue Forschungseinrichtungen etwa nach Görlitz oder Cottbus kommen. In den Texten geht es um Windkraft und Wasserstoff, um geplante Bahnstrecken, um die Ausbildung von Ärztinnen und Grundschullehrern – aber auch um die Bergleute als Mythos und Fürst Pückler als Inspiration für eine lebenswerte Landschaft nach der Kohle.
„Deep Journalism“ für informierte Bürger*innen
Die Zielgruppe der „Neuen Lausitz“ sind die „Gestalter des Strukturwandels“, wie Keilholz sagt. Diese Leser*innen will sie tiefgehend informieren, Stichwort: „Deep Journalism“. Zugleich will sie den Lausitzer*innen die Möglichkeit geben, sich an Debatten zu beteiligen. Dazu lädt sie regelmäßig Gastautor*innen ein, Kommentare zu schreiben, zum Beispiel den Unternehmer, die Sozialwissenschaftlerin oder den Stadtplaner. Eine Schülerin kritisiert, dass sie sich nicht angesprochen fühlt von den Versuchen der Politik, junge Menschen in der Region zu halten. „Warum ich die Lausitz verlassen will“, lautet die Überschrift ihres Textes.
Erfolgreiches Bezahlmodell
Als Marke erreiche die „Neue Lausitz“ zurzeit etwa mehrere Tausend Menschen, sagt Keilholz. Mehrere Hundert seien zahlende Leser*innen. Die Gründerin setzt auf das Multiuser-Modell, was bedeutet, dass zum Beispiel eine Behörde ein Abo für mehrere Mitarbeiter*innen abschließt. Eine Lizenz für eine Leserin kostet 19 Euro monatlich, 15 Leser*innen zahlen im Monat 149 Euro. Wer kein Abo hat, kann nur die ersten Absätze eines Artikels lesen.
Keilholz arbeitet mit einem kleinen Team aus freien Mitarbeiter*innen, darunter etwa einem halben Dutzend Autor*innen. Für gute Arbeit zahle sie gute Honorare, sagt sie. Ein Artikel in Standardlänge werde mit bis zu 250 Euro vergütet.
Eine große Herausforderung sei gewesen, den Menschen – besonders in der Lokalpolitik – zu verdeutlichen, dass die „Neue Lausitz“ kritischen Journalismus mache und kein Regionalmarketing. Ziel sei es ausdrücklich nicht, nur die Probleme der Region zu beleuchten, sagt Keilholz. „Aber wir müssen schon gegen den Strich bürsten.“