Vor dem Bundesarbeitsgericht hat ver.di im Februar einen Sieg von erheblicher Bedeutung errungen. Kern der höchstrichterlichen Entscheidung: Zeitungsverleger haben kein Recht, Redakteurinnen und Redakteure, die sich an einem Streik beteiligen, das Urlaubsgeld oder die Jahresleistung (auch als Weihnachtsgeld bezeichnet) zu kürzen. Der Versuch, Streikende zu verunsichern und zu demotivieren, künftig für ihre Rechte einzutreten und auch auf die Straße zu gehen, ist damit gescheitert. Im Gegenteil, das Urteil stärkt ihnen den Rücken.
Mehr als 3.000 Redakteurinnen und Redakteure von Tageszeitungen streikten 2003 / 2004 wechselnd wochenlang für ihren Manteltarifvertrag (MTV), der von den Arbeitgebern gekündigt worden war. Mit engagierten und ideenreichen Aktionen machten Kolleginnen und Kollegen unmissverständlich klar, dass sie sich noch mehr Einbußen nicht ohne weiteres gefallen lassen. Sie erreichten, dass der MTV für die 14.000 an Tageszeitungen beschäftigten Redakteurinnen und Redakteure rückwirkend zum 1. Januar 2003 – mit geringfügigen Abstrichen – wieder in Kraft gesetzt wurde.
Aber es gab auch danach keinen „Frieden“. Viele Verleger, unter ihnen die WAZ-Gruppe und der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (SHZ), kürzten Redakteuren anteilig um die Tage, an denen sie streikten, tarifliches Urlaubsgeld oder Jahresleistung. Mehrere Kollegen klagten mit Rechtsschutz von ver.di und dem DJV. Zwei „Fälle“ wurden bis zum BAG durchgezogen. So wurde einem von ver.di vertretenen Kollegen das Urlaubsgeld 2003 um einen und für 2004 um 10 Streiktage gekürzt. Die Begründung: Das Urlaubsgeld sei als Einmalzahlung nur für eine erbrachte Arbeitsleistung zu zahlen, die beim Streik jedoch nicht erbracht werde. Dieser Auffassung widersprach die letzte arbeitsgerichtliche Instanz: Der Anspruch auf Urlaubsgeld bestehe bereits aufgrund eines rechtlichen Arbeitsverhältnisses und sei nicht abhängig von der tatsächlich erbrachten Leistung. Außerdem: „Hier seien aber doch nur einfach einige Tage gestreikt worden“, so das BAG.
Eine Musterklage gewann der DJV in Absprache mit der dju in ver.di für unseren Kollegen Helge Kondring aus Essen, der sich gegen die Kürzung seiner Jahresleistung wegen seines Streikengagements wehrte. Hier wurde zwar vom BAG grundsätzlich eine Kürzungsmöglichkeit bejaht. Allerdings war diese durch eine sogenannte Maßregelungsklausel im Tarifvertrag ausgeschlossen. Darin wird dem Arbeitgeber verwehrt, Streiktage wie Ruhezeiten zu behandeln, die den Anspruch mindern würden.
Wie gut, dass es derartige von ver.di ausgehandelte Tarifverträge gibt! Für die lohnt es sich doch zu streiten, oder ?