Junktim abgelehnt

Tarifverhandlungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

In vier Sendern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks haben die Gehalts- und Honorarverhandlungen für die festen und freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begonnen. Den Startschuss gab Mitte März der Norddeutsche Rundfunk (NDR) und der war bei ARD, ZDF und Deutschlandradio deutlich zu hören. NDR-Intendant und ARD-Vorsitzender Lutz Marmor drohte: Ohne faktische Rentenkürzung keine Gehalts- und Honorarerhöhung.

Flugblätter für die ARD-Intendanten Foto: Christian Ditsch / version-foto.de
Flugblätter für die
ARD-Intendanten
Foto: Christian Ditsch /
version-foto.de

Im Klartext: Die NDR-Belegschaft bekomme nur mehr Geld, wenn die Gewerkschaften bereit sind, die Rentensteigerungen künftig von der Lohnentwicklung abzukoppeln. Nach den Vorstellungen von Marmor sollten die Renten jährlich nur noch um 1 Prozent steigen. Andernfalls, so Marmor, müssten die Tariferhöhungen für die Beschäftigten weit niedriger ausfallen als im Öffentlichen Dienst.
Die Kolleginnen und Kollegen des NDR werteten dieses Vorgehen als „Erpressung“ und sprachen sich konsequent gegen die Abkopplung der Renten von der Lohnentwicklung aus. Zudem bliebe eine solche „Steigerung“ weit hinter der Preisentwicklung zurück und bedeute damit eine faktische Rentenkürzung. Die Wellen schlugen hoch. Es kam zu Diskussionsveranstaltungen und Protest-Aktionen wie in Berlin vor Beginn der ARD-Intendanten-Tagung am 15. April. Vertreter des NDR, RBB, WDR, des Deutschlandradios und der Deutschen Welle forderten von der Intendantenrunde unüberhörbar: „Hände weg von unseren Renten“.
Die ver.di-Tarifkommission des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sprach sich einhellig gegen das von Marmor inszenierte Junktim aus. Grundlegende Verhandlungen zur Altersversorgung (ARD-Versorgungstarifvertrag) werde es nur auf ARD-Ebene und keinesfalls in den Sendern geben, so wie es seit zwei Jahrzehnten Konsens sei.

Forderung von 6 Prozent. Zur Debatte in den laufenden Tarifverhandlungen steht derzeit die im Winter bereits beschlossene Forderung von 6 Prozent mehr Gehalt und Honorar für die Beschäftigten bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Davon sollen mindestens 100 Euro als Sockelerhöhung oder in Form einer anderen, gleichwertigen sozialen Komponente gewährt werden.
Der Blick aller Beteiligten ist als Orientierung auf den jüngsten Abschluss im Öffentlichen Dienst der Länder gerichtet, der eine Tarifsteigerung von 5,6 Prozent beinhaltet. Beim NDR wird am 3. Mai (nach M-Druck) weiter verhandelt. Bei den ersten Terminen im Bayerischen Rundfunk (BR), im Südwestrundfunk (SWR) und beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) im April wurde dem Vorgehen des ARD-Vorsitzenden, was die Rentenfrage angeht, nicht gefolgt.

wen

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Warnstreik bei der Süddeutschen Zeitung

Für die zweite Tarifverhandlungsrunde am 25. Juli 2024 hatten die Verhandler*innen des Zeitungsverlegerverbandes BDZV der dju in ver.di ein Angebot zu Tariferhöhungen angekündigt. Gehalten haben sie das Versprechen nicht. Konkrete Zahlen zur Tariferhöhung blieb der BDZV schuldig. Stattdessen stellte er Gegenforderungen zum Nachteil der Zeitungsredakteur*innen. Heute streikten dagegen über 100 Beschäftigte der Süddeutschen Zeitung. In Nürnberg gab es eine Aktive Mittagspause vor dem Verlag Nürnberger Presse.
mehr »

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »