Presseversorgung 2001

Absenkung der Gewinnbeteiligung um einen Prozentpunkt

Das Presseversorgungswerk kann im kommenden Jahr die relativ hohen Gewinnbeteiligungen der Vergangenheit nicht mehr halten. Wegen der derzeit schlechten Erträge festverzinslicher Papiere und niedrigen Kursen an den Aktienbörsen muss die Gewinnbeteiligung von zuletzt 6,7 auf 5,7 Prozent abgesenkt werden.

Eine Entwicklung, die nahezu alle Versicherer trifft. Einige Unternehmen müssen die Rendite wohl sogar auf 5,0 Prozent absenken, andere können noch eine Weile dank der Auflösung stiller Reserven die Rendite bei über 6 Prozent belassen. Solche Reserven stehen der Presseversorgung allerdings nicht zur Verfügung, weil sie in der Vergangenheit die Gewinne an die Versicherten ausgeschüttet und nicht in der Bilanz versteckt hat. Das war auch einer der Gründe dafür, dass die Presseversorgung in den letzten rund 30 Jahren immer eine Spitzenposition unter den deutschen Lebensversicherern eingenommen hat.

Drastische Auswirkungen auf die Ertragssituation hatten letztlich auch die Kursstürze an den Aktienmärkten nach dem 11. September 2001. Der Aktienbestand des Presseversorgungswerks – zu diesem Zeitpunkt etwa 8 Prozent des Anlagevermögens von insgesamt über sechs Milliarden Mark – verlor quasi über Nacht mehrere 10 Millionen Mark an Wert. Damit verschlechterten sich nochmals die Möglichkeiten, als Ausgleich für sichere, aber nur bescheiden verzinste Wertpapiere Aktiengewinne zu realisieren.

Die ver.di/IG-Medien-Vertreter im Presseversorgungswerk hatten mit Blick auf fallende Kapitalmarktzinsen schon seit Jahren darauf hingewiesen, dass eine moderate Absenkung unausweichlich ist, konnten sich in dieser Frage aber nicht gegen die übrigen Beteiligten (DJV und Verlegerverbände) durchsetzen. Nun kommt es also durch die Absenkung um einen vollen Prozentpunkt um so drastischer.

Es ist leider nicht allgemein darstellbar, welche Auswirkungen die Absenkung auf die einzelnen Verträge haben wird. Das hängt von den jeweiligen Versicherungssummen und Laufzeiten ab. Das Presseversorgungswerk ist vom Verwaltungsrat beauftragt worden, im kommenden Jahr alle Versicherten umfassend über die Veränderungen zu informieren. Grundsätzlich lässt sich nur sagen, dass sich die Reduzierung der Gewinnbeteiligung bei Verträgen mit kurzer Restlaufzeit relativ wenig, bei Verträgen mit langer Restlaufzeit hingegen relativ stark auswirkt.

Grund zur Panik besteht im Übrigen nicht. Niemand verliert etwa eingezahltes Geld. Die Guthaben werden allerdings nicht mehr wie vor Jahren üblich mit über 7,0 Prozent und zuletzt 6,7 Prozent verzinst, sondern demnächst mit 5,7 Prozent. Nach allen Erfahrungen der Vergangenheit kann im Übrigen aber davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung sich auch wieder ins Positive umkehrt.

Strukturelles Problem

Ungelöst bleibt freilich weiterhin ein grundsätzliches, strukturelles Problem der Presseversorgung. Durch die weitgehende Beschränkung auf Versicherte aus dem Kreis der Journalistinnen und Journalisten ist das Presseversorgungswerk bei seinen Expansionsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Verlagsangestellte können z.B. ebenso wenig Versicherungen abschließen wie etwa Beschäftigte aus dem nichtjournalistischen Bereich von Rundfunkunternehmen. ver.di/IG Medien hat seit Jahren Vorstöße unternommen, um diese anachronistische Standespolitik zu beenden. Leider hat bisher eine Koalition von DJV und Verlegerverbänden jede Initiative in diese Richtung zum Scheitern gebracht. Dadurch sind der Presseversorgung in den letzten Jahren eine ganze Reihe potenzieller Großkunden wie z.B. der Fernsehsender ARTE und einige Privatfunkunternehmen abgesprungen, weil nur ein Teil der Belegschaft versichert worden wäre. Diese Unternehmen mussten sich andere Versicherer suchen, die eine solche Unterscheidung nicht machen. Zum Schaden der Presseversorgung, die mit einem höheren Kapitalstock natürlich noch besser wirtschaften könnte.


  • Manfred Moos (für ver.di Mitglied im Verwaltungsrat des Presseversorgungswerks)
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