ver.di im Gespräch: Köpfe-Ideologie zu Lasten des ZDF-Programms
In der Belegschaft des ZDF herrscht Besorgnis. Auslöser ist der Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), in dem erhebliche Einsparungen auch im Personalbereich gefordert werden. Danach müssten bis 2016 im ZDF bis zu 300 Stellen eingespart werden. ver.di im ZDF hat sich am 16. März in Mainz mit dieser Forderung auseinandergesetzt. In der Reihe „ver.di im Gespräch“ wollte Moderator Uli Röhm vom sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich wissen: „Wie soll das ZDF mit immer weniger Personal weiterhin gutes Programm machen?“
Er gilt als der starke Mann der CDU-Medienpolitik: Stanislaw Tillich bestimmt im ZDF-Verwaltungsrat über die Finanzen des Mainzer Senders. Und im Hintergrund plant der Leiter seiner Staatskanzlei Johannes Beermann, zugleich Mitglied des ZDF-Fernsehrats, die Zukunft der öffentlichen-rechtlichen Sender. Wenn es nach den beiden CDU-Politikern geht, ist eines klar: Mehr Geld soll es für ARD und ZDF nicht geben: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss genauso sparen wie die Politik“, forderte Tillich in seinem Eingangsstatement.
Wie das gehen soll, hatte Johannes Beermann im Mai 2011 an gleicher Stelle deutlich gemacht (siehe Bericht M 4–5/2011), als er eine Aufgabenreduzierung forderte, um die Rundfunkgebühr stabil zu halten. Dieses Rezept bestätigte Tillich knapp ein Jahr später und stellte die Ausformung der drei ZDF-Digitalkanäle in Frage. „Sie haben sich zu Vollprogrammen entwickelt, die so nicht ausgemacht waren“, moniert er und kritisierte mit Blick auf die gestiegene Zahl der Beschäftigten: „Das ZDF hat hier seine Hausaufgaben nicht gemacht.“ Deshalb sei die Forderung der KEF nach Personalreduzierung auch keine Ohrfeige für den Verwaltungsrat, der die dafür notwendigen Mittel genehmigt hatte. Vielmehr habe sich die KEF nur an die Vorgaben der Politik zur „Gebührenkonstanz“ gehalten.
Politisch unabhängig
Es gehört zu den Ungereimtheiten in dieser Diskussion, dass die KEF solche Vorgaben der Politik akzeptiert. Dabei liegt ihre Existenzberechtigung doch vor allem darin, den Finanzbedarf politisch unabhängig zu beurteilen, um zu verhindern, dass die Politik über die Finanzierung Einfluss auf die Rundfunkinhalte nehmen kann. Doch genau dies droht nun. Die KEF-Forderung nach weniger Personal entspricht der politischen Auffassung, nicht nur der des sächsischen Ministerpräsidenten Tillich. Argumente, dass das ZDF bei den Personalaufwendungen insgesamt die Sparvorgaben eingehalten habe, verpufften. Die öffentliche Kritik fokussiert sich auf die absolute Zunahme bei der Zahl der Köpfe.
Diese Köpfe-Ideologie kritisierte der ZDF-Personalratsvorsitzende Edgar Rößler im Laufe der Diskussion: „Wenn Produktionen, die von eigenem Personal gemacht werden, durch Auftragsproduktionen ersetzt werden, dann spart das keine Kosten, sondern ist sogar oft teurer. Das Geld kommt nur aus einem anderen Topf“, erläuterte er den Zusammenhang zwischen Personalkosten und Programmaufwendungen
Auf den ersten Blick pflichtete ihm Tillich bei. Selbstverständlich müssten solche Entscheidungen im Einzelfall überprüft werden: „Fiktive Kostenverlagerungen sind natürlich nicht sinnvoll.“ Aber schon im nächsten Satz kehrte der sächsische Ministerpräsident wieder zu seiner ursprünglichen Meinung zurück und konstatierte: „Was das ZDF braucht, ist nicht mehr Geld fürs Personal, sondern mehr programmliche Innovationen.“ Ein neues Programm, das ohne Personal auskommt und nichts kostet – das wäre wahrlich eine Innovation. Bis es so weit ist, braucht man für gutes Programm jedoch weiterhin genügend Personal. Und hier verwies Moderator Uli Röhm darauf, dass das ZDF die geforderten Hausaufgaben durchaus bewältigt habe und die Personalquote im ZDF heute bei lediglich 15 Prozent liege. Da stelle sich die Frage: „Wo will man da noch sparen?“
Verzicht auf digitales Jugend-Angebot
Auch hier sieht Tillich kein Problem: Einfach verzichten, z.B. auf die „Talkshow-Flut“ oder auf den „Überbietungswettbewerb“, wenn ARD und ZDF getrennte Silvesterkonzerte ausstrahlen. Oder auf die Pläne für ein weiteres Digitalangebot, das sich an Jugendliche wenden soll.
Einen solchen Kanal hatte der starke Mann der SPD-Medienpolitik, Martin Stadelmeier, ins Gespräch gebracht. In diesem Zusammenhang deutete Tillich an, dass der Chef der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei gemeinsam mit seinem sächsischen Pendant Johannes Beermann an einem gemeinsamen Vorschlag für eine medienpolitische Neuordnung arbeite. Auf Nachfrage erklärte Tillich lediglich, dass dies natürlich keine 1:1 Neuauflage des sogenannten Beermann-Papiers sein werde. Mehr ließ er sich nicht entlocken. Dennoch wird klar: Im Hintergrund tut sich etwas. Was von der Medienpolitik bislang als zustimmende Reaktion auf die KEF-Forderungen zu hören war, dürfte bei den Beschäftigten von ARD und ZDF die Besorgnis nicht zerstreuen. Selbst wenn Tillich abschließend versprach: „Machen Sie sich nicht zu viele Sorgen. Ich sitze nicht im Verwaltungsrat, um der Totengräber des ZDF zu werden.“ Die Mitarbeiter befürchten nach den Hausaufgaben nun Strafaufgaben – und die würden nicht nur zu Lasten der Arbeitnehmer gehen, sondern auch auf Kosten der Programmqualität.