Amerika hat kein Interesse

Channel D ist pleite und German TV bleibt weit hinter den Erwartungen zurück

Nicht nur in Deutschland will Pay TV nicht so recht auf Touren kommen, auch im Ausland hat deutsches Bezahlfernsehen längst nicht den erhofften Erfolg: Channel D, das erste deutschsprachige Abo-Fernsehen für Nord- und Südamerika, ist pleite. Immerhin ist für die Abonnenten noch nicht alles verloren: Die Deutsche Welle hat angekündigt, die Kunden von Channel D zwei Monate lang kostenlos mit dem öffentlich-rechtlichen German TV zu versorgen.

Ohnehin hatte es unmittelbar nach Bekanntwerden der Insolvenzanmeldung großen Zuspruch für Karl-Otto Saur, den Geschäftsführer des Pay TV, gegeben, darunter auch diverse „ ehrenwerte Überlegungen“, Channel D zu retten. Daran aber dürfte nicht mehr zu denken sein, denn alle möglichen potenziellen Investoren haben bereits abgewunken. „Wir sind voll in die Kirch-Krise geraten“, klagt Saur, und ist gleichzeitig überzeugt: „Ohne die Folgen des 11. September 2001 und die Medienkrise hätte Channel D funktioniert.“

An Werbung sparen müssen?

Allerdings hatte das Programm, das neben Klassikern („Tatort“, „Liebling Kreuzberg“) kaum aktuelle Sendungen bietet, nur knapp tausend Abonnenten. Bei einem monatlichen Abo-Preis von 20 Dollar wäre jedoch das Zwanzigfache nötig, um die Gewinnschwelle zu erreichen. Dafür wiederum hätte es weitaus umfangreicher und entsprechend teurer Marketing-Maßnahmen bedurft. „Wir sind bei den Kosten etwas naiv gewesen“, räumt Saur ein, der das Projekt mit fünf weiteren mittelständischen Medienunternehmern im März vorigen Jahres in Angriff genommen hatte. Im Mai 2002 schien eine deutsche Fond-Agentur Retter in der Not zu werden, doch nachdem die Channel-D-Gesellschafter wochenlang, so Saur, „von Tag zu Tag vertröstet wurden“ und einfach kein Geld floss, sei die Insolvenz unabwendbar gewesen.

Die Tatsache, dass auch die Deutsche Welle mit German TV seit gut einem halben Jahr ein kostenpflichtiges Auslandsfernsehen veranstaltet, hat die Insolvenz jedoch nicht beschleunigt. „Der amerikanische Markt hätte beide Programme verkraftet“, ist sich Wolfgang Krüger, Geschäftsführer von German TV, sicher. Auf gut 5 Millionen schätzt er die Zahl jener amerikanischen Haushalte, in denen mindestens ein Familienmitglied deutsch spricht. Im Gegensatz zu Channel D, das vor allem auf Auswanderer zielte, die schon seit Jahrzehnten in Amerika leben, richtet sich German TV an Menschen, die ihre Heimat nur vorübergehend verlassen haben. Sie werden mit einem aktuellen Programm versorgt, das zu über 50 Prozent aus Informationssendungen wie der „Tagesschau“, den politischen Magazinen oder Talkshows besteht.

Obwohl die beiden Programme also in etwa so unterschiedlich sind wie Kabel 1 und das „Erste“ oder das ZDF, hält es Krüger durchaus für realistisch, den Channel-D-Abonnenten German TV als Ersatz anzubieten. Da Saur wie auch Krüger übereinstimmend von freundschaftlichen Beziehungen untereinander sprechen, dürfte eine Einigung nur Formsache sein. Schwieriger gestaltet sich die Bewältigung der technischen Herausforderungen. Beide Programme kommen zwar direkt vom Satelliten, doch nicht vom selben; den Kunden von Channel D müsste also womöglich ein neuer Receiver zur Verfügung gestellt werden. Da der Satelliten-Betreiber von Channel D jedoch aus verschiedenen Gründen nicht uninteressant ist, könnte es durchaus sein, dass German TV beide Plattformen parallel versorgt.

Krüger ist optimistisch, dass diese Details zu einer intelligenten Lösung geführt werden. Nicht minder zuversichtlich ist er in Bezug auf die Zukunft von German TV. Mit 1.900 Abonnenten ist auch das Projekt der Deutschen Welle noch steigerungsfähig. Krüger räumt ein, man habe den amerikanischen Mark zunächst falsch eingeschätzt: „Es war eine schmerzliche Erfahrung für die Kollegen von ARD und ZDF, dass sich die Leute nicht in Scharen gemeldet haben, um German TV zu abonnieren.“ Auch Krüger musste erst lernen, dass das Programm ohne flächendeckende Werbung keinen Erfolg haben wird. Es zielt vor allem auf Angehörige von deutschen Botschaften, Konsulaten und Wirtschaftsunternehmen; und die, so Krüger, „findet man eben nicht im Schuhplattlerverein“.

German TV lässt hoffen

Im Gegensatz zu Channel D ist die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen German TV garantiert. In zwei Jahren wird es allerdings eine Bestandsaufnahme geben; bis dahin hat das Programm, hofft Krüger, 20.000 bis 25.000 Abonnenten. Sollte das nicht der Fall sein, müsse man die Konsequenzen ziehen: „Ein öffentlich-rechtliches Siechtum mit Dauerfinanzierung kann und darf es nicht geben.“ Um kostendeckend zu arbeiten, benötigt German TV nach eigenen Berechnungen bei einem monatlichen Abo-Preis von 15 Dollar 70.000 Abonnenten. Ohne zusätzliche Verbreitung im amerikanischen Kabelfernsehen dürfte diese Zahl kaum zu erreichen sein; und in die straff an Profit orientierten amerikanischen Kabelnetze kommt man auch nicht leichter als hierzulande.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

ARD schützt ihre Inhalte vor KI

Die ARD hat ihren Umgang mit Anbietern von KI geändert. Seit Ende Mai dürfen Unternehmen wie etwa Open AI, Perplexity oder Google (Gemini) Inhalte aus den Online-Angeboten der ARD nicht mehr nutzen, um damit ihre KI-Systeme zu trainieren. Das bestätigte der Senderverbund auf Nachfrage. Die ARD hat nun in ihre Webseiten einen sogenannten maschinenlesbaren Nutzungsvorbehalt technisch eingebaut. Damit wird KI-Crawlern signalisiert, dass sie die Inhalte dieser Angebote nicht verwenden dürfen.
mehr »

Internet: Journalismus unter Druck

Angesichts der Vielzahl von Beiträgen zum 30-jährigen Jubiläum des Internets arbeitet der Journalist Jann-Luca Künßberg in einem Gastbeitrag für Netzpolitik.org heraus, wie umfangreich die Online-Welt Journalismus selbst verändert hat. Enorm schnell, so Künßberg, habe der Geschäftsgedanke die Vision eines digitalen Versammlungsorts beiseitegeschoben.
mehr »

Zeitschriftenverleger wittern Gefahr

Die deutschen Zeitschriftenverleger sehen die Demokratie durch die Zusammenballung von ökonomischer, medialer und zunehmend politischer Macht in der Hand weniger internationaler Technologieplattformen in Gefahr. Das erklärte Philipp Welte, Vorstandsvorsitzender des Medienverbands der Freien Presse (MVFP) zur Eröffnung des diesjährigen Medienforums in Berlin.
mehr »