ARD und ZDF im Visier der EU

Seit langem schon schwelt der Streit zwischen der Europäischen Kommission und den öffentlich-rechtlichen Anstalten in Deutschland. Die EU überprüft, ob der Umgang der Sender mit den Rundfunkgebühren gegen das europäische Wettbewerbsrecht verstößt.

Der Hauptkonflikt kreist um die Frage, ob die Online-Aktivitäten von ARD und ZDF vom Programmauftrag gedeckt sind. Nach bisheriger inoffizieller Einschätzung der EU entsprechen sie nicht den geltenden Normen. Diese Aktivitäten, von WDR-Intendant Fritz Pleitgen noch vor einigen Jahren als „drittes Standbein“ der Öffentlich-Rechtlichen charakterisiert, sind auch den privaten Konkurrenten von ARD und ZDF ein Dorn im Auge. Diese fühlen sich benachteiligt, weil – so die Unterstellung – „ausufernde Online- und E-Commerce-Aktivitäten“ der Öffentlich-Rechtlichen widerrechtlich aus den Rundfunkgebühren finanziert würden. Aus diesem Grund hat der Privatfunk-Verband VPRT in Brüssel Beschwerde eingelegt, über die derzeit verhandelt wird.

ARD und ZDF verweisen auf den Rundfunkstaatsvertrag, der den Sendern programmbegleitende Mediendienste und Online-Aktivitäten erlaubt. Über das, was als programmbegleitend interpretiert werden kann, gehen die Meinungen allerdings auseinander. ARD und ZDF sind bemüht, mit der Definition klarer Verhaltensregeln den medienpolitischen Forderungen der EU teilweise entgegen zu kommen. Unlängst schlugen WDR-Intendant Pleitgen und ZDF-Intendant Markus Schächter die Entwicklung eines Verhaltenskodex vor. Dieser solle „marktkonformes Verhalten bei unseren gewerblichen Tätigkeiten nach außen dokumentieren und nach innen sicherstellen“. Ob die EU sich mit diesem Zugeständnis zufrieden gibt, erscheint eher zweifelhaft. Dem Vernehmen nach wollte die EU-Kommission bereits Ende 2004 ihren Bericht vorlegen. Nach den bislang durchgesickerten Informationen wird ARD und ZDF darin mit der Einleitung eines formellen Prüfverfahrens gedroht. Gespannt darf man darauf sein, ob die EU – wie vermutet – die bundesdeutschen Rundfunkgebühren als unerlaubte staatliche Beihilfen für die öffentlich-rechtlichen Anstalten einstufen. Der soeben abgeschlossene Gebührenpoker der bundesdeutschen Ministerpräsidenten dürfte dieser Sichtweise neue Argumente geliefert haben. Bei einem entsprechenden EU-Verdikt wären die Folgen für das deutsche Rundfunksystem unabsehbar.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Junger Journalismus: Lernen, vernetzen und schützen

Angriffe auf Journalist*innen nehmen zu, online wie auf der Straße. Umso wichtiger, Pressefreiheit nicht nur als Prinzip zu verstehen, sondern sie im Alltag zu verteidigen. Mit diesem Anspruch lud die Jugendpresse Deutschland Anfang November rund 80 junge Medieninteressierte nach Dresden ein. Bei der „YouMeCon kompakt“ ging es um journalistisches Handwerk, Verantwortung und darum, wie man Menschen schützt, die berichten.
mehr »

Lokaljournalismus verliert Quellen

Viele Städte und Gemeinden betreiben inzwischen ihre eigenen Social Media Kanäle und ihre eigene Informationsstrategie. Auch Akteure wie Polizei und Feuerwehr setzen immer mehr auf direkte Kommunikation – was Vorteile hat. Gleichzeitig, so der Verband der Deutschen Zeitungsverleger (VDL), erschwert diese Entwicklung die Arbeit von Lokalkjournalist*innen. Eine Sendung des Deutschlandfunks hat nachgefragt.
mehr »

Grokipedia: Musks Angriff auf die Wahrheit

Einen Monat nach dem Start von Elon Musks Grokipedia wird deutlich: Mithilfe von „Künstlicher Intelligenz" lässt sich im großen Stil „Informationskrieg" führen. Das alternative Online-Lexikon des rechten Milliardärs zielt erklärtermaßen darauf ab, den Stellenwert von Wikipedia zu unterminieren. Dabei geht es heutzutage unter anderem darum, in die Trainingsdaten großer Sprachmodelle (LLMs) einzufließen.
mehr »