Rote Karte für Sportredakteure

Outgesourct und tarifgebremst zwischen Nord- und Ostsee

Die gesamte Sportredaktion des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages (sh:z), immerhin 16 festangestellte Redakteure, sind outgesourct worden – vom Zeitungsredakteur zum Angestellten einer Agentur.

Jürgen Griese bringt es auf den Punkt: „Das ist ein fadenscheiniges Angebot, um uns aus den Tarifen rauszuholen:“ Der 50jährige Journalist arbeitet seit zwanzig Jahren als Sportredakteur bei der Eckernförder Zeitung. Damit sollte zum 1. August Schluss sein. Doch nicht mit Jochen Grieve: Er klagt dagegen.

Auf dem flachen Land zwischen Nord- und Ostsee hat der sh:z mit einer Auflage von insgesamt 190.000 Exemplaren eine Monopolstellung. „Mit 14 Tageszeitungstiteln ist die Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag GmbH,“ so die stolze Eigenwerbung, „die auflagenstärkste Verlagsgruppe des nördlichsten Bundeslandes.“ Hinzu kommen noch 440.000 Haushalte die „Woche für Woche … von unseren Anzeigenblättern“ erreicht werden, „natürlich kostenlos!“ Einiges kosten ließ sich der Verlag hingegen seine Expansion gen Osten: Im Frühjahr kaufte der sh:z für etwa 60 – 65 Millionen Euro die Schweriner Volkszeitung. Auflage: 125.000.

Und Kosten und Profit spielten sicherlich bei den jüngsten Personalentscheidungen die zentrale Rolle: Im Sommer 2004 kündigte der Verlag an seinem Stammsitz Flensburg 25 Redakteuren. Ein halbes Jahr später wurden die Gehälter der leitenden Redakteure gekürzt. Anfang April nun erhielten die 16 Sportredakteure des Verlags die redaktionelle Rote Karte mit dem gleichzeitigen Angebot, zu weit schlechteren Bedingungen in der verlagseigenen, neuen und vor allem nicht tarifgebundenen „Sport und Event GmbH“ zu arbeiten. Neben der traditionellen Sportberichterstattung auf lokaler und überregionaler Ebene sollen neue Geschäftsfelder, eben die neue Event-Schiene hinzukommen: Geplant sind Betreuung von Vereinszeitungen und Vermarktung von regionalen Sportereignissen bis hin zur Durchführung eigener Sportveranstaltungen, inklusive Ticketverkauf natürlich. Einen Interessenskonflikt zwischen redaktioneller Berichterstattung und kommerzieller Erfolgsorientierung sehen Verlag und Chefredaktion in dieser journalistischen PR-Verbindung nicht. Vielmehr schwärmt Chefredakteur Stephan Richter von den positiven Synergien, die sich in der neuen Konstellation ergeben werden.

Synergie-Effekte für den Verlag sicherlich: Bis zu 40 Prozent weniger werden die ehemaligen Redakteure in Zukunft verdienen. Zwar konnte eine 30 bis 36 Monate dauernde individuelle Ausgleichzahlung vereinbart werden, aber danach ist dann alles offen. Und schon heute ist die Wochenarbeitszeit von 36,5 auf 40 Stunden hoch-, und der Urlaub auf generell 30 Tage runtergefahren worden. Von den 16 ehemaligen Sportredakteuren haben 14 die neuen Verträge unterschrieben, ein Kollege ist ausgeschieden. Der für den Erhalt seiner alten Stelle in der Redaktion klagende Jürgen Griese kann aber auch seine Kollegen verstehen: „Da gibt es tausend Zwänge, dass die unterschrieben haben.“

Weitere aktuelle Beiträge

Neues Tarifergebnis im Deutschlandradio 

Nach mehrmonatigen Tarifverhandlungen mit dem Deutschlandradio hat ver.di am Mittwochabend zusammen mit dem DJV ein Tarifergebnis erreicht: Acht Prozent mehr Geld, zusätzliche Einmalzahlungen und sozial gestaffelt höheres Urlaubsgeld. Das Ergebnis gilt für die etwa 1.400 sowohl angestellten als auch arbeitnehmerähnlichen, freien Medienschaffenden des in Köln und Berlin ansässigen deutschlandweiten öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders.
mehr »

Umgang mit KI in Film und Fernsehen

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und die Schauspielgewerkschaft Bundesverband Schauspiel e.V. (BFFS) haben mit der Produktionsallianz Bedingungen zum Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz (KI) in Filmproduktionen vereinbart. Abgeschlossen sind damit auch die Tarifverhandlungen zur Anwendung von generativer KI. Zunächst waren Neuabschlüsse des Tarifvertrags Film- und Fernsehschaffende (FFS) sowie des Schauspieltarifvertrages erzielt worden, außerdem gab es eine tarifliche Einigung zur betrieblichen Altersversorgung und eine zu Nachwuchsfilmen im letzten Jahr.
mehr »

DW: Tarifergebnis angenommen

Die Mitglieder von ver.di haben mit hoher Beteiligung für die Annahme des Tarifergebnisses bei der Deutschen Welle gestimmt, das am 16. Januar 2025 erzielt wurde. Die Mehrheit der Abstimmenden befürwortete den Kompromiss der ver.di-Tarifkommission. Die Mitglieder forderten darüberhinaus, dass bei den nächsten Tarifverhandlungen 2026 eine einheitliche Tariferhöhung durch einen Festbetrag für alle Beschäftigten angestrebt wird.
mehr »

VG Wort und co: Für alle etwas dabei

Bis zum 31. Januar können der Verwertungsgesellschaft (VG) Wort noch Beiträge des letzten Kalenderjahres gemeldet werden. Alle, die journalistisch arbeiten, sollten bei VG Wort und VG Bild-Kunst dabei sein, findet die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten Union (dju) in ver.di. Warum? Eine klare Antwort liefert sogar ChatGPT: „Insgesamt ist dies für Journalist*innen eine praktische und wertvolle Lösung, um ihre Rechte zu wahren und gleichzeitig ein stabiles Einkommen aus der Zweitverwertung zu generieren.“ Wichtiges und Wissenswertes dazu haben wir zusammengetragen.
mehr »