Nächtlicher Einsatz in München

Zeitungszusteller verlieren ihren Arbeitsplatz

Ende Februar haben 53 Zeitungszusteller ihren Arbeitsplatz in München verloren, der Betrieb wurde geschlossen. Sie arbeiteten für die ZVZ Zentrum GmbH, die wiederum der SZ Logistik GmbH gehört, einer hundertprozentigen Tochter der Süddeutschen Zeitung.

Zeitungszusteller in München Foto: Werner Bachmeier
Zeitungszusteller in München
Foto: Werner Bachmeier

„Der ZVZ Zentrum GmbH wurde von der SZ Logistik GmbH der Auftrag entzogen“, sagt ver.di-Gewerkschaftssekretär Bernd Mann. Die SZ Logistik GmbH unterhält in München und dem Umland insgesamt elf dieser Firmen, die die Münchner Tageszeitungen und überregionale Zeitungen zustellen.
Offenbar soll die neu gegründete Firma ZV München City GmbH den Auftrag übernehmen. Doch einen glatten Betriebsübergang nach § 613a Bürgerliches Gesetzbuch wollte der Arbeitgeber verhindern, denn dann hätte er die Zusteller nicht entlassen dürfen und müsste sie zu den alten Bedingungen in die neue Firma übernehmen. „Mit fadenscheinigen formalen Konstruktionen ist genau diese Schutzwirkung umgangen worden“, kritisiert Bernd Mann. Die neue Firma wirbt indes um die Zusteller der ZVZ Zentrum GmbH. Nach ver.di-Informationen haben sie die Verträge nicht unterschrieben, weil unter anderem die Vergütung rund 30 Prozent niedriger wäre. Bei der ZVZ Zentrum GmbH kämpfen die Beschäftigten mit ver.di schon lange für eine Anhebung, die letzte liegt 18 Jahre zurück.
Parallel streitet der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber vor der Einigungsstelle in München, weil dieser eine neue Vergütungsstruktur einführen wollte. Der Richter entschied, dass der Betriebsrat sieben Touren jeweils drei Tage gemeinsam mit dem Geschäftsführer abgehen musste. So wurde ermittelt, wie viele Zeitungen ein Zusteller schaffen kann. Mit GPS-Gerät und Stoppuhr ausgerüstet zogen sie nachts los. Das Ergebnis: Der Stundenlohn liegt im Schnitt bei 5,90 Euro, durchschnittlich können 60 bis 80 Zeitungen in der Stunde geschafft werden. Der Arbeitgeber war von 180 bis 200 Zeitungen, teilweise sogar wesentlich mehr ausgegangen.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rechtsstaat lässt Journalist*innen im Stich

Mehr als siebeneinhalb Jahre nach dem schweren Angriff von Neonazis auf zwei Journalisten in Fretterode (Thüringen) im April 2018 beginnt zwei Tage vor Weihnachten am Montag, den 22. Dezember 2025 am Landgericht Mühlhausen das Revisionsverfahren gegen zwei Neonazis aus dem Umfeld von Thorsten Heise in Fretterode (Thüringen).
mehr »

Russland erklärt DW zur «unerwünschten Organisation»

Nach der gestern, am 14. Dezember 2025, bekanntgewordenen Hochstufung des deutschen Auslands-TV durch den russischen Staat von einer Auslandsagenten-Organisation zur unerwünschten Organisation fordert die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) den wirksamen Schutz von durch Sanktionen betroffenen Journalistinnen und Journalisten.
mehr »

Freie unter Honorar-Druck

Die prekären Arbeitsverhältnisse im Journalismus sind schon lange bekannt. Besonders trifft es aber freie Journalist*innen, deren Honorare sogar noch weiter sinken. Das hat auch Auswirkungen auf die Art des journalistischen Arbeitens.
mehr »

Anti-SLAPP-Gesetz ungenügend

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di kritisiert das von der Bundesregierung beschlossene Anti-SLAPP-Gesetz. Es beschränke den Schutz vor Einschüchterungsklagen nur auf grenzüberschreitende Fälle. Damit bleibe ein Großteil der realen Bedrohungslagen für Journalist*innen in Deutschland unberücksichtigt.
mehr »