Kinobeschäftigte von CinemaxX und CineStar demonstrierten in Berlin
Trommeln und Trillerpfeifen ertönten am letzten Augustsonnabend vor dem CinemaxX am Potsdamer Platz in Berlin. Aus 15 Städten der Bundesrepublik waren Beschäftigte der Filmtheater CinemaxX und CineStar gekommen, um auf ihre miese Bezahlung aufmerksam zu machen. Im seit Monaten andauernden Tarifkampf gibt es unzählige Streik- und Protestaktionen. Immer mehr Kinos beteiligten sich. Ein Ende soll es nur mit vernünftigen Tarifabschlüssen geben.
Die Stimmung war toll. Fröhliche, in der Mehrzahl junge, Leute bewegten sich im Rhythmus der Sambatrommler der Gruppe „Bloco Explosao“, pfiffen im Takt. Sehr bestimmt und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, richteten Demoteilnehmer ihre Worte an die Geschäftsleitungen der großen Kinoketten. „Bellen können Sie, die Arbeitgeber, aber beißen müsst ihr“, ruft Christian vom Mainzer CineStar seinen Kollegen zu. Die Angebote der Geschäftsleitung, ein wenig mehr zu zahlen, aber ohne Tarifvertrag, habe man dankend abgelehnt. Der Wille, zu kämpfen, sei ungebrochen. „Wir haben uns festgebissen und lassen nicht eher los, bis wir einen Vertrag haben.“ Ein Kollege vom CinemaxX aus Bremen, seit 14 Jahren im ver.di-Bundestarifausschuss Kino, erinnert daran, dass es für den letzten Tarifvertrag vier Jahre gebraucht hat. Das dürfe nicht wieder passieren – eine so lange Zeit – „bis unsere Arbeitsbedingungen an das angepasst werden, was in Deutschland vielerorts üblich ist“. Ein pfeifenlautstarker Gruß ging nach Bremen als er berichtete: „Dort stehen jetzt vier Kollegen vor dem CinemaxX in Streikwesten.“
Noch nicht lange dabei sind die Gütersloher und schon erfolgreich. „An drei Streiktagen im August mussten 22 Vorstellungen in den acht Sälen des CineStar ausfallen“, sagte Aaron Bartsch. „Das war möglich, weil die Projektion mit draußen war.“ Dort, wo Leiharbeiter Filme vorführten, habe es später Kundenbeschwerden gegeben. Das Westfalen-Blatt berichtete. Auch in Halle war an einem Freitag die Spätvorstellung ausgefallen. Alle Karten mussten ausbezahlt werden, so eine Kollegin von der Saale. Streikerfahren ist inzwischen das CineStar Metropolis in Frankfurt am Main. Für die eingesetzten Leiharbeiter, die als Streikbrecher fungierten würde CineStar 16 bis 17 Euro an die Zeitarbeitsfirma zahlen – ein Vielfaches mehr als an die Mitarbeiter, sagte Omut Omurtak. Dennoch weigerte sich Metropolis einen Tarifvertrag abzuschließen, der sie mit einem Euro Erhöhung, für die Beschäftigten weniger kosten würde. Seit April sind die Wuppertaler im Streik. „Wir wollen den Arbeitgeber an den Verhandlungstisch zurückhaben, mit einem vernünftigen Angebot ohne Stückwerk. Und dann sollte zügig verhandelt werden“, sagte Daniel Kniese, Projektionsteamleiter in Wupperthal und Gesamtbetriebsratsvorsitzender von CinemaxX.
Inakzeptabel
Die Tarifverhandlungen mit den beiden Kinoketten sind festgefahren. Nach der sechsten Runde mit dem zweitgrößten deutschen Multiplex-Kinobetreiber CinemaxX wurden sie Ende Juli abgebrochen. Das Angebot: Erhöhung der Stundenentgelte 2012 um 0,25 Euro und in den Jahren 2013 bis 2015 jeweils um 1,75 Prozent. Vorführer sollen ganz leer ausgehen. „Das ist völlig inakzeptabel. Nach außen präsentiert man sich als hochprofitables Unternehmen, aber nach innen verwehrt man den Beschäftigten einen fairen Lohn“, moniert Verhandlungsführer Frank Schreckenberg. Bei CineStar gibt es keinen Tarifvertrag. Hier werden den Betriebsräten Entgeltsteigerungen auf betrieblicher Ebene angeboten, die z.T. in der Summe weit unter den ver.di-Forderungen von mindestens 8,50 Euro pro Stunde liegen.
„Wir sind stark und können noch was drauf legen!“, so ver.di-Vizevorsitzender Frank Werneke mit Blick auf Hunderte Streiktage in den CineStar-Häusern. Löhne unter 7 Euro seien durch nichts zu rechtfertigen, schon gar nicht durch die wirtschaftliche Lage des größten Multiplex-Kinobetreibers Deutschlands, der auch international agiert. Als „Pyrrhussieg“ bezeichnete Werneke, Vereinbarungen mit den Betriebsräten, ohne tarifliche Grundlage: „Deshalb dranbleiben im Tarifkampf und nicht kurz vor dem Erfolg aufgeben!“ Mit Blick auf den anstehenden Verkauf der CinemaxX AG für 174 Millionen Euro an den britischen Kinobetreiber Vue Entertainment, der nicht gerade als gewerkschaftsfreundlich bekannt ist, betonte Werneke: „Wir werden die Braut nicht schön machen, indem wir Abstriche am Tarifvertrag hinnehmen.“ Menschen verdienten Respekt, der sich darin zeige, dass sie von dem, was sie verdienen, leben können, sagte Schauspieler Hans-Werner Meyer. „Ohne Schauspieler, ohne Filmvorführer, ohne Menschen, die im Filmtheater arbeiten, gäbe es das Gemeinschaftserlebnis Kino nicht“, so Meyer, der solidarische Grüße vom Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler überbrachte: „Eure Arbeit ist es wert. Deshalb haltet durch.“