Die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Rheinland-Platz wollen den Südwestrundfunk künftig (SWR) moderner aufstellen. Dazu legten sie Anfang November einen Entwurf zur Novellierung des SWR-Staatsvertrags vor. Zentrale Änderungen betreffen die Organisationsstrukturen sowie die Aufsichtsgremien des SWR. Rundfunkrat und Verwaltungsrat sollen bei der Mitgliederzahl jeweils um rund 30 Prozent verkleinert werden. Der SWR soll noch stärker auf Regionalität ausgerichtet werden.
Ziel der Staatsvertragsnovelle sei es, „mehr Effizienz und Sparsamkeit in Verwaltung und Technik“ zu erreichen, erklärte die rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD). Es gehe auch darum, „mehr Programm und Innovationen zu ermöglichen“. Baden-Württembergs Medienstaatssekretär Rudi Hoogvliet (Grüne) verwies darauf, dass der Staatsvertrag nun von Bürger*innen kommentiert werden könne. Dazu steht der Entwurf online zum Abruf bereit. Bis zum 26. November können Stellungnahmen abgegeben werden. Geplant ist, dass die Novelle Anfang September 2025 in Kraft tritt. Zuvor müssen auch noch die Landtage in beiden Ländern zustimmen.
Mit dem neuen Staatsvertrag möchte der SWR flexibler entscheiden, welche Hörfunkprogramme er betreiben will, um seinen Auftrag zu erfüllen. Neben je einem Landesprogramm für Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sollen vier weitere Radiowellen möglich sein. Hinzu kommen zwei (bisher drei) ausschließlich online verbreitete Programme. Bislang ist im Staatsvertrag überwiegend festgelegt, welche Ausrichtung die Programme haben müssen.
Mehr Regionales weniger Direktoren
Die Rundfunkanstalt soll mit der Novelle „in besonderem Maße der regionalen Berichterstattung verpflichtet“ werden. Bisher läuft die aktuelle Berichterstattung aus den Regionen beider Länder für Radio, Fernsehen und Internet über zwei Landessender. Sie sind in Stuttgart und Mainz angesiedelt und sollen aufgelöst werden. Damit würden auch die beiden Direktorenposten bei den Landessendern wegfallen.
Der SWR soll künftig auch mehr Freiräume erhalten, wie er sich organisatorisch aufstellt. Derzeit gibt es neben der Intendantenposition noch acht Direktionen, darunter die beiden Landessenderdirektionen. SWR-Intendant Kai Gniffke hatte zuletzt mehrfach erklärt, die Anzahl der Direktionen auf sechs reduzieren zu wollen. Die bisherige Geschäftsleitung des SWR soll durch die Staatsvertragsnovelle in ein Direktorium umgebaut werden. So soll „ein neues, modernes Kollegialorgan“ geschaffen und die Leitung „auf eine breitere Basis gestellt“ werden, wie es im Entwurf heißt. Dem Direktorium sollen der Intendant und die Direktoren angehören. Der Intendant würde an der Spitze des Direktoriums stehen. Ihm obliegt nach den Plänen auch die Letztverantwortlichkeit.
Vorgesehen ist, dass das Direktorium unter anderem zuständig ist für die Programm- und Digitalstrategie, die Erstellung des Haushaltsplans sowie personalstrategische Entscheidungen. Die Anzahl der Direktoriumsmitglieder und damit auch Anzahl der Direktionen sowie deren Zuschnitte soll der SWR selbst festlegen können, und zwar über eine Organisationsverfügung. Sie soll weiterhin vom SWR-Verwaltungsrat genehmigt werden müssen.
Verwaltungsrat soll schrumpfen
Der Verwaltungsrat, der vor allem die Finanzen des Senders kontrolliert, soll künftig zwölf statt bisher 18 Mitglieder haben. Zudem soll er stärker in ein Sachverständigengremium umgebaut werden. So müssen laut dem Entwurf künftig sieben vom Rundfunkrat zu wählende Mitglieder Erfahrungen in bestimmen Bereichen nachweisen, etwa der Medienwirtschaft, der Wirtschaftsprüfung oder der Personalwirtschaft. Solche Erfahrungen müssen nach den aktuellen Regelungen die zehn Verwaltungsratsmitglieder, die bisher vom Rundfunkrat zu wählen sind, nicht nachweisen. In den Verwaltungsrat sollen die Landtage und Regierungen beider Länder künftig je ein Mitglied entsenden. Bislang sind es zusammen sechs. Ein Verwaltungsratssitz ist für den Personalrat vorgesehen (derzeit zwei Sitze).
Rundfunkrat verkleinern
Den SWR-Rundfunkrat wollen die beiden Landesregierungen auf 52 Mitglieder verkleinern. Bisher gehören dem Gremium, das vor allem für die Programmaufsicht zuständig ist, 74 Personen an. Damit ist der SWR-Rundfunkrat das größte Aufsichtsgremium im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Künftig sollen im Rundfunkrat nicht mehr alle der bisher vertretenden Verbände, Organisationen und Kirchen eigenständige Sitze haben. Geplant ist, dass viel mehr Institutionen als bisher, sich Plätze teilen müssen.
Die Journalismus-Gewerkschaften sind im SWR-Rundfunkrat bislang mit zwei Sitzen vertreten, was auch nicht geändert werden soll. Einen Sitz teilen sich aus Baden-Württemberg der Deutsche Journalistenverband und die dju in ver.di. Ein weiterer Sitz steht aus Rheinland-Pfalz dem DJV gemeinsam mit der dju in ver.di zu.
Außerdem haben aktuell die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der Deutsche Beamtenbund jeweils zwei Rundfunkratssitze (je einen für die Landesverbände aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz). Der Sitz der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft aus Rheinland-Pfalz soll wegfallen. Der Beamtenbund soll künftig nur noch ein Mitglied entsenden können, entweder aus Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz.
Wer darf bleiben?
Dem Rundfunkrat soll demnächst erstmals ein Mitglied eines Lesben- und Schwulenverbands angehören (entweder aus Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz). In dem Gremium soll die Anzahl der Landtagsabgeordneten reduziert werden. Bisher sind es zwölf, künftig sollen es nur noch acht sein (sechs aus Baden-Württemberg und zwei aus Rheinland-Pfalz). Regierungsmitglieder sollen weiterhin nicht im Rundfunkrat dabei sein. Vorgesehen ist, dass künftig drei Rundfunkratssitze an 18- bis 25-Jährige gehen sollen. Zwei Plätze gibt es für junge Menschen aus Baden-Württemberg, ein weiterer für eine Person aus Rheinland-Pfalz. Die Vergabe läuft nach öffentlicher Ausschreibung über den zuständigen Fachausschuss im jeweiligen Landtag.
Da beim SWR die Landessender wegfallen sollen, ist auch geplant, die bisherigen Landesrundfunkräte aufzulösen, die noch das jeweilige Landesprogramm kontrollieren. Künftig soll es beim SWR-Rundfunkrat zwei Landesprogrammausschüsse geben, dem dann die jeweiligen Rundfunkratsmitglieder aus Baden-Württemberg bzw. Rheinland-Pfalz angehören.