Am Mikrofon eines vielgehörten Radiosenders in Durban, Südafrika, sitzt ein Moderator mit einer besonderen Qualifikation. Er ist als Mediator ausgebildet und spricht über den „Taxikrieg“, der in den letzten Wochen zahlreiche Todesopfer gefordert hat. Vielleicht hat er Glück, und Streithähne rufen an. Dazu fordert er auf, während er die Situation schildert. Und tatsächlich. Ein Fahrer meldet sich und beschwert sich bitter über die Konkurrenz. Kurz darauf ist auch der Fahrer einer anderen Firma dran und schildert seine Sicht der Dinge. Der Moderator sucht nach Gemeinsamkeiten und versucht stereotype Wahrnehmungen aufzubrechen. Seine Moderation ist nicht auf das Problem und die dadurch ausgelöste Gewalt fixiert, sondern auf Lösungswege. Das Beispiel könnte Schule machen, wenn solche lokalen Aktivitäten zum Thema „Medien und Frieden“ weltweit vernetzt würden. Zu diesem Zweck, unter anderem, wird jetzt die Friedensuniversität der Vereinten Nationen (FU/VN) um ein neues Institut erweitert: Das Media and Peace Institut (MPI).
50 Medienexperten von allen Kontinenten trafen sich am 20. und 21. April 2001 in Paris, um über Forschung und Lehre des MPI zu beraten. Martin Lees, Rektor der FU/NV mit Hauptsitz in Costa Rica, verwies auf die verstärkten Anstrengungen der Vereinten Nationen in Fragen der Konfliktprävention, Konfliktnachsorge und allgemeinen Sicherheitsfragen. Dies spiegele sich auch in einer Neustrukturierung der FU/NV wieder. Das abstrakte Thema Frieden müsse dabei auf die Bearbeitung konkreter Probleme bezogen werden. Ein Beispiel dafür soll das MPI werden.
Keith Spicer, Gründungsdirektor des MPI, möchte einen Beitrag zur Vernetzung der Aktivitäten leisten, die es an vielen Orten zum Thema Medien und Frieden gibt. Demgemäß geschieht viel Arbeit über den Austausch im Internet und durch die Bereitstellung von Informationen auf der bereits existierenden Webseite des MPI (www.mediapeace.org/). So wie wir eine hoch kompetente Wirtschaftsberichterstattung haben, brauchen wir auch einen Konfliktjournalismus, der auf dem wissenschaftlichen Stand der Zeit ist. Diese These vertraten Annabel McGoldrick und Jake Lynch, beide erfahrene Journalisten und Trainer. Ausgewogene Berichterstattung über Konflikte heißt nicht nur, alle Parteien zu berücksichtigen. Es bedeutet auch, den Konflikt und seine Entstehung analysieren zu können und über Lösungswege zu berichten. So haben sie z.B. mit indonesischen Journalisten Reisen in eine lokale Konfliktregion unternommen und bei den Konfliktparteien recherchiert. Eine Story über Christen die ihren muslimischen Nachbarn beim Wiederaufbau der Moschee helfen war der Lohn dafür.
Ruth Teer-Tomaselli, Professorin an der Universität Natal, Durban, wies auf einen anderen Aspekt der Bedeutung des Journalistentrainings hin. So wie es in Afrika in Ermangelung richtiger Ärzte Paramediziner gibt, mache sich auch ein Parajournalismus breit, der in Unkenntnis journalistischer Arbeitsweisen und Standards konfliktverschärfend wirken kann.
Andrew Puddephatt, Direktor von „Artikel 19“ wies darauf hin, dass guter Journalismus friedensfördernd wirkt. Z.B. wenn Journalisten über den Zusammenhang zwischen Diamantenhandel und Bürgerkriegen recherchieren und berichten. MPI könne erforschen, wie Journalisten bei solchen Recherchen besser geschützt werden können.
Über den Standort des MPI ist noch nicht entschieden. Die praktische Arbeit wird zunächst über das Internet stattfinden. Auf Dauer werden 3-5 Personen die Arbeit der verschiedenen Arbeitsbereich aufeinander abstimmen. Im Gespräch für den Sitz eines solchen Koordinationsbüro sind London, Paris und Bonn. Die Entscheidung darüber wird der Rat der FU/VN treffen. Zunächst muß aber im nächsten halben Jahr die Frage der Finanzierung geklärt werden. Mittel der VN stehen nicht zur Verfügung. Die Gelder sollen direkt bei Regierungen oder Stiftungen eingeworben werden. Der erste Kurs des MPI ist für das Frühjahr 2002 geplant. Die akademische Lehre mit dem Master-Abschluß wird voraussichtlich im Herbst 2002 beginnen.
Die Friedensuniversität wurde von der Generalversammlung der VN gegründet. Um die akademische Freiheit zu wahren, wurde sie aber gleich wieder in die Unabhängigkeit entlassen und wird jetzt von einem 15-köpfigen Rat geleitet. Die Ratsmitglieder werden vom Generalsekretär der VN berufen. Die Unabhängigkeit hat aber ihren Preis.
Die FU bekommt kein Geld aus dem Haushalt der VN. Finanziert wird sie von einzelnen Staaten (Kanada, Costa Rica) und aus Stiftungen.