Hände weg von den Medien

Meldungen

Niederlage für DuMont

Niederlage für den Kölner Zeitungsverlag DuMont Schauberg („Kölner Stadt-Anzeiger“): Nach einem Urteil des Kölner Landgerichts darf er nicht mehr behaupten, Filmemacher Peter Kleinert habe Unterschriften für eine Solidaritätsanzeige zugunsten des beim „Kölner Stadt-Anzeigers“ entlassenen Redakteurs Hartmut Schergel erschlichen. Kleinert hatte diese Unterschriften bei Kölner Prominenten und Nicht-Prominenten gesammelt. Den Abdruck dieser Anzeige hatte die Zeitung abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens (Streitwert 12000 Mark) muß der Verlag tragen. Schergel arbeitet inzwischen wieder an seinem alten Arbeitsplatz (siehe M 3/97)

 

Castor-Transport:
Auch ZDF-Journalist von Beamten verprügelt

Anzeige nach Polizeiübergriff im Wendland

DANNENBERG: Umweltverbände, Bürgerinitiativen und die IG Medien haben den Übergriff von Polizeibeamten auf den Fernsehjournalisten Hans Koberstein unmittelbar vor dem letzten Castor-Transport nach Gorleben kritisiert und als Einschränkung der Pressefreiheit bezeichnet. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) sowie Koberstein selbst stellten gegen namentlich nicht bekannte Polizisten Strafantrag wegen „des Verdachts auf gezielte Körperverletzung“ bzw. schwerer Körperverletzung. Die BBU-Initiative wird auch von der IG Medien unterstützt. Der ZDF-Reporter war am 3. März, zwei Tage vor dem Straßentransport der sechs Castor-Behälter nach Gorleben, in einem Waldstück an der Bundesstraße 191 in der Nähe von Quickborn von Polizisten auf den Boden geworfen und mit Schlagstöcken verprügelt worden, obwohl er sich als Journalist zu erkennen gegeben hatte. Koberstein trug durch die Attacke Platzwunden, Prellungen und Hautabschürfungen davon. Ein in seiner Tasche befindliches Handy wurde durch die Stockhiebe zerstört. Noch eine Woche nach dem Vorfall habe er unter Konzentrationsproblemen gelitten, sagte Koberstein.

rmp

Atomstaat Schweiz schottet sich ab

BUND beklagt Ausschluß von Journalisten

AARGAU. Weil bei einer Pressekonferenz am 12. März im Schweizer Atomkraftwerk Beznau (nahe der deutschen Grenze) nur „handverlesene Journalisten“ zugelassen waren, war das Anlaß genug für den Regionalverband Hochrhein des Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) mit Sitz in Rheinfelden/Baden (an der Schweizer Grenze) für eine Protestresolution. Wenn die offizielle Schweizer Atomkommission in der Einladung schreibe, „zu dieser Pressekonferenz sind nur die eingeladenen Medien zugelassen“, dann verstoße das nicht nur gegen die „journalistische Ethik“, sondern sei auch ein Beweis für den „Atomstaat“. Die Atomwirtschaft habe es verstanden, „die richtigen Menschen in die richtigen Positionen zu bringen“. Als Beispiel nennt der BUND auch die Mitteilung des Strahlenschutzexperten Roland Masse, mit 1400 Becquerel Cäsium belastete Pilze seien nur „leicht“ verstrahlt und nicht gesundheitsgefährdend. Dies zeigte, „daß der Strahlenschützer die Strahlen schützt und nicht die Menschen“. Für den Kanton Aargau glaubt der BUND, „neue, geschickte Durchsetzungsstrategien der Schweizer Atomlobby, mit denen das Atomklo Hochrhein realisiert werden soll“ feststellen zu können. In der Tat gibt es in Grenznähe eine der höchsten Dichte von Atom-anlagen weltweit. Der Protest dagegen hat längst auch deutsche Gemeinden und den Landkreis Waldshut erfaßt, die amtlicherseits Widerspruch einlegen, jedoch von Bonn gedeckelt werden: Es gebe, so
Ministerin Merkel, deutsch-schweizerische Konsultationen, und hierbei habe Bonn keinerlei Gefährdung der Deutschen in Grenznähe ausloten können. Auch eine Beteiligung der Gemeinden vor Ort an dieser Kommission lehnte Merkel ab. Der Atomstaat sei „eine schleichende, realistische Gefahr und leider genausowenig sichtbar, fühlbar und riechbar wie die Radioaktivität“, schlußfolgert der BUND.

ard

„taz“ gewinnt Prozeß gegen Bremer Senator

BREMEN. Die „tageszeitung“ (taz) hat sich erneut um die Gleichbehandlung von Medien durch Amtsträger verdient gemacht: Die „taz“-Lokalredaktion Bremen hat jetzt ein Urteil gegen Innensenator Ralf Borttscheller (CDU) erwirkt, wonach einzelne Presseorgane – hier die „taz“ – nicht willkürlich von amtlichen Hintergrundgesprächen ausgeschlossen werden dürfen. Bereits 1984 hatte das Blatt in
Berlin ein ähnliches Urteil gegen den dortigen Polizeipräsidenten durchgesetzt.

Auslöser des jüngsten Rechtsstreits war ein Hintergrundgespräch, zu dem der Bremer Innensenator Ende 1995 alle tagesaktuellen Lokalredaktionen von Presse und Funk in seinen Amtssitz eingeladen hatte – mit Ausnahme der „taz-Bremen“. Als ein Redakteur des Blattes dennoch teilnehmen wollte, wurde er ausgesperrt. Dagegen klagte die Zeitung jetzt mit Erfolg vor dem Verwaltungsgericht.

Die 2. Kammer erklärte den „taz“-Ausschluß für rechtswidrig, weil die Auswahl der Gesprächsteilnehmer nicht nach sachgerechten Kriterien erfolgt sei. Die schriftliche Begründung steht noch aus.

Die Behörde wird wahrscheinlich Rechtsmittel einlegen. Ein Sprecher meinte auf Nachfrage, es sei bundesweit üblich, daß Politiker sich die Teilnehmer von Hintergrundgesprächen selber auswählen könnten. Im Prozeß hatte die Anwältin des Senators vor allem damit argumentiert, daß es sich um ein Privattreffen gehandelt habe. Das Gericht nahm ihr diese Version aber nicht ab. (Aktenzeichen: 2 A 28/96).

stg

 

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