Kriegsberichtserstatter diskutierten auf Kuba über Herausforderungen für die Medien in den Kriegen des 21. Jahrhunderts
Die Aufgaben eines Kriegsberichterstatters beschränkt sich keineswegs auf die unmittelbare Arbeit im Krisengebiet, erklärte Gabriel Molina gleich zu Beginn des „3. Welttreffens der Kriegsberichterstatter“ in Havanna. Zwei Tage lang trafen sich in der kubanischen Hauptstadt Ende vergangenen Jahres gut 160 Journalisten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Medienforscher aus zwölf Staaten, um die Herausforderungen für die Medien in laufenden und kommenden Kriegen zu diskutieren.
An Pathos fehlte es dabei nicht. Die Menschheit, so Molina, der dem Arbeitskreis der Kriegsberichterstatter im kubanischen Journalistenverband UPEC vorsteht, habe aus den Konflikten des 20. Jahrhunderts nichts gelernt. Keine gute Perspektive also für die bevorstehende Arbeit, und so bestimmte ein latenter Fatalismus das Grundklima des Kongresses. Nicht zu Unrecht jedoch, wie Yousuf Al-Shouly vom arabischen Sender Al-Jazeerah erklärte: „In Afghanistan hat sich ein Trend fortgesetzt, in dem Berichterstatter zunehmend zum Ziel militärischer Aktionen werden“. So sei sein Kameramann nach dem Rückzug der Taliban-Milizen von US-Soldaten festgenommen worden. „Einen Mann zu inhaftieren, weil er eine Kamera bei sich trägt, ist ein schier unglaublicher Verstoß gegen geltendes internationales Recht“, befand Al-Shouly und traf dabei auf die Zustimmung der Anwesenden.
Der Kubaner Molina verwies auf den Kontext. Der „mediale Feldzug“ beginne zunehmend im Vorfeld der militärischen Aktion. „Im Fall von Jugoslawien, Afghanistan und dem Irak fällt der rasche Wechsel von Abstinenz von Informationen hin zu einer massiven Informationsflut auf, deren Quellen oft aber nicht hinterfragt werden.“ Beides spiele militärischen Interessen zu. Im Interesse einer freien Presse müsse es daher liegen, den Informationsfluss über die betroffenen Regionen auch außerhalb der Konjunktur aufrechtzuerhalten und die Meldungen aus laufenden Konflikten stärker zu hinterfragen. Dass die Ausgrenzung der Medien spätestens seit dem Golfkrieg Anfang der neunziger Jahre Teil moderner Kriege ist, auch das wurde in Havanna einmal mehr thematisiert. „In Afghanistan haben keine Soldaten gegeneinander gekämpft“, berichtete Al-Shouly, der Krieg sei bekanntermaßen mit massiven Bombardements geführt worden. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte von dieser Methode im Washingtoner Politmagazin „Foreign Affairs“ tatsächlich als „Kriegsführung des 21. Jahrhunderts“ geschwärmt, weil „nur noch eine handvoll spezialisierter Einheiten auf dem Boden die Ziele für die Piloten markieren müssen“. Dass diese Technologisierung den Krieg für den Beobachter abstrakt und nicht nachvollziehbar macht, wurde von den Kollegen in Havanna als eine der größten Gefahren erachtet. „Ich habe in Afghanistan deswegen vor allem versucht, ein Spiegel zu sein, die Szenen rauszuschicken, die sich vor meinen Augen abspielten „, sagte Al-Shouly.
Fehlendes Bewusstsein
Zu dem inzwischen dritten Kongress hat der kubanische Journalistenverband bewusst auch politische Analysten und Vertreter von Hilfsorganisationen eingeladen, darunter Vertreter des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes und -Halbmondes . „Wir wollten bei diesem Treffen auch die Probleme des Humanitären Völkerrechtes thematisieren“, sagte Tubal Páez, Präsident des kubanischen Journalistenverbandes. Dass auch auf diesem Gebiet ein Rückschritt stattfindet, beklagte Thierry Meyrat, Delegierter vom Roten Kreuz. „Beunruhigend“ seien vermehrte Angriffe auf rechtlich geschützte Gruppen, zu denen neben Journalisten unter anderem auch medizinisches Personal, Gefangene und Kinder gehören. Diese Auflösung internationalen Rechtes brachte Meyrat mit dem Machtverslust der dahinter stehenden Institutionen in Verbindung. „Wenn die Vereinten Nationen im internationalen Gefüge weiter zurückgedrängt werden, wird sich künftig niemand mehr an unter ihnen ausgehandelte Abkommen halten“, befürchtete er. Diese Überlegung habe dem Kongress von Beginn an zu Grunde gelegen, sagte Molina gegenüber „Menschen Machen Medien“. So offensichtlich wie die Zunahme von Konflikten sei die immer größere Gefährdung von Journalisten. „Wir dachten daher an ein Treffen, bei dem Betroffene und Analysten zusammen über die Schwierigkeiten diskutieren.“ Ob es Lösungen gäbe? „Das Problem ist das fehlende Bewusstsein“, sagt der Kubaner. Kollegen würden zunehmend in Krisengebiete geschickt, um mit spektakulären Berichten und Bildern zurückzukommen, oft für drei, vier verschiedene Medienarten. „Rentabilität für den Medienkonzern aber geht nicht nur zu Lasten der Sicherheit des Journalisten, sondern auch der Qualität der Arbeit.“ Ein Lösungsansatz zumindest sei die Vernetzung der Kollegen auf internationaler Ebene, um den Austausch zu gewährleisten. Und warum auf Kuba? „Weil es so ein Treffen sonst nirgends gibt“, sagt Molina.