Wortbruch bei Verhandlungen

Protestaktion der Deutschen Welle Anfang September in Bonn
Foto: Fabian Schmidt

Deutsche Welle verweigert angemessene Tariferhöhungen

Bei der Deutschen Welle (DW) stehen die Zeichen nach gescheiterten Tarifverhandlungen auf Sturm. Anfang September prangerten insgesamt 140 Beschäftigte der DW in Berlin und Bonn jeweils in einer aktiven Mittagspause den „Wortbruch“ der Geschäftsleitung an.

Bereits Ende Januar dieses Jahres hatten sich die Tarifparteien auf ein Eckpunktepapier geeinigt. Danach sollten die Beschäftigten über 33 Monate insgesamt 6,2 Prozent mehr Geld erhalten. Die Vergütung der Azubis und Volontär*innen sollte sich jedes Jahr um 50 Euro erhöhen. ver.di hatte zudem gefordert, das vereinbarte Volumen in Form eines Festbetrags zu verteilen, von dem besonders die unteren Gehaltsgruppen profitieren würden. Die weitere Diskussion über das Papier sei dann aus Sicht von ver.di eine Zeit lang verschleppt worden – dann mussten die Tarifverhandlungen wegen der Corona-Pandemie unterbrochen werden. Als sie im Juni wieder aufgenommen wurden, war von Seiten der DW nur noch von einer Gehalts- und Honorar-Erhöhung von drei Prozent über 33 Monate die Rede, also etwa einem Prozent pro Jahr. „Damit wären die Beschäftigten der DW nicht nur von der positiven Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft in den letzten Jahren abgekoppelt, sondern auch von der prognostizierten Entwicklung der Inflation“, kritisierte Klaus Barm, Mitglied im ver.di-Tarifausschuss bei der Deutschen Welle.

Den Rückzug begründete die Geschäftsführung der steuerfinanzierten DW mit der ungewissen Haushaltssituation. Da der Bund aufgrund der Corona-Krise hohe Einschnitte in der Wirtschaft mit einem „bisher nie dagewesenen Rettungspaket“ kompensieren musste, müsse mit „großen Risiken für den Bundeshaushalt und damit für den DW-Haushalt“ gerechnet werden, hieß es aus der DW-Verwaltung.

Um diesem Risiko einer Verringerung des DW-Budgets durch die Bundesregierung Rechnung zu tragen, boten die Gewerkschaften der Senderleitung ein Sonderkündigungsrecht für den Tarifvertrag an. Doch das lehnte diese ab. Die Gewerkschaften erklärten die Tarifverhandlungen daraufhin am 17. August für gescheitert. „Das ist kein Angebot, sondern Ausdruck mangelnder Wertschätzung. Die Deutsche Welle versucht, neben etwaigen Mehrbelastungen der Corona-Krise weitere Risiken auf die Belegschaft abzuwälzen“, erklärte dazu ver.di-Verhandlungsführerin Kathlen Eggerling. Eggerling forderte die Geschäftsleitung auf, mit einem ernstgemeinten Angebot an den Verhandlungstisch zurückzukehren. „Solange sich die DW nicht bewegt, werden weitere Arbeitskampfmaßnahmen unausweichlich sein“, so die Gewerkschafterin.

 

 

 

 

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »

Schwierige Neuanfänge für Exiljournalisten

Für Journalist*innen im Exil ist es schwer, in ihrem Beruf zu arbeiten. Gerade wenn sie aus Ländern kommen, die wenig im Fokus des öffentlichen Interesses stehen. „Ich gehöre zu den Privilegierten“, sagt Omid Rezaee im Gespräch mit M. Der heute 34-jährige ist 2012 aus dem Iran geflohen, weil er dort wegen seiner Berichterstattung verfolgt wurde.Um einer Gefängnisstrafe zu entgehen, floh er zuerst in den Irak und dann nach Deutschland. Hier lebt er seit neun Jahren und arbeitet als Journalist.
mehr »