Rechtsstreit um Ausbeutung bei Ippens „Kreiszeitung“
20 Jahre lang hat die Bremer Journalistin Alice B. für die Kreiszeitung (Ippen-Konzern) gearbeitet, für 23 Cent pro Zeile, 12,78 Euro pro Foto oder für kleine Pauschalen. Dann flog sie plötzlich raus. Der Anlass: Sie hatte sich dagegen gewehrt, dass der Verlag viele ihrer Texte und Fotos an andere Blätter weiter verkaufte. Mit einer Klage will die 50-Jährige nun erreichen, dass sie weiterbeschäftigt und rückwirkend als Festangestellte eingestuft wird. In erster Instanz hat B. verloren, aber sie kämpft weiter.
Die Kreiszeitung erscheint im Bremer Umland und produziert in Bremen einen eigenen Lokalteil, der oft informativer ist als der Marktführer Weser-Kurier. B. erstellte fast zehn Jahre lang die wöchentlichen Kino- und Bildungsseiten. Zusammen mit aktuellen Terminen, so schätzt sie, kam sie auf 42 Stunden pro Woche – bei höchstens zwei Wochen Urlaub. Sie sei fest in die Bremer Redaktion eingebunden gewesen, mit eigenem Arbeitsplatz und Mailadresse. Und das alles für gut ein Drittel eines Redakteur-Tarifgehalts.
Schon die schlechte Bezahlung wurmte sie. Aber dann entdeckte sie auch noch, dass der Verlag ihre Beiträge teils an die Nordwest-Zeitung (NWZ) und die Nordsee-Zeitung (NZ) weiterverkaufte. Sie sei weder zusätzlich bezahlt noch vorher gefragt worden. Mehrfach protestierte sie vergeblich, dann reichte es ihr: Sie verlangte ihre Einstufung als Festangestellte, zumindest für zwei Jahre rückwirkend. Dann wäre auch die Zweitverwertung arbeitsvertraglich abgedeckt.
Als der Verlag das ablehnte, forderte sie von NWZ und NZ je 10.000 Euro Honorar. Statt zu zahlen, wandten sich die Blätter irritiert an die Kreiszeitung, und die reagierte prompt: Rauswurf. Das wiederum ließ sich B. nicht gefallen. Sie klagte vor dem Arbeitsgericht Bremen. Ihr Anwalt sieht bei ihr eine „klassische ‚Scheinselbstständigkeit’“. Aus Verlagssicht dagegen war sie zwar „wirtschaftlich von uns abhängig“, aber nicht weisungsgebunden oder fest eingegliedert. Sie habe auch durchaus Zweitverwertungsaufschläge erhalten, wie sich an internen Unterlagen ablesen lasse. „Das wurde nachträglich drauf geschrieben“, beurteilt B. die angeblichen Belege. Auf den Abrechnungen, die sie erhalten habe, sei kein Zweithonorar vermerkt gewesen.
Angesichts von Prozessrisiken für beide Seiten empfahl die Kammervorsitzende am Ende einen Vergleich: Der Verlag solle 5.000 Euro zahlen – „vielleicht nur aus moralischen Gründen, denn die Klägerin hat ersichtlich lange zu einem ganz geringen Entgelt gearbeitet“. Doch das war B. viel zu wenig für ständigen „Urheberrechtsbruch“ und jahrelange Unterbezahlung. Die Klage wurde abgewiesen. Aber die alleinerziehende zweifache Mutter will nicht aufgeben und voraussichtlich Rechtsmittel einlegen.