Freispruch durch Schweizer Militärgericht

ST. GALLEN. Drei Schweizer Journalisten sind am 17. April von einem Militärgericht in St. Gallen vom Vorwurf der Verletzung militärischer Geheimnisse freigesprochen worden. Die Journa­listen der Zeitung SonntagsBlick Sandro Brotz, Beat Jost und Christoph Grenacher waren angeklagt worden, weil sie im Januar 2006 maßgeblich an der Veröffentlichung eines als geheim klassifizierten Dokumentes des Schweizer Nachrichtendienstes beteiligt waren.

Das Fax sollte vom ägyptischen Außenministerium stammen und war vom Schweizer Nachrichtendienst abgefangen worden. Darin sei auf die Existenz illegaler Gefängnisse des US-Geheimdienstes CIA in Osteuropa hingewiesen worden. Die Anklage hatte den Journalisten vorgeworfen, militärische Geheimnisse verletzt zu haben. Sie hätten damit den Nachrichtendienst geschwächt und die Sicherheit der Schweiz gefährdet. Dem folgte das Gericht nicht.
Die Schweizer Gewerkschaft comedia hatte gegen die „inakzeptable Anklage“ gegen Zivilisten vor einem Militärgericht protestiert und nahm nun das Urteil „mit Erleichterung“ auf, heißt es in einer Medienmitteilung. Das Urteil breche mit einer langen Kette von Verfahren gegen Medienschaffende, die sich kritisch über Vorgänge in Regierungskreisen und der Armee ­geäußert hätten. So habe 2003 der Bundeshauskorrespondent Urs Paul Engeler in der Weltwoche den ungefähren Standort eines geheimen Berner Regierungsbunkers erwähnt. Er wurde daraufhin vom Militärgericht zwar freigesprochen, musste aber ein Bußgeld von 400 Franken bezahlen. 2005 wurde der Bundeshauskorrespondent der Basler Zeitung, Niklaus Ramseyer, von Armeechef Christophe Keckeis mit einem Bußgeld von 700 Franken abgestraft, weil er über den Standort eines angeblich geheimen Bunkers der Baselbieter Kantonsregierung berichtete. Der SonntagsBlick-Journalist Alexander Sautter wurde 2006 vom Militärgericht zuerst zu 10 Tagen, dann zu 6 Monaten und schließlich zu 20 Tagen Gefängnis verurteilt, weil er die baulichen Mängel einer Luftwaffen-Kaverne in der Innerschweiz ­publik machte.
Auch die dju in ver.di hatte sich mit den drei SonntagsBlick-Kollegen solidarisch erklärt. „Diese Kollegen gehören nicht vor ein Gericht. Sie haben sich nicht strafbar, sondern verdient gemacht um die Information der Öffentlichkeit. Sie haben die Exis­tenz von geheimen Gefangenentransporten und Geheimgefängnissen der CIA in Europa durch eine eindeutige Quelle dokumentiert“, hieß es in einer Pressemitteilung. „Fragen der Pressefreiheit dürfen in einem demokratischen Rechtsstaat nicht von Sondergerichten – und dazu gehören Militärgerichte – entschieden werden.“

wen 
nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fußball-EM: Eine Halbzeitbilanz

Spätestens seit dem Gruppensieg der deutschen Nationalelf wechselte die Stimmung im Lande von Skepsis zu Optimismus. Ausgedrückt in Zahlen: Vor dem Start des Turniers trauten gerade mal sieben Prozent der Mannschaft den Titelgewinn zu, nach drei Partien stieg dieser Wert auf 36 Prozent. Entsprechend wuchs auch das Interesse an den TV-Übertragungen.
mehr »

Schutz vor zu viel Stress im Job

Immer weiter, immer schneller, immer innovativer – um im digitalen Wandel mithalten zu können, müssen einzelne Journalist*innen wie auch ganze Medienhäuser sich scheinbar ständig neu erfinden, die Belastungsgrenzen höher setzen, die Effizienz steigern. Der zunehmende Anteil und auch Erfolg von KI-basierten Produkten und Angeboten ist dabei nur das letzte Glied in der Kette einer noch nicht abgeschlossenen Transformation, deren Ausgang vollkommen unklar ist.
mehr »

Für eine Handvoll Dollar

Jahrzehntelang konnten sich Produktionsfirmen auf die Bereitschaft der Filmschaffenden zur Selbstausbeutung verlassen. Doch der Glanz ist verblasst. Die Arbeitsbedingungen am Set sind mit dem Wunsch vieler Menschen nach einer gesunden Work-Life-Balance nicht vereinbar. Nachwuchsmangel ist die Folge. Unternehmen wollen dieses Problem nun mit Hilfe verschiedener Initiativen lösen.
mehr »

Tarifverhandlungen für Zeitungsjournalist*innen

Bereits Ende Mai haben die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und dem Zeitungsverlegerverband BDZV begonnen. Darin kommen neben Gehalts- und Honorarforderungen erstmals auch Regelungen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Sprache.
mehr »