Alleingang ohne Erfolg

„Tarifgemeinschaft Ost“ konnte kein Dumping für die nord-ostdeutschen Drucker durchsetzen

Am 21. Juni, nachts 2 Uhr, wurde ein Tarifvertrag für die Zeitungsverlage in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern abgeschlossen, der nun auch für Brandenburg im Wesentlichen die Regelungen des Flächentarifes Druckindustrie übernimmt. Auch der Manteltarifvertrag wurde wieder regulär in Kraft gesetzt.

Das erklärte Ziel der von den Verlegern vor Monaten extra gebildeten „Tarifgemeinschaft Ost“, in ihren Regionen spürbare Personalkostensenkungen durchzusetzen, wurde nicht erreicht. Zudem: „Es gibt keine Abkoppelung und keine neue Tarifmauer zwischen Ost und West“ freut sich ver.di-Verhandlungsführer Andreas Köhn vom Landesbezirk Berlin-Brandenburg. Allerdings stelle das Ergebnis einen „schweren Kompromiss“ dar. Die Beschäftigten müssen etliche Nullmonate ohne Tarifsteigerung hinnehmen: Löhne und Gehälter im Tarifgebiet Mecklenburg-Vorpommern steigen zum 1. Oktober 2002 um 3,4 Prozent. Die Entgelte der gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten der Druckindustrie in Brandenburg werden zum 1. November 2002 um 3,4 Prozent erhöht, die Gehälter der Verlagsangestellten steigen hier linear um 3,4 Prozent erst ab 1. Dezember. Die Gehaltsvereinbarungen sind erstmals zum März bzw. April 2003 kündbar. Der Tarifvertrag zur Altersvorsorge wird für alle in Anlehnung an die in der Druckindustrie geltenden Fassung übernommen. Für die Tarifrunde wurde ein Maßregelungsverbot vereinbart.

Noch zu Beginn der dritten Verhandlungsrunde hatten die Verleger ein „letztes“ Angebot mit 12 Nullmonaten vorgelegt und erklärt, dass sonst an die Leistungen der Manteltarifverträge herangegangen werden müsse. Erst nach mehreren Unterbrechungen und internen Beratungen kam es zur Einigung.

Sie ist nicht zuletzt der Streikbereitschaft der Potsdamer Drucker zu danken. Ab 13. Juni standen in der Märkischen Verlags- und Druck-Gesellschaft mit Unterbrechung vier Tage lang die Maschinen still. Die Geschäftsführung hatte – nach zeitweiligem Abzug von Druckaufträgen durch die „FAZ“-Mutter – eine „Teilbetriebsschließung“ und damit die Aussperrung von 30 Mitarbeitern verfügt. Ver.di und der Potsdamer Betriebsrat bemühten sich, Streikbrechertätigkeit nicht zuzulassen. Dass die in Potsdam nicht gefertigten Auflagenteile der Frankfurter Allgemeinen und ihrer Sonntagsausgabe stattdessen in Frankfurt / Main gedruckt wurden, habe man jedoch nicht verhindern können, berichtet Betriebsratsvorsitzende Karin Fischer: „Aber in unserer Druckerei hatten wir eine sehr solidarische Stimmung“. Ungeachtet des einvernehmlichen Tarifabschlusses versuche die Geschäftsleitung der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“, noch im Nachhinein, die Belegschaft zu spalten. „Man dankt Beschäftigten in Verlag und Redaktion, die sich nicht am Streik beteiligt oder vom Arbeitskampf distanziert haben, führt Unterschriftenlisten. Das schafft massiv Unruhe und keine gute Stimmung für die bevorstehenden Tarifverhandlungen für Redakteure“, so Fischer.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

ARD: Durchbruch in Tarifrunde

In dem seit Januar andauernden Tarifkonflikt in ARD-Rundfunkanstalten gibt es erste Verhandlungsergebnisse. Zum Wochenende hin konnte am Freitag (15. November) ein Ergebnis im SWR erreicht werden. Für ver.di ist das ausschlaggebende Ergebnis, dass neben sechs Prozent Tariferhöhungen in zwei Stufen über eine Laufzeit von 25 Monaten auch eine für mittlere und niedrige Tarifgruppen stärker wirkende jährliche Sonderzahlung so stark erhöht wurde, dass es nachhaltige Tarifsteigerungen zwischen sechs und über zehn Prozent gibt.
mehr »

Fakten for Future

Menschen jeden Alters machen sich Sorgen um die Zukunft unseres Planeten. Carla Reemtsma ist Klimaschutzaktivistin und Mitorganisatorin des Schulstreiks Fridays for Future („Klimastreik“) in Deutschland. Als Sprecherin vertritt sie die Bewegung auch in der medialen Öffentlichkeit. Wir sprachen mit ihr über Kommunikationsstrategien, Aktivismus und guten Journalismus.
mehr »

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »