Ein größeres Stück vom Kuchen für Journalist_innen an Tageszeitungen

Streikende Journalist_innen aus Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin vor dem Maritim proArte Hotel in Berlin
Foto: Gabriele Senft

Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen erhalten rückwirkend zum 1. Juni 2016 1,5% mehr Geld. Am 1. August 2017 folgt dann eine weitere Erhöhung der Gehälter und Honorare um 1,6%. Der neue Gehaltstarifvertrag, den die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union mit dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) in der fünften Verhandlungsrunde am 29. Juni 2016 erzielt hat, hat eine Laufzeit von 24 Monaten bis zum 31. Dezember 2017. Der stellvertretende ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführer Frank Werneke wertete das Ergebnis als einen vertretbaren Abschluss, der erstmals auch ohne Abstriche für Freie und Pauschalist_innen gelte.

Begleitet wurden die Tarifverhandlungen von Streiks in Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig- Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Bereits am Tag vor der Verhandlung hatten rund 800 Beschäftigte aus mehreren Bundesländern ihre Arbeit niedergelegt. Vielerorts sind Tageszeitungen daher nur in reduziertem Umfang erschienen.

Ungebrochen hoch war die Streikbeteiligung gestern in Bayern und Baden-Württemberg. Im Streiklokal in Nürnberg etwa haben Redakteur_innen der „Nürnberger Nachrichten“ und der „Nürnberger Zeitung“ ihren Unmut über die bisherigen Verlegerangebote zum Ausdruck gebracht.

Auch in Nordrhein-Westfalen wurde weiter gestreikt. In Bielefeld und Essen fanden mehrere Kundgebungen statt, an denen sich rund 300 Tageszeitungsjournalist_innen beteiligt haben. 150 Streikende haben sich in Essen zunächst im ver.di-Haus versammelt, um nach einer Ansprache durch den Vorsitzenden der ver.di-Fachgruppe Medien, Manfred Kloiber, zu einem Protestzug durch die Stadt aufzubrechen.

Protestzug der streikenden Tageszeitungsjournalist_innen durch die Essener InnenstadtFoto: ver.di
Protestzug der streikenden Tageszeitungsjournalist_innen durch die Essener Innenstadt
Foto: ver.di

In Bielefeld haben sich etwa ebenso viele Journalist_innen an einer Kundgebung auf dem Jahnplatz beteiligt und Kuchen und Flyer an Passanten verteilt, um ihre Forderung nach einem größeren Stück vom Verlegerkuchen deutlich zu machen.

Etwa 150 streikende Tageszeitungsjournalist_innen haben sich auf dem Jahnplatz in Bielefeld versammeltFoto:
Etwa 150 streikende Tageszeitungsjournalist_innen haben sich auf dem Jahnplatz in Bielefeld versammelt
Foto: Susanne Lahr

Indessen wurden die Streiks vor der gestrigen Verhandlungsrunde auch auf Schleswig Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern ausgeweitet. Während sich in Schleswig-Holstein etwa die Redaktionen der „Kieler Nachrichten“ ab 12:00 Uhr und der Lübecker Nachrichten ab 14:00 im Streik befanden, hatten sich zuvor bereits Journalist_innen aus Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern auf den Weg nach Berlin gemacht, um dort zu Beginn der 5. Verhandlungsrunde vor dem Maritim proArte Hotel zu demonstrieren.

Journalist_innen aus Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin demonstrieren zu Beginn der 5. Tarifverhandlunsgrunde vor dem Maritim proArte Hotel in BerlinFoto: Gabriele Senft
Journalist_innen aus Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin demonstrieren zu Beginn der 5. Tarifverhandlunsgrunde vor dem Maritim proArte Hotel in Berlin
Foto: Gabriele Senft

„Dieses Ergebnis konnte nur erreicht werden dank des Engagements der Kolleginnen und Kollegen, die mit Streiks und Aktionen in den vergangenen Tagen und bei den Verhandlungsrunden zuvor den Druck auf die Verleger  erhöht haben“, bedankte sich Werneke im Anschluss an die Tarifverhandlungen für den Einsatz der Streikenden, durch den es auch möglich gewesen sei, die Forderung der Verleger nach einem Sonderopfer für Journalist_innen aus den norddeutschen Bundesländern abzuwehren.

Das nun erzielte Tarifergebnis sieht eine Erklärungsfrist bis zum 29. Juli 2016 vor, innerhalb derer die Tarifgremien darüber beraten.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie ethisch kann KI berichten?

Ein ethischer Kompass ist angesichts zunehmender Desinformation immer wichtiger – für Journalist*innen, aber auch Mediennutzende. Positivbeispiele einer wertebewussten Berichterstattung wurden jüngst zum 20. Mal mit dem Medienethik Award, kurz META, ausgezeichnet. Eine Jury aus Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien HdM vergab den Preis diesmal für zwei Beiträge zum Thema „Roboter“: Ein Radiostück zu Maschinen und Empathie und einen Fernsehfilm zu KI im Krieg.
mehr »

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

krassmedial: Diskurse gestalten

Besonders auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Telegram verbreiten sich rechtsextreme Narrative, die zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Wie Journalist*innen dem entgegen wirken und antidemokratische Diskursräume zurückgewinnen können, diskutierten und erprobten etwa 70 Teilnehmende der diesjährigen #krassmedial-Sommerakademie von ver.di am Wochenende in Berlin-Wannsee.
mehr »