Zentraleuropa-Gruppe beriet über Medienkrise und engere Zusammenarbeit der Journalisten
Was haben im Medienbereich die Slowakei, Österreich, die Schweiz und Deutschland gemeinsam? Zum Beispiel Verleger, die nicht immer, aber immer öfter die gleichen sind, etwa publizistische Konzerne wie Gruner + Jahr, Ringier oder PNN. Sie klagen derzeit über Werbeeinbrüche, sparen kräftig an Honoraren, Gehältern und Jobs – und gefährden damit publizistische Qualität.
Das könne „keine Lösung der Branchenprobleme sein“, konstatierte das inzwischen fünfte Treffen der Zentraleuropa-Gruppe (ZeuG), die 1999 im Rahmen der Internationalen und der Europäischen Journalistenföderation (IJF / EJF) entstand. Auf Einladung des Schweizer Verbandes der Journalisten (SVJ) berieten Anfang Oktober etwa ein Dutzend Journalisten aus sieben Ländern im Luzerner Medienausbildungszentrum (MAZ), das übrigens gemeinsam von Verlegern, Journalistenverbänden und der Lokalverwaltung getragen wird.
Dramatische Lage
Bereits die Berichte zu Beginn der Tagung aus den drei deutschsprachigen Ländern verdeutlichten: Die Lage ist dramatisch, aber nicht hoffnungslos. Nicht nur in Deutschland werden Hunderte Redakteure entlassen, auch in der Schweiz und Österreich grassiert der Arbeitsplatzabbau. Parallel werden Honorartöpfe arg geplündert und bisherige Mindeststandards unterlaufen, etwa der Kollektivvertrag (vergleichbar dem deutschen Manteltarif), berichtete der Kollege aus Wien. Und die eidgenössischen Kollegen von SVJ sowie sju in Comedia befürchten für nächstes Jahr die Aufkündigung der Gesamtarbeitsverträge. Dazu kommen hausgemachte Probleme wie etwa die Blockade von Gesetzesnovellen zu Presseförderung und Urheberrecht in Österreich, wo auch noch der auseinander gefallene Presserat wieder belebt werden muss. Oder in der Schweiz, wo nicht nur deutsche und französische Konzerne Fuß fassen wollen, sondern auch entlassene Kollegen aus Frankreich, Italien und Deutschland ihr berufliches Auskommen versuchen – ohne tarifliche Bindung.
Angespannt ist die Arbeitsmarktsituation ebenfalls in Tschechien, der Slowakei, Kroatien und Slowenien, wo sich die ohnehin schlechtere soziale Lage der Journalisten weiter verschärft. So verdoppelte sich in Slowenien die Zahl der Freien in den letzten Jahren, ohne dass es für sie Mindesthonorarsätze oder andere Regeln gibt. Ob dies bei der Novellierung des 11 Jahre alten Kollektivertrages gelingt, ist fraglich. In der Slowakei organisiert das Syndikat Rechtsbeistand für gefeuerte Journalisten und bietet Hilfe über seinen Sozialfonds. Im Gegensatz zu Österreich profiliert sich der im Frühjahr diesen Jahres in Bratislava gegründete Presserat als gesellschaftlich anerkanntes Selbstregulierungsgremium der Branche. Außer mit Werbekrise und den Flutfolgen haben die tschechischen Kollegen auch mit Verlegerdiktat zu kämpfen: So geht die deutsch-österreichische PNN, die in zwei Tochterfirmen über 50 Regionaltitel in Böhmen und Mähren herausgibt, massiv gegen Journalisten vor, die der Gewerkschaft angehören oder beitreten wollen. In Kroatien ringt der Journalistenverband mit der Regierung um ein neues Mediengesetz und war zu den Verhandlungen über den neuen Kollektivvertrag im Gegensatz zur Gewerkschaft gar nicht erst eingeladen.
Nächstes Treffen in Deutschland
Neben konkreten Absprachen zur gegenseitigen Unterstützung beauftragte die Zentraleuropa-Gruppe bei ihrer Luzerner Tagung die Schweizer Kollegen, die „Interessen der Medienschaffenden beim UN-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft zu verteidigen“. Zusammen mit IJF/EJF soll der SVJ dafür Sorge tragen, dass zum Beispiel bei der ersten Tagung in Genf im Frühjahr 2003 auch die Journalistenverbände in die Beratungen mit einbezogen werden. Das nächste ZeuG-Treffen wurde für Herbst 2003 in Deutschland vereinbart.