Neue Honorarbedingungen bei Spiegel online und ein anschließender Disput
„Die Gewerkschaften DJV und ver.di haben in Verhandlungen mit Spiegel online neue Honorarbedingungen für freie Journalistinnen und Journalisten erreicht. Sie lösen die alten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ab, gegen die die beiden Journalistengewerkschaften vorgegangen waren.
Die neuen Konditionen folgen dem Grundsatz, dass die Freien für ihre Leistungen fair bezahlt werden müssen und dass mögliche Mehrfachverwertungen nur in Abstimmung mit ihnen in Frage kommen. Grundsätzlich von der Rechteeinräumung ausgenommen sind die bei den Verwertungsgesellschaften eingebrachten Rechte. Exklusivität an den Beiträgen der Freien hat Spiegel online künftig nur noch maximal fünf Tage lang. Die Honorierung beginnt bei 100 Euro. Generell sind angemessene Honorare zu zahlen. Die Höhe der Ausfallhonorare liegt durchweg bei 100 Prozent. Aufwendungen, die den Journalisten bei der Recherche entstehen, sind gegen Nachweis zu erstatten. Die Regelungen der neuen AGB gelten unter anderem auch für den Online-Auftritt des Manager Magazins und für Spiegel International auf Englisch“, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Gewerkschaften, die seit Jahren für faire und angemessene Honorare freier Journalisten streiten (s. auch S. 35/36). „Hier ist es ohne eine Gerichtsentscheidung gelungen, die Interessen von Geschäftsführung und Freien unter einen Hut zu kriegen. Das können sich andere Verlage als Vorbild nehmen“, schätzt Vize-Chef Frank Werneke das Ergebnis ein.
Dass nicht immer alle Ziele erreicht werden, liegt bei Verhandlungen in der Natur der Sache. Die Ergebnisse – auch jahrelang verhandelte „angemessene Vergütungen“ – sind eben immer auch ein Kompromiss, ohne den es oft gar keinen Abschluss gäbe. Umso ärgerlicher ist es für ver.di und vor allem für die aktiven Ehrenamtlichen, die sich in (frei)zeitaufwendigen Verhandlungen für ihre Kolleginnen und Kollegen engagieren, wenn diese Anstrengungen und Erreichtes im Nachhinein madig gemacht und falsch dargestellt werden.
So beschwerten sich die Freischreiber nach der DJV/ver.di-Pressemitteilung über den spon-Abschluss – sofort und natürlich netzwirksam – darüber, dass sich die Gewerkschaften „einen Erfolg an die Brust, den es so nicht gegeben hätte, wenn Freischreiber und 40 freie Journalisten nicht die Initiative ergriffen hätten.“ Sie seien es gewesen, die im August letzten Jahres an den Chefredakteur von Spiegel Online, Mathias Müller von Blumencron einen Brief geschrieben hätten und zum Gespräch geladen worden seien. Im Weiteren wird der Anschein erweckt, dass erst dadurch die Gewerkschaften „wachgerüttelt“ worden sind. „In seiner Euphorie hat der DJV offenbar Freischreiber und die 40 SpOn-Autoren, die den Abschluss erst möglich gemacht haben, einfach? vergessen?“, heißt es zudem.
Dazu Cornelia Haß, Bundesgeschäftsführerin der dju, an die Freischreiber:
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
„Ehre wem Ehre gebührt – Dem würde ich sofort zustimmen, wenn es denn zutrifft. Bei den Geschichten, die Ihr derzeit rund um das Thema AGB für Freie bei Spiegel online in die Welt setzt, ist das aber leider nicht der Fall. Es war nicht das Gespräch zwischen Herrn von Müller-Blumencron und Euch, das den Prozess über faire Honorarregelungen in Gang gebracht hat. Es war die drohende Einstweilige Verfügung durch DJV und dju in ver.di im April vergangenen Jahres, die spon zu der Erkenntnis verholfen hat, dass ihnen eine drohende Niederlage vor Gericht nicht gut zu Gesicht stünde. Deswegen gab es ab diesem Zeitpunkt Gespräche mit der spon-Justiziarin Brigitte Rolofs über eine rechtssichere Vereinbarung, die nun erfolgreich zu Ende gebracht wurden. Durch Briefe und unverbindliche Gespräche mit dem Chefredakteur, die sich zugegebenermaßen prima vermarkten lassen, entstehen derlei Vereinbarungen leider nicht, weswegen wir gemeinsam mit dem DJV ja auch immer wieder vor Gericht ziehen müssen.
Ich bitte daher um die Beibehaltung des zumindest von uns praktizierten fairen Umgangs miteinander. Keinem Freien ist damit gedient, dass wir uns öffentlich die Butter vom Brot nehmen.“