Positiver Druck

Erfolgreiches Mentoringprogramm des Journalistinnenbundes

Frauen haben es im Journalismus immer noch schwer, an die wirklich guten Jobs zu kommen. Vor allem bei freien Journalistinnen greifen auch keine Frauenförder-Programme. Mentoring kann jedoch auch außerhalb von Unternehmen organisiert werden.

Mentor hieß der Freund des Odysseus, der dessen Sohn erzog, während der Held selbst zwei Jahrzehnte seines Lebens dem Trojanischen Krieg widmete. Heutzutage beschreibt der Mentoring eine persönliche Weitergabe von beruflicher Erfahrung in einem begrenzten Zeitraum. Mentoring in diesem Sinne kommt aus den USA und wird dort eingesetzt, um verschiedenste benachteiligte Gruppen zu fördern. In der Bundesrepublik breitet sich Mentoring seit Mitte der 90er Jahre vor allem in großen Unternehmen, aber auch in Gewerkschaften und Institutionen aus. Es wird in der Regel eingesetzt, um Frauen zu fördern.

Seit zwei Jahren betreibt auch der Journalistinnenbund (JB) ein Mentoringprogramm. Ziel ist, jüngere Mitglieder von den Erfahrungen älterer, gestandener Journalistinnen profitieren zu lassen. Die Mentorin rät und begleitet aus ihrem Erfahrungsschatz heraus, hilft vielleicht auch mit ihrem eigenen Kontaktnetz. Ziele der Mentorings beim JB sind die bessere Positionierung der Mentees im Markt, Umorientierung oder auch größere Projekte wie Bücher schreiben. 70 Prozent der Teilnehmerinnen sind freie Journalistinnen. Der erste, bereits abgeschlossene Durchgang dauerte neun Monate, der jetzt laufende zweite Durchgang ist auf zwölf Monate verlängert worden.

Feste Mentoring-Paare haben sich bewährt

„Am Anfang war es gar nicht so einfach, genügend Mentorinnen zu finden“, sagt Rita Polm, eine der JB-Koordinatorinnen des Projekts. „Die Frauen wussten nicht genau, was auf sie zukommt.“ Wer vom Rat einer Mentorin profitieren will, bewirbt sich als Mentee. Wohnortnähe, Interessen, Erwartungen und die Berufsfelder spielen bei der Zusammensetzung der Paare eine Rolle. Die Mentorin soll älter sein als die Mentee, und die beiden dürfen in keinem direkten Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen. Elf Paare konnten so im ersten Durchgang zusammengestellt werden. Nur ein Paar brach das Mentoring ab. „Nach unseren objektiven Kriterien passten die beiden gut zusammen, aber die Wellenlänge stimmte einfach nicht“, sagt Rita Polm.

Sehr zufrieden sind dagegen Katrin Bischl und ihre Mentorin Judith Rauch. Zu Beginn des Mentorings hatte Katrin Bischl seit einem Jahr ihre Promotion hinter sich und arbeitete nun als freiberufliche Journalistin und Dozentin. Im Mentoring mit Judith Rauch, freie Wissenschaftsjournalistin, wollte sie klären, wie sie ihr Zeitmanagement verbessern und sich besser im Markt behaupten könnte, zudem, wie sie künftig zwischen Unterricht und Journalismus gewichten wollte. Klar wurde: Sie musste lernen, nein zu sagen und sich stärker profilieren. Ihre Mentorin ermutigte sie, sich von nervigen oder schlecht zahlenden Auftraggebern zu trennen und neue Aufträge zu akquirieren. Sie sollte sich auch journalistisch stärker spezialisieren. „Es ist sehr wichtig, am Anfang die Erwartungen und Ziele zu definieren“, sagt Judith Rauch. Beim JB gibt es dazu extra Auftaktveranstaltungen. Die Mentorin muss ihre Erwartung herunterschrauben, dass die Mentee alle ihre Ratschläge umsetzt. Für Katrin Bischl war es „wichtig mitzukriegen, dass die Mentorinnen sehr engagiert, aber auch manchmal unsicher sind“.

„Die Einführung ist das A und O“, bestätigt die Münchner Beraterin Nadja Tschirner, die beim JB die Starthilfe leistete. „Viele Teilnehmer machen sich vorher falsche Vorstellungen und merken nicht einmal, dass ihre Erwartungen gar nicht zueinander passen.“

Professionelle Begleitung

Optimalerweise sollte das ganze Mentoring professionell begleitet werden. Das ist freilich eine finanzielle Frage. Der JB hat sich den ersten Durchgang rund 7.000 Euro kosten lassen. Davon wurden Tagungsmaterial, Unterbringung der Teilnehmerinnen, aber auch die Expertinnen bezahlt – Nadja Tschirner und einige Referentinnen von den Bücherfrauen, die ebenfalls ein Mentoring-Progamm haben. Das Bundesfrauenministerium förderte das Projekt, doch nach dem zweiten Durchgang muss der JB das Mentoring voraussichtlich allein finanzieren.

Es hat sich gelohnt: „Ich habe das meiste geschafft.“ Doch es hat sich gelohnt. Katrin Bischl ist hochzufrieden. Sie bilanziert: „Ich habe das meiste geschafft.“ Sie hat ihre Auftraggeber aussortiert und sich journalistisch auf Bildungsthemen spezialisiert. Sie unterrichtet jetzt mehr und hat neue Projekte akquiriert. Nur die Website fehlt noch. Sie lobt ihre Mentorin: „Judith hat sich auch bei aktuellen Problemen meine seitenlangen Mails angetan.“ Die so Gelobte gibt das Kompliment zurück: „Katrin konnte klar sagen, wo der Schuh drückt, und man musste sie nicht zum Jagen tragen.“ Es sei eben ein positiver Druck, der im Mentoring entstehe, sagt Katrin Bischl: „Jemand, der eigentlich Besseres zu tun hat, nimmt sich Zeit für mich. Dafür tue ich dann auch gerne was.“


Mehr Info:
Journalistinnenbund
Internet: www.journalistinnenbund.de

imento Institut für Mentoring, Training und Organisationsentwicklung
Dr. Nadja Tschirner und Simone Schönfeld
Frauenlobstraße 28, 80337 München
Telefon 089 / 538 97 03 Fax 089 / 538 95 89
E-Mail: info@i-mento.de
Internet: www.i-mento.de

 

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