Elektronische Medien – Entwicklung und Regulierungsbedarf
Das anbrechende „Jahrzehnt der Konvergenz“ bislang getrennter Medien und der verschiedenen Formen von Telekommunikation hat der Münchner Kreis in einer bislang einmaligen Studie auf Entwicklungstrends und Regulierungsbedarf analysieren lassen. Das nun vorliegende 600-Seiten-Buch dreier renommierter Experten analysiert, wie sich die einzelnen Märkte entwickeln und warum welche Institutionen der Regulierung inwieweit durch politisch kluge Entscheidungen verändert werden müssen. Unterstützt haben die Studie auch alle deutschen Landesmedienanstalten und führenden Unternehmen aller betroffenen Bereiche – allerdings ohne inhaltlich Einfluss zu nehmen.
Nicht zu Unrecht urteilt der Vorstandschef des Münchner Kreises, Prof. Arnold Picot: „Die Ergebnisse sind bemerkenswert.“ So moniert etwa Prof. Dieter Dörr, dass nach bisherigem deutschen Rundfunkrecht „fast alles Bewegtbildangebote im Internet Rundfunk sind, was schlicht Unsinn ist“. Statt das Rundfunkrecht des analogen Zeitalters auf das gesamt Web auszudehnen, sagte er bei der Vorstellung der Studie, sollte die „Selbstkontrolle der Presse auf alle Online-Anbieter übertragen“ werden. Der Gesetzgeber müsse eine klare Unterscheidung in Rundfunk, Telemedien, elektronische Presse und andere Dienste vornehmen, die dann entsprechend ihrer Marktspezifik reguliert werden.
Durchführen soll dies nach Meinung von Prof. Bernd Holznagel eine „Länder-Medien-Anstalt“, die bundesweit über Rundfunk und Telemedien entscheidet. Zudem müsse es eine „bessere Kooperation“ von Netz- und Telekommunikationsregulierung mit einer reformierten Medienregulierung in Deutschland geben. Laut Holznagel sollten „stärkere Anreize für publizistischen Mehrwert“ nicht nur im Rundfunkrecht geschaffen werden, um das durch bloßen Wettbewerb um Werbeeinnahmen im Internet vorhandene Marktversagen zu korrigieren. Das sei eine „demokratiepolitisch bedeutsame Frage“.
Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk befürwortet die Studie eine „Entwicklung zu Multimediaunternehmen“ – allerdings unter schrittweisem Ausstieg aus Sponsoring und Werbung. Zudem müsse mit neuen Gebührenverfahren, klarer Aufgabendefinition und Drei-Stufen-Test der gesellschaftliche Mehrwert im Digitalen festgestellt und Wettbewerbsverzerrung sowie Überforderung der zahlenden Bürger ausgeschlossen werden. Dagegen setzte sich die Medienökonomin Dr. Doris Hildebrand als Mitautorin bei der Präsentation der Studie für die Beibehaltung von Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein. Aus ökonomischer Sicht sei dies „ein Korrektiv für mehr Wettbewerb am Werbemarkt“. Im Mittelpunkt von Regulierung, so die drei Autoren der Studien unisono, müssten der Nutzer mit seinen Bedürfnissen sowie die Marktentfaltung unter Wahrung von Vielfalt und Verhinderung von Meinungsmacht stehen.
Fazit: Auch wenn der Stoff des Buches nicht gerade leichte Kost ist – es ist Standardwerk für alle, die aktuelle und künftige Kommunikationsumbrüche verstehen wollen.
Bernd Holznagel, Dieter Dörr, Doris Hildebrand
Elektronische Medien – Entwicklung und Regulierungsbedarf
Verlag: Vahlen 2008
64,00 Euro