Serie: Journalismus Online

Noch hält sie ihr Kind auf dem Arm, spielt ein wenig mit ihm, bringt es dann zu Bett. Sie betritt das Nebenzimmer, schaltet den Computer ein – aus der Mutter wird die Journalistin. Per ISDN-Leitung ist sie mit ihrer Redaktion verbunden. Die Tageskonferenz beginnt – das Kind ist pünktlich sanft entschlummert. Endlich ist es möglich, Job und Familie konfliktfrei zu verbinden. Schöne neue Medienwelt – der Werbespot der Telekom zeigt, wie’s geht.Die digitale Übertragung von Text-, Bild- und Tondaten macht es möglich, den journalistischen Arbeitsplatz aus dem Verlag herauszuverlagern. Per Datenleitung wird die Verbindung aufrechterhalten…

Nicht nur freie Mitarbeiter spielen ihre Texte oder Beiträge per Modem oder ISDN-Leitung in die Redaktion, auch die Rathaus- oder Fußballreporterin kann direkt vom Ort des Geschehens ihre Texte, O-Töne oder Bilder übermitteln. Sogar ganze Zeitungsseiten können extern an entsprechend ausgestatteten Arbeitsplätzen recherchiert, geschrieben, redigiert und gestaltet werden. Im Verlag sitzt dann nur noch der einsame presserechtlich verantwortliche Redakteur. Outsourcing nennt sich diese Art der Auflösung traditioneller Betriebsstrukturen, die in ihrer Konsequenz auch bisherigeFormen gewerkschaftlicher Arbeit in Frage stellt. Wer ist schließlich meine Kollegin, wenn nebenan nur noch das Kind schläft?Neben diesen Veränderungen der Betriebs- und Arbeitsstrukturen bringt Multimedia auch inhaltliche Veränderungen in den Journalismus. Neue Berufsbilder entstehen, alte Grenzen zwischen den klassischen Medien und zwischen unterschiedlichen Berufen verschwimmen zunehmend.In einer Serie will sich „M“ mit diesen Veränderungen des Berufsbildes auseinandersetzen: Welche Formen multimedialer journalistischer Arbeitsformen existieren bislang? Gelten die alten Standards journalistischer Qualität noch unter den neuen technischen Bedingungen? Welche neuen Qualifikationen sind gefragt? Wo und wie erwirbt man sie? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt einer Porträtreihe.Den Anfang machen heute online-Redakteure beim Berliner „Tagesspiegel“. Zusätzlich ein Bericht über das Seminar „Multimedial: Die Journalistinnen und Journalisten von morgen“ (l.). Über den Arbeitsmarkt informiert Roland Karle: „Wanted: Wissen fürs Web“ .

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Kriminalität nicht mit Migration verknüpfen

Kriminelle Migranten bedrohen die Sicherheit in Deutschland“ – dieses alte rechte Narrativ wird von der AfD neu belebt und verfestigt sich in der Mitte von Gesellschaft und Politik. Medien, die diese realitätsverzerrende Erzählung bedienen, weil sie meinen, die laute Minderheit repräsentiere ein öffentliches Interesse, spielen mit dem Feuer.
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Mit BigTech gegen Pressefreiheit

Der Vogel ist frei“ twitterte der US-Milliardär und Big Tech-Unternehmer Elon Musk am 28. Oktober 2022, dem Tag seiner Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter, der damals noch den blauen Vogel als Logo hatte. Der reichste Mann der Welt wollte nach eigener Aussage den Dienst zu einer Plattform der absoluten Redefreiheit machen: „Freie Meinungsäußerung ist die Grundlage einer funktionierenden Demokratie, und Twitter ist der digitale Marktplatz, auf dem die für die Zukunft der Menschheit wichtigen Themen diskutiert werden“, hatte Musk vor der Übernahme erklärt.
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Neue Nachrichten für Russland

Reporter ohne Grenzen (RSF) hat in Paris gemeinsam mit der Witwe von Alexej Nawalny, Julia Nawalnaja, den neuen Fernsehsender Russia’s Future  vorgestellt. Der Sender soll das Vermächtnis des in russischer Haft ermordeten Oppositionsführers bewahren und die Pressefreiheit in Russland stärken. Ausgestrahlt wird er über das von RSF initiierte Svoboda Satellite Package, das unabhängigen, russischsprachigen Journalismus sendet.
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Gleichstellungsbeauftragte im ÖRR stärken

Das Bekenntnis zur Gleichstellung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zeigt sich unter anderem im Vorhandensein von Gleichstellungsbeauftragten. Grundlage ist die jeweils entsprechende gesetzliche Regelung der Bundesländer, in denen die Sender angesiedelt sind. Gleichstellungsbeauftragte sollen nach dem Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG), die Beschäftigten vor Benachteiligungen aufgrund ihres Geschlechtes zu schützen und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz durchzusetzen.
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