Bild-Redaktion soll den Stammsitz Hamburg verlassen
Das Timing war perfekt: Am Abend des Kampftags der Arbeit ruft der Chefredakteur von Bild beim Betriebsrat an und informiert, dass da etwas am nächsten Tag in der FAZ stehen würde. Was – das konnten Betriebsrat, Belegschaft und Bild-Redakteure dann in einem Exklusiv-Interview mit Kai Diekmann am Folgetag nachlesen: Die Bild-Redaktion verlässt den Stammsitz Hamburg, wird von der Hansestadt nach Berlin umziehen.
Es sei Wunsch und Wille der Redaktion, so Diekmann: Da „kommen wir an der Frage des Standorts Berlin nicht vorbei. … Es gibt zunächst einmal lediglich den Wunsch der Redaktion. … Berlin ist gelebter Informationsvorsprung. Die Bild-Zeitung ist gedruckter Informationsvorsprung, deshalb gehört beides zusammen.“ Zwar wurde das in der Hamburger Redaktion und auf der Redaktionskonferenz vehement in Abrede gestellt, wie Spiegel Online es schon Stunden später ins Netz stellte: „Was ist das für ein schlechter Stil? Ein Interview zu geben und uns damit vor vollendete Tatsachen zu stellen“; schimpfte eine Redakteurin.“
Betroffen sind 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Springer Hamburg – nicht nur aus der Redaktion von Bild und Bild am Sonntag, sondern auch im Verlag, der Anzeigenabteilung und dem Vertrieb. Das ist ein Drittel der Hamburger Belegschaft. Und betroffen sind auch die anderen Abteilungen des Verlages. Ein BR-Mitglied: „Wenn ein Drittel der Belegschaft wegbricht, wie soll dann etwa die Kantine so weiter arbeiten können wie bisher?“
Aber wirtschaftliche Interessen ständen hinter diesen Umzugsplänen nicht, verlängert Kai Diekmann sein redaktionelles Engagement. Eben jener Diekmann, der sich noch vor Monaten intern und vehement gegen die Umzugspläne seines Verlagschefs Mathias Döpfner gestellt haben soll. Dennoch: Das Springer Redaktionsgebäude in Berlin ist mit Welt, Welt am Sonntag, BZ und Berliner Morgenpost nicht ausgelastet. Hier sei, so Springer-Sprecherin Edda Fels, noch Platz für 1000. Vorauseilend und ungefragt die Beteuerungen von Verlagsleitung und Chefredaktion. Diekmann: „Mit Synergien hat das nichts zu tun.“ Fels: „Es geht nicht um Rationalisierung und Restrukturierung.“
Interessant in diesem Zusammenhang eine – termingerechte – Meldung des Branchendienstes Kontakter vom Vorabend des 1. Mai zu einem anderen Springer-Blatt: „Die Redaktion des Hamburger Abendblatts sorgt sich darüber, dass Teile der Berichterstattung von Hamburg nach Berlin abgezogen werden. … ‚Sollte es Entscheidungen bezüglich der Nutzung von möglichen Synergieeffekten zwischen den Zeitungsgruppen geben, werden wir dies sicher rechtzeitig kommunizieren‘, so ein Sprecher.“