Schon entdeckt? Pinkstinks

#Unstereotype, Pinkstinks Germany e.V.
Copyright: Markus Abele

Schon entdeckt?

Engagierte Medien abseits des Mainstreams gibt es zunehmend mehr. Sie sind hochinteressant, aber oft wenig bekannt. Deshalb stellt M in jeder gedruckten Ausgabe und monatlich auf M Online eines davon vor

„Unser Ziel ist der Kampf gegen Alltagssexismus“, sagt Stevie Schmiedel, die 2012 „Pinkstinks“ gründete. Kritisiert werden „Produkte, Werbe- und Medieninhalte, die Kindern eine limitierende Geschlechterrolle zuweisen“, heißt es auf der Website. Etwa die TV-Castingshow „Germany’s Next Topmodel“, die mit ihren Retorten-Schönheiten „Vorlagen für die Werbeindustrie“ liefere oder der Stern, der jüngst „die dicke-Barbie-Krise erfand“.

Die promovierte Genderforscherin Stevie Schmiedel erzählt, Vorbild für ihre Kampagne sei die britische Internetseite „Pinkstinks“ gewesen, die von zwei Vollzeit arbeitenden Müttern in London ins Leben gerufen wurde. „Pink stinks!“ habe eine von ihnen ausgerufen, als ihre Zwillingstöchter zum Kindergeburtstag mit pinkfarbenen Geschenken überhäuft wurden, denn die Farbe Pink verband sie mit weiblichen Zuschreibungen wie „niedlich“ und „süß“. Als Schmiedel im März 2012 die Idee, eine ähnliche Initiative gegen Geschlechterstereotype in Deutschland zu gründen, in einem ZEIT-Interview äußerte, gab es viele positive Reaktionen und Unterstützungsangebote. Sie holte sich die Rechte für die Logonutzung aus London und ging im Juni mit der Website pinkstinks.de online. Im Oktober desselben Jahres wurde aus der Initiative ein Verein.

Während das britische Pinksstinks 2014 „versandete“, wächst der deutsche Ableger. Der Verein hat nach Angaben von Schmiedel mittlerweile 500 Fördermitglieder, die seine Arbeit finanziell unterstützen – zumeist Privatpersonen, aber auch die Bewegungsstiftung gehört dazu. Außer der Website gibt es einen Newsletter mit 15.000 Abonennt_innen, die Facebook-News lesen 25.000, die Twitter-Botschaften 7. 000 Nutzer_innen.

Zu den ersten Aktionen von Pinkstinks gehörten Proteste gegen GNTM – Germany’s Next Topmodel: Straßentheater, Gedichtwettbewerb oder der Blog „Heidiwatch“. Kritisiert wird vor allem das von GNTM propagierte Schönheitsideal. Als eine Studie belegte, dass der Schlankheitswahn Essstörungen begünstigen kann, reichte Pinkstinks 2015 eine Petition ein, um GNTM von der Jugendmedienschutz-Kommission als „jugendgefährdend“ einstufen zu lassen – vergeblich. Seit 2016 wird deshalb auf dem Youtube-Kanal „Lu Likes“ ein Kontrastprogramm gesendet: ein Video, in dem die junge Schauspielerin Lara-Maria Wichels witzig und spritzig GNTM, Werbung, Sexismus thematisiert – alles, über das 12- bis 16-Jährige sprechen.

Seit 2014 engagiert Pinkstinks sich für ein Verbot von sexistischer Werbung durch eine Erweiterung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Obwohl die Resonanz in Öffentlichkeit und Politik positiv war, endete die Kampagne mit einem Kompromiss. Um sexistische Werbung „außerhalb einer Gesetzesnorm einzudämmen“, so Schmiedel, sei Pinkstinks vom Bundesfamilienministerium mit einem zweijährigen Monitoring sexistischer Werbung in Deutschland beauftragt worden. Über diskriminierende Anzeigen und Spots kann man sich bereits jetzt auf der Pinkstinks-Website unter „Werbung melden“ beschweren.

Außer Stevie Schmiedel, zugleich Vereinsvorsitzende, Geschäftsführerin und Pressesprecherin, gibt es im Hamburger Pinkstinks-Büro noch vier feste Mitarbeitende. Einer von ihnen ist seit 2014 Chefredakteur Nils Pickert, der die Kritik an Geschlechterstereotypen „auf Jungen- und Familienthemen ausweitet“, so Schmiedel. Das zeigt auch die Namensergänzung: „Pinkstinks. Vielfalt ist Schönheit“. Pickert hat im April analysiert, wie der Stern die „die dicke-Barbie-Krise erfand“. Das Magazin kombinierte die „schlechten Quartalszahlen des Barbie-Herstellers Mattel mit ein bisschen Gutmenschenschelte und Kritik an politisch korrekter, aufgezwungener Diversität“ und präsentierte den Beitrag dann unter dem Titel: „Keiner will die dicke Barbie kaufen“.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie ethisch kann KI berichten?

Ein ethischer Kompass ist angesichts zunehmender Desinformation immer wichtiger – für Journalist*innen, aber auch Mediennutzende. Positivbeispiele einer wertebewussten Berichterstattung wurden jüngst zum 20. Mal mit dem Medienethik Award, kurz META, ausgezeichnet. Eine Jury aus Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien HdM vergab den Preis diesmal für zwei Beiträge zum Thema „Roboter“: Ein Radiostück zu Maschinen und Empathie und einen Fernsehfilm zu KI im Krieg.
mehr »

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

krassmedial: Diskurse gestalten

Besonders auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Telegram verbreiten sich rechtsextreme Narrative, die zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Wie Journalist*innen dem entgegen wirken und antidemokratische Diskursräume zurückgewinnen können, diskutierten und erprobten etwa 70 Teilnehmende der diesjährigen #krassmedial-Sommerakademie von ver.di am Wochenende in Berlin-Wannsee.
mehr »