Kinder Jugend Film Korrespondenz

Sie gibt sich wunderbar altmodisch: dick, schwarzweiß, ohne Fotos im Innern, dafür mit langen Texten und ausdrucksstarkem Titelbild. Seit 1980 erscheint die vom Kinderkino München e.V. herausgegebene „Kinder Jugend Film Korrespondenz“ (KJK) vierteljährlich genau so und will so bleiben.

Ganz im Stil einer Korrespondenz, ohne Spalten hintereinanderweg geschrieben und sachkundig Lust auf Filme machend. Immer noch ist sie die einzige Fachzeitung zum Thema und verweigert sich nicht nur aus Kostengründen dem Zeitgeist farbiger Bilder, schneller Schnitte, kurzer Frequenzen. „Wir wollen bewusst Akzente setzen, dem Kinder- und Jugendfilm in grundlegenden Artikeln, Besprechungen und Festivalberichten zu Bekanntheit und einer Lobby verhelfen“, erklärt Hans Strobel, mit seiner Frau Christel Gründer und bis heute verantwortlicher Redakteur der KJK. Darin wird die gesamte Bandbreite des internationalen Filmschaffens für Kinder und Jugendliche widergespiegelt. Ein bis zwei Sonderdrucke pro Jahr würdigen filmische Höhepunkte.
Geboren wurde das Projekt einer Filmkorrespondenz, die sich an Multiplikatoren in der Jugend- und Bildungsarbeit, an Eltern und Filmemacher wendet, Ende der 70er Jahre. Da entdeckte in der Bundesrepublik nach antiautoritärer Studenten- und Erziehungsbewegung die öffentliche Aufmerksamkeit wieder die Kinderkultur, zu vermittelnde Werte und den Kinderfilm. In den Medien aber fehlte die Berichterstattung, sowohl für die erste Kinderfilmwoche in Frankfurt 1975, dem späteren Festival „LUCAS“, als auch für das erste Kinderfilmfest der „Berlinale“ 1978.
Seitdem „wurde für das unterstützenswerte Medium Kinderfilm Aufmerksamkeit geschaffen, außerdem hat sich die Qualität der Filme selbst verbessert“, schätzt Strobel ein und weiß, dass die KJK mit inzwischen 108 Heften dazu beigetragen hat. „Kinder werden ernster genommen, für sie werden eigene Geschichten geschrieben und verfilmt.“
Schon von Anfang an richteten Strobels – er Medienpädagoge, sie Filmjournalistin – und ihr Team aus Freien den Blick auch ins damals sozialistische Ausland. Den poetischen, nicht kindertümelnden Streifen aus der DDR, der CSSR oder der UdSSR ordnet Strobel bis heute große Bedeutung für die Entwicklung filmischer Standards zu. Bis 1990 gab es eine eigene KJK-Rubrik „Der Kinderfilm in der DDR“.
Heute misst sich die Auswahl der vorzustellenden Filme daran, ob sie für Kinder sehenswert sind. Die Autorinnen und Autoren schreiben Geschichten um den Film, seine Idee und Verwirklichung, analysieren Trends und üben Kritik. Sie kennen sich im Filmgeschäft aus, suchen selbst ihre Stoffe oder bekommen sie von Produzenten angetragen. Filme, die noch keinen Verleih haben, Filmemacher, von denen man noch nichts gehört hat, werden vorgestellt, Empfehlungen vergeben.
Die Auflage der KJK ist mit 1.000 klein. 750 Abonnenten zählen zum Stamm, gelesen wird sie von etwa 4000 Multiplikatoren. Bei solch spezialisiertem Medienprodukt ist der Werbemarkt überschaubar, deshalb können nur wenig Anzeigen zur Finanzierung beitragen, aber: „Wir kommen relativ gut zurecht.“ Seit 1998 auch mit Hilfe der Stiftung Kuratorium junger deutscher Film. Deren gelbe Pressedienst-Seiten sind Bestandteil der KJK.
Strobel, jetzt 65, will noch eine Weile den Hut für die KJK aufbehalten. Später kann er sich vorstellen, ihn an die Stiftung „Goldener Spatz“, die Akademie für Kindermedien oder auch an das Nationale Kinder- und Jugendfilmzentrum weiterzugeben.

Infos: www.kjk-muenchen.de

Weitere aktuelle Beiträge

Die unendliche Krise des RBB

Der Schock sitzt nach wie vor tief. „2025 wird ein Schicksalsjahr für den RBB“, so die unfrohe Botschaft von Intendantin Ulrike Demmer Ende Januar auf einer Informationsveranstaltung vor der fassungslosen Belegschaft. Was folgte, war ein radikales Sanierungsprogramm für den Sender. Insgesamt 22 Millionen Euro will die Geschäftsleitung am Personal- und Honoraretat einsparen. Das entspricht 10,2 Prozent der bisherigen Aufwendungen und ziemlich genau 254 Vollzeitstellen.
mehr »

Gleichstellung im Journalismus

Lag vor 10 Jahren der Frauenanteil im Journalismus noch bei knapp über 40 Prozent, sind mittlerweile 44 Prozent der Journalist*innen weiblich. Das hat das Leibniz-Institut für Medienforschung ermittelt. In wenigen Jahren kann man möglicherweise von einem Gleichstand sprechen, was die Anzahl der Journalistinnen betrifft. Doch Frauen verdienen auch in den Medien noch immer weniger als Männer. Politischer und gewerkschaftlicher Druck sind noch immer notwendig.
mehr »

Danica Bensmail: „Widerstände spornen an“

Danica Bensmail hat am ersten März das Amt der dju-Bundesgeschäftsführung übernommen. Ein Gespräch mit „der Neuen“ über kaltes Wasser, die Bedeutung von Paarhufern für Diversity in den Medien und Treppengeländer. Danica Bensmail ist erst wenige Wochen im Amt – eine kleine Ewigkeit und ein Wimpernschlag zugleich. „Die ersten 48 Stunden waren ein wenig wie der sprichwörtliche Wurf ins kalte Wasser“, sagt Danica und lacht. Aber alles halb so wild, so eine Abkühlung belebe schließlich die Sinne.
mehr »

Mehr Vielfalt statt Einfalt im TV

Die vielfach ausgezeichnete Britcom „We Are Lady Parts“ über eine islamische Mädchen-Punkband in London ist eines der vielen Beispiele von „Diversity“-Formaten, die in der Coronazeit einen regelrechten Boom erlebten. Die neue zweite Staffel der Comedy war vor kurzem für den renommierten Diversify TV Awards nominiert. Deutsche Anwärter waren diesmal nicht vertreten.
mehr »