Redakteure zweiter Klasse

Tariflose Tochter bei der Rheinischen Post

Die Verlagsgruppe Rheinische Post (RP) plant nach Informationen der dju NRW eine verstärkte Beschäftigung redaktioneller Mitarbeiter in der tariflosen Tochtergesellschaft RP Media. In ihr sollen zunächst alle Neueinstellungen und übernommene Volontäre und Pauschalisten beschäftigt werden – und kräftig unter dem derzeit geltenden Tarif für Redakteure an Tageszeitungen bezahlt werden.


Auch wenn der Verlag offiziell noch dementiert, aus der RP ist zu hören, dass der neue 36jährige Chefredakteur Michael Bröcker, sein Stellvertreter Horst Thoren und der Personalleiter Volker Kaufels die Pläne mit der Tochter RP Media im Hause Anfang April bereits vorgestellt haben. Redakteure mit einem alten Vertrag nach Tarif sollen einstweilen Bestandsschutz haben, und müssen erst für den Fall, dass ihr befristeter Vertrag ausläuft oder sie befördert werden, in die Tochter-Gesellschaft wechseln. Jeder, der nach dem Volontariat übernommen wird (laut Chefredakteur Bröcker werden das aber nicht alle sein, sondern „nur die Besten“), erhält einen Angestelltenvertrag mit einem Gehalt von je nach Angebot 2.000 bis 2.400 Euro brutto im Monat. Damit sind die so Übernommenen „Redakteure zweiter Klasse“, dann immerhin sozialversicherungspflichtig angestellt. Urlaubs- und Weihnachtsgeld soll es nicht mehr geben, den Sonntagszuschlag schon. Auch die Urlaubstage sollen gekürzt werden, von 30 auf 25 Tage.

Immense Einkommensverluste

In der RP Media soll nach der vom Chefredakteur und Rösler-Biographen Bröcker ausgegebenen Devise „Leistung muss sich lohnen“ die kollektive Bezahlung nach Tarifverträgen und eine Staffelung des Gehalts nach Berufsjahren endgültig ausgesorgt haben. An deren Stelle sollen individuelle Zielvereinbarungen mit nur noch leistungsbezogenen Gehaltszuwächsen eingeführt werden. Bei den immensen Einkommensverlusten, die die neuen Mitarbeiter der RP Media hinnehmen müssen, fällt es fast kaum noch ins Gewicht, dass die ohnehin meistens nicht erfasste Wochenarbeitszeit von 36,5 (wie im Tarifvertrag vereinbart) auf 40 Stunden erhöht werden soll.
Der Betriebsrat der Rheinischen Post weiß zumindest offiziell von diesen radikalen Einsparungsplänen bis jetzt nichts. Er lässt derzeit aber klären und prüfen, ob seine Zuständigkeiten auch für die RP Media gelten, so der Vorsitzende Klaus Peter Kühn.
Auf einer Betriebsversammlung am 10. April bestätigten Verlags- und Redaktionsleitung, dass Neueinstellungen trotz einer kerngesunden wirtschaftliche Lage des Verlages zukünftig in der tariflosen RP Media stattfinden sollen. Zu den konkreten Konditionen wurde nichts gesagt, verschlechtern solle sich angeblich niemand, das Unternehmen solle so nur „flexibel“ gehalten werden.

 fbi

Weitere aktuelle Beiträge

Die Krux mit der KI-Kennzeichnung  

Soziale Netzwerke wie Instagram oder TikTok werden mit Inhalten geflutet, die künstlich erschaffen oder manipuliert wurden. Für Nutzer*innen ist es mitunter kaum möglich zu unterscheiden, was „echt“ ist und was nicht. Waren Fälschungen in Zeiten, als generative KI nicht allgemein zugänglich war, zumeist aufwändig, lassen sich heute sekundenschnell realistisch wirkende Bilder und Videos erzeugen.
mehr »

Echte Relevanz statt vieler Klicks

Wenn Themen nach ihrer erwarteten Reichweite ausgewählt werden und nicht nach ihrer gesellschaftlichen Relevanz für die Menschen vor Ort, dann gefährdet das den demokratischen Zusammenhalt und fördert den politischen Rechtsruck. Dagegen hilft eine Journalismusförderung nach ethischen Standards.
mehr »

Medien, Meinung und Metaverse

Die Mehrheit der Deutschen tut sich schwer, Werbung, Meinung und Fake News zuverlässig zu erkennen. Gleichzeitig bestimmen Algorithmen und Künstliche Intelligenz, welche Inhalte sichtbar werden. Das zwingt nicht nur Nutzer*innen, sondern auch Redaktionen, Medienkompetenz neu zu definieren – als gemeinsame Aufgabe für eine souveräne Öffentlichkeit.
mehr »

„Kleine Anfragen“ bedrohen Medien

In Deutschland haben sich gewaltsame Angriffe auf Journalist*innen 2024 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt – insbesondere auf rechtsextremen, antisemitischen und verschwörungsideologischen Versammlungen. Doch es gibt auch subtilere Bedrohungen von rechts wie Akkreditierungsverweigerung, Einschüchterungsklagen (SLAPPs) oder Kleine Anfragen, die auf den Entzug staatlicher Förderungen oder Aberkennung von Gemeinnützigkeit zielen und eine pressefeindliche Stimmung befeuern.
mehr »